Flurbereinigungsgericht Bautzen, Urteil vom 16.05.2002 - 7 D 25/01.F
Aktenzeichen | 7 D 25/01.F | Entscheidung | Urteil | Datum | 16.05.2002 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Bautzen | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Zersplitterung des Grundbesitzes und seine ungünstige Formung kann die Anordnung einer Flurbereinigung rechtfertigen. Detaillierter Erhebungen zu den einzelnen Missständen bedarf es hierfür nicht. |
Aus den Gründen
Nach ständiger Rechtsprechung (BVerwGE 45, 112 ff.) haben die Flurbereinigungsgerichte bei der Anfechtung des Flurbereinigungsbeschlusses zu prüfen, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Flurbereinigung vorliegen, das vorgeschriebene Verfahren von der Behörde eingehalten worden ist und Ermessensfehler - etwa bei der Abgrenzung des Verfahrensgebietes - vermieden sind. Nach § 4 FlurbG kann die obere Flurbereinigungsbehörde die Flurbereinigung anordnen und das Verfahrensgebiet feststellen, wenn sie eine Flurbereinigung für erforderlich und das Interesse der Beteiligten für gegeben hält. Ob eine Flurbereinigung "erforderlich" ist, richtet sich nach den Zielen der Flurbereinigung gemäß § 1, § 37 FlurbG. Danach sollen mit einer Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes durch Flurbereinigung die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft verbessert sowie die allgemeine Landeskultur und die Landentwicklung verbessert werden. Die Neuordnung soll insbesondere zu einer neuzeitlich und betriebswirtschaftlich ausgerichteten Zusammenlegung und nach Lage, Form und Größe zweckmäßigen Neugestaltung bisher zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten Grundbesitzes führen; Wege, Straßen, Gewässer und andere gemeinschaftliche Anlagen sind zu schaffen, bodenschützende sowie -verbessernde und landschaftsgestaltende Maßnahmen vorzunehmen und alle sonstigen Maßnahmen zu treffen, durch welche die Grundlagen der Wirtschaftsbetriebe verbessert, der Arbeitsaufwand vermindert und die Bewirtschaftung erleichtert werden. Das "Interesse der Beteiligten" ist nicht die subjektive Meinung einzelner oder gar der überwiegenden Anzahl der Teilnehmer - nach der Grundfläche gerechnet - , sondern das sich bei Anlegung eines objektiven Maßstabes ergebende wohlverstandene wirtschaftliche und damit sachgerechte Interesse der Teilnehmer (BVerwGE 45, 112). Diese gesetzlichen Voraussetzungen sind hier erfüllt.
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In materieller Hinsicht hat der Beklagte die Erforderlichkeit einer Flurbereinigung auf Gemarkung ... zutreffend angenommen. Im Verfahrensgebiet sind ausweislich der vom Staatlichen Amt für Landwirtschaft ... gefertigten Aufstellung vom 06.02.2001 eine im Haupterwerb tätige juristische Person, sieben weitere Haupt- und zwei Nebenerwerbslandwirte tätig. Sie wirtschaften ganz überwiegend auf in fremdem Eigentum stehenden Pachtland. Die vorgelegte Besitzstandskarte weist ungünstig geformte Flurstücke und zugleich zersplitterte Besitzstände der Eigentümer aus. Diese Missstände lassen sich durch die im Verfahrensgebiet vorherrschende Pachtwirtschaft nicht wesentlich vermeiden, weil derartige privatrechtliche Vereinbarungen keine dauerhaft rechtlich gesicherte Bodenordnung zu gewährleisten vermögen.
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Insgesamt erweist sich die bestehende Erschließungssituation durch Wege als unbefriedigend und lässt kein sinnvolles Konzept erkennen. Sie besitzt kaum Bezug zu den Verhältnissen des Grundbesitzes. Dem gegenüber ergibt sich aus dem nach den Vorermittlungen angedachten neuen Wegesystem eine sinnvolle und gesicherte Erschließung landwirtschaftlicher Flächen im Verfahrensgebiet. Rund 80 %, mithin der weitaus größte Teil der in der Vorerhebung ausgewiesenen Mittel sollen für den Wegebau aufgewendet werden.
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Es besteht auch ein hinreichendes die Anordnung rechtfertigendes Interesse der Teilnehmer an der Verbesserung der Besitzverhältnisse sowie des Wegenetzes. Dieses Interesse ist in objektiver Abwägung der sachlichen Gesichtspunkte nach dem zu erwartenden betriebswirtschaftlichen Erfolg der Flurbereinigung für die überwiegende Fläche im Gesamtgebiet und damit die Mehrheit der Teilnehmer zu beurteilen (BVerwGE 45, 112). Das geltende Flurbereinigungsrecht sieht hierfür weder eine für jeden Teilnehmer vor der Anordnung des Verfahrens zu erstellende Rentabilitätsberechnung anhand einer genauen Projektplanung, noch eine ersatzