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von Anonymer Benutzer

RzF - 5 - zu § 41 Abs. 5 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Münster, Urteil vom 18.07.1983 - 9 G 38/76 = RdL 1984, S. 97= AgrarR 1984, S. 323

Aktenzeichen 9 G 38/76 Entscheidung Urteil Datum 18.07.1983
Gericht Flurbereinigungsgericht Münster Veröffentlichungen RdL 1984, S. 97 = AgrarR 1984, S. 323  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Ist ein Gewässerausbauvorhaben als Maßnahme der Flurbereinigung ohne die nach § 41 FlurbG gebotene Planfeststellung durchgeführt worden, stehen dem durch das Vorhaben beeinträchtigten Flurbereinigungsteilnehmer nur materiellrechtliche Ansprüche nach dem FlurbG zu.
2. Der Anspruch auf Behebung von Nachteilen gemäß § 88 Nr. 5 FlurbG ist nicht Bestandteil des Anspruchs auf wertgleiche Abfindung nach § 44 FlurbG.
3. Die Entscheidung der Flurbereinigungsbehörde nach § 88 Nr. 5 FlurbG, aus Ermessensgründen von einer Nachteilsbehebung abzus., ist eine Planungsentscheidung, die vom Flurbereinigungsgericht gemäß § 146 Nr. 2 FlurbG nachgeprüft werden kann.

Aus den Gründen

Während sich nach § 41 Abs. 3 Satz 3 FlurbG a. F. die Feststellung des Wege- und Gewässerplans nicht auf Gewässerausbauvorhaben bezog und es daher zu einem Gewässerausbau als Maßnahme der Flurbereinigung gesondert der wasserrechtlichen Planfeststellung oder der wasserrechtlichen Ausbaugenehmigung bedurfte, wird jetzt die Zulässigkeit eines solchen Gewässerausbaus nach § 41 FlurbG abschließend geregelt. Das geschieht durch die flurbereinigungsrechtliche Planfeststellung, der jetzt volle Konzentrationswirkung zukommt und die daher eine anderweitige Planfeststellung erübrigt (§ 41 Abs. 5 FlurbG n. F.), oder durch die flurbereinigungsrechtliche Ausbaugenehmigung. Gesonderte Entscheidungen nach dem Wasserrecht sind deshalb nunmehr entbehrlich. Ob die Neufassung des dem Verwaltungsverfahrensrecht zuzuordnenden § 41 FlurbG für die restliche Abwicklung des Flurbereinigungsverfahrens, in dem der neue Rechtszustand am 01.05.1970 eingetreten ist, noch Geltung hat, kann zweifelhaft sein. Auch wenn man dies bejaht, kommt eine Heilung des etwaigen Verwaltungsverfahrensfehlers nicht in Betracht. Der Mangel, der darin bestünde, daß es für den Gewässerausbau bisher an einer wasserrechtlichen Planfeststellung gefehlt hat, würde sich nunmehr darin fortsetzen, daß es jetzt an einer flurbereinigungsrechtlichen Planfeststellung fehlte.

Der etwaige Verwaltungsverfahrensfehler rechtfertigt aber aus anderen Gründen nicht das Aufhebungs- und Änderungsbegehren des Klägers. Dabei kann offenbleiben, ob § 41 FlurbG n. F. für die restliche Abwicklung des vorliegenden Flurbereinigungsverfahrens noch Geltung hat.

Das Ergebnis ist nicht anders, wenn § 41 FlurbG n. F. für die restliche Abwicklung des Flurbereinigungsverfahrens Geltung hat. Der Kläger hätte hinsichtlich des Gewässerausbaus keinen Anspruch auf Durchführung einer ergänzenden Planfeststellung nach § 41 FlurbG n. F., welche wegen der Konzentrationswirkung eine abschließende Beurteilung des Vorhabens auch in wasserwirtschaftlicher Hinsicht beinhaltete und deshalb eine gesonderte wasserrechtliche Planfeststellung entbehrlich machte. Diese Vorschrift hat keine drittschützende Wirkung ebensowenig wie § 31 Abs. 1 WHG (vgl. zu dieser Vorschrift BVerwG, Urteil vom 29.05.1981, a.a.O.) oder auch § 17 Abs. 1 FStrG betreffend die straßenrechtliche Planfeststellung (vgl. zu dieser Vorschrift BVerwG, Urteil vom 22.02.1980, NJW 1981, 239 ff.). Das gilt für die Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens um so mehr, als sie nach den Regelungen des § 41 FlurbG n. F. nicht Adressaten der Planfeststellung sind, auch wenn sie von dem Planvorhaben berührt werden. Unterbleibt eine nach § 41 FlurbG n. F. gebotene Planfeststellung eines Gewässerausbauvorhabens, kann der Flurbereinigungsteilnehmer nur materielle Ansprüche verfolgen, und zwar auch hier nur solche nach dem FlurbG.

