Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.01.1982 - 4 C 26.78 = DÖV 1982 S. 639
Aktenzeichen | 4 C 26.78 | Entscheidung | Urteil | Datum | 15.01.1982 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = DÖV 1982 S. 639 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Entscheidung der obersten Landesstraßenbaubehörde nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FStrG, daß bei Straßenänderungen und -erweiterungen von unwesentlicher Bedeutung eine Planfeststellung unterbleiben kann, stellt der Sache nach eine das Erfordernis der Planfeststellung ersetzende Plangenehmigung dar. Sie enthält zugleich auch die öffentlich-rechtliche Zulassung der geplanten Straßenbaumaßnahme. |
Aus den Gründen
Nach dem Grundsatz des § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG dürfen Bundesfernstraßen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Mit dieser Regelung ist in Verbindung mit § 18 b Abs. 1 Satz 1 FStrG einerseits positiv angeordnet, daß über die Zulässigkeit eines Straßenbauvorhabens grundsätzlich im Wege der Planfeststellung zu entscheiden ist. § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG enthält aber andererseits zugleich auch negativ das Verbot, Neubau- oder Änderungsmaßnahmen an Bundesfernstraßen ohne vorherige Planfeststellung auszuführen. Mit dieser rechtlichen Lösung folgt die gesetzliche Regelung - wie der erkennende Senat bereits bei anderer Gelegenheit näher dargelegt hat - dem Prinzip des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Die Wirkung des Verbots besteht darin, daß der Träger der Straßenbaulast mit der Notwendigkeit belastet ist, durch die Beantragung eines Planfeststellungsverfahrens und die Erwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses die einem geplanten Straßenbauvorhaben präventiv entgegenstehende Sperre im konkreten Fall durch eine öffentlich-rechtliche Zulassung zu beseitigen (Urteil vom 22. Februar 1980 - BVerwG 4 C 24.77 - in Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 33 S. 98 (100)).
An diesen Zusammenhang knüpft die Ausnahmevorschrift des § 17 Abs. 2 FStrG an. Mit ihrer Regelung in Satz 1, nach der die Planfeststellung unter anderem bei Änderungen oder Erweiterungen von unwesentlicher Bedeutung unterbleiben kann, normiert sie zwar die materiellen Voraussetzungen, unter denen eine Ausnahme von dem Planfeststellungserfordernis zulässig ist. Damit stellt sie aber Änderungen und Erweiterungen von unwesentlicher Bedeutung nicht etwa von dem Erfordernis einer das präventive Verbot aufhebende öffentlich-rechtlichen Zulassung überhaupt frei. Die nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FStrG der obersten Landesstraßenbaubehörde obliegende Entscheidung darüber, ob eine Planfeststellung unterbleiben kann, enthält vielmehr, abgesehen von der Feststellung, daß die geplanten Änderungen oder Erweiterungen in der Tat von nur unwesentlicher Bedeutung im Sinne des Satzes 1 sind, zugleich auch die Zulassung des Vorhabens selbst. Mit diesem zulassenden Entscheidungsgehalt tritt die Entscheidung der obersten Landesstraßenbaubehörde nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FStrG daher an die Stelle der für Straßenbaumaßnahmen grundsätzlich erforderlichen Planfeststellung und übernimmt insoweit auch deren Zulassungsfunktion.
In diesem Sinne hat bereits früher der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zu der mit § 17 Abs. 2 FStrG weitgehend übereinstimmenden Vorschrift des § 28 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 21. März 1961 (BGBl. I S. 241) - PBefG - ausgesprochen, daß die - im Anwendungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes dafür zuständige - Genehmigungsbehörde mit ihrer Entscheidung, der Durchführung eines personenbeförderungsrechtlichen Planfeststellungsverfahrens bedürfe es wegen unwesentlicher Bedeutung der geplanten Maßnahme nicht, gleichzeitig auch eine Entscheidung darüber treffe, ob das Vorhaben in der den vorgelegten Plänen entsprechenden Weise ausgeführt werden dürfe (Urteil vom 08. Oktober 1976 - BVerwG VII C 24.73 - in Buchholz 442.01 § 28 PBefG Nr. 3 S. 1 (4)). Das stimmt mit der hier vertretenen Auffassung überein. Soweit der 7. Senat in seiner damaligen Entscheidung allerdings offengelassen hat, ob - entsprechend der unter I Nr. 5 Abs. 3 Satz 2 der Planfeststellungsrichtlinien der Bundesstraßenverwaltung (VkBl. 1976 S. 564) vertretenen Ansicht - für das Verfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz anderes als für das nach dem Personenbeförderungsgesetz zu gelten habe, ist aus den soeben angeführten Gründen klarzustellen, daß sich die Entscheidungen nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FStrG und nach § 28 Abs. 2 Satz 3 PBefG ihrem Wesen nach nicht unterscheiden. Sie stellen hier wie dort der Sache nach eine das Erfordernis der Planfeststellung ersetzende Plangenehmigung dar, wie sie beispielsweise für das wasserrechtliche und das wasserstraßenrechtliche Planfeststellungsverfahren in § 31 Abs. 1 Satz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes bzw. in § 14 Abs. 1 Satz 2 des Wasserstraßengesetzes unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich als planerische Entscheidungsform gesetzlich geregelt ist. Dann aber kann daran, daß die Entscheidung nach § 17 Abs. 2 Satz 3 FStrG - ebenso wie die nach § 28 Abs. 2 Satz 3 PBefG - ein dem Planfeststellungsbeschluß entsprechender, mit Außenwirkung versehener und von betroffenen Dritten anfechtbarer Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG und des § 42 VwGO ist, kein Zweifel sein.