Der Anspruch auf Behebung von Nachteilen gemäß § 88 Nr. 5 Satz 1 1. Halbsatz FlurbG a. F. ist nicht Bestandteil des Anspruchs auf wertgleiche Abfindung nach § 44 FlurbG, auch wenn er nicht auf Geldausgleich gerichtet ist, wie der Wortlaut der Vorschrift ergibt. Beide Ansprüche schließen vielmehr einander aus (vgl. auch BayVGH, Urteil vom 19.07.1979, RdL 1982, 38). Der aus der Verteilungsmasse und zu Lasten der Teilnehmergemeinschaft zu erfüllende Anspruch auf wertgleiche Abfindung richtet sich materiell nach § 44 FlurbG. Der zu Lasten des Unternehmensträgers zu erfüllende Anspruch aus § 88 Nr. 5 Satz 1 FlurbG a. F. auf Behebung von Nachteilen richtet sich materiell nach dem für das Unternehmen geltenden Gesetz. Das ist jetzt ausdrücklich für den inhaltsgleichen Anspruch nach § 88 Nr. 5 FlurbG n. F. geregelt in § 88 Nr. 6 Satz 1 FlurbG n. F., galt sachlich aber auch schon für den Anspruch nach der alten Fassung des FlurbG (vgl. Seehusen/Schwede, FlurbG, 2. Aufl., § 88, RdNr. 6). Demgemäß betrifft ein Nachteil dann nicht den Anspruch auf wertgleiche Abfindung, wenn er zwar unter den Wortlaut des § 44 Abs.2 2. Halbsatz FlurbG fällt, wonach für die Wertgleichheit der Landabfindung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die auf den Ertrag, die Benutzung sowie die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluß haben, es sich aber um einen Nachteil im Sinne des für das Unternehmen geltenden Gesetzes handelt, der durch das Unternehmen entstanden ist. Um solche Nachteile geht es bei dem Begehren des Klägers auf Beseitigung der Gefahr der Überschwemmung und der von ihm vorgetragenen Verschlechterung des Wasserabzugs.

§ 88 Nr. 5 Satz 1 1. Halbsatz FlurbG a. F. i. V. m. § 17 Abs. 4 FStrG 1961 gilt auch dann für die Behebung von Nachteilen, wenn diese durch notwendige Folgemaßnahmen des Straßenbauvorhabens entstehen, deren Planung nicht von der Planfeststellungsbehörde des Straßenrechts, sondern von der Flurbereinigungsbehörde durchgeführt wird. Diese Besonderheit besteht bei einem Unternehmensflurbereinigungsverfahren. Da sich die Landinanspruchnahme weiträumig auf das gesamte Flurbereinigungsgebiet verteilt, kann die Planfeststellungsbehörde des Straßenrechts bei Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses die notwendigen Folgemaßnahmen, auf die sich die straßenrechtliche Planfeststellung sonst mitzubeziehen hätte, nicht planen. An die Stelle der straßenrechtlichen Planung der notwendigen Folgemaßnahmen tritt dann die flurbereinigungsbehördliche Folgemaßnahmenplanung, die darüber hinaus auch die Vermeidung von unternehmensbedingten Nachteilen für die allgemeine Landeskultur (§ 87 Abs. 1 FlurbG a. F.) zum Gegenstand hat und sich insbesondere niederschlägt in den Festsetzungen des Wege- und Gewässerplanes über die gemeinschaftlichen Anlagen. Demgemäß spricht § 88 Nr. 8 Satz 1 FlurbG a. F. ebenso wie § 88 Nr. 8 Satz 1 FlurbG n. F. von den "durch das Unternehmen nötig gewordenen gemeinschaftlichen Anlagen", an denen der Träger des Unternehmens finanziell zu beteiligen ist. Entsteht durch eine flurbereinigungsbehördlich geplante notwendige Folgemaßnahme des Straßenbauvorhabens eine Beeinträchtigung der benachbarten Grundstücke im Sinne des § 17 Abs. 4 FStrG 1961, so ist der auf einen physisch-realen Ausgleich gerichtete Anspruch auf Behebung von Nachteilen nach § 88 Nr. 5 Satz 1 FlurbG a. F. nicht dahin beschränkt, daß nur eine Anordnung von Schutzvorkehrungen der in § 17 Abs. 4 FStrG 1961 genannten Art verlangt werden könnte. Vielmehr kann er auch dahin gehen, daß die Folgemaßnahmenanlage durch Verlegung oder anderweitige Gestaltung so geändert wird, daß eine Beeinträchtigung im Sinne des § 17 Abs. 4 FStrG 1961 entfällt.

Eine Behebung der vom Kläger angeführten Nachteile nach § 88 Nr. 5 Satz 1 1. Halbsatz FlurbG a. F. scheidet jedoch im vorliegenden Falle aus.

Zwar ist nach dem Wortlaut des § 88 Nr. 5 Satz 1 FlurbG a. F. die Ermessensentscheidung darüber, ob eine Behebung des Nachteils durch physisch-realen Ausgleich nicht zweckmäßig erscheint, der Flurbereinigungsbehörde vorbehalten. Diese Entscheidung kann jedoch vom Gericht in vollem Umfang überprüft und gegebenenfalls von ihm anstelle der Flurbereinigungsbehörde getroffen werden. Die Entscheidung über die Behebung von unternehmensbedingten Nachteilen durch physisch-realen Ausgleich selbst ist ebenso wie die Ermessensentscheidung darüber, ob von einem physisch-realen Ausgleich abgesehen werden soll, eine im Flurbereinigungsplan zu treffende Planungsentscheidung. Ein diesbezüglicher Streit ist daher ein Fall des § 59 Abs. 2 FlurbG, in dem das Flurbereinigungsgericht nach § 146 Nr. 2 FlurbG auch zu prüfen hat, ob die Flurbereinigungsbehörde oder die obere Flurbereinigungsbehörde in zweckmäßiger Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht hat.

§ 146 Nr. 2 FlurbG ermächtigt das Flurbereinigungsgericht, im Flurbereinigungsplan getroffene Festsetzungen, auch soweit es um Ermessen geht, in ihrer Begründung zu ändern. So kann es Ermessensüberlegungen, welche die Flurbereinigungsbehörde zugrunde gelegt hat, durch eigene Ermessensüberlegungen ersetzen, ohne den Regelungsanspruch der Festsetzungen selbst zu ändern. Ist eine Festsetzung im Streit, welche die Behörde aus Überlegungen rechtlicher Art getroffen hat, die aber auch aus Ermessensgründen getroffen werden kann, so kann das Gericht unter Aufrechterhaltung des Regelungsausspruchs der Festsetzung an die Stelle der behördlichen Überlegungen rechtlicher Art eigene Ermessensüberlegungen setzen, zumal dann, wenn die behördlichen Überlegungen nicht frei von Rechtsirrtum sind. Diesen Grundsätzen widerspricht nicht das vom Kläger angeführte Urteil des BVerwG vom 14.12.1978 (RdL 1983, 15, 17), wonach für die Befugnis des Gerichts zu einer Gestaltungskorrektur im Sinne des § 146 Nr. 2 FlurbG kein Raum mehr ist, wenn eine Abfindung den Anforderungen des § 44 FlurbG, auch den Ermessensrichtlinien dieser Vorschrift, genügt. Die Befugnis des Gerichts aus § 146 Nr. 2 FlurbG, im Flurbereinigungsplan getroffene behördliche Festsetzungen, auch soweit es um Ermessen geht, mit anderer Begründung aufrechtzuerhalten, wird durch die Grundsätze dieses Urteils nicht eingeschränkt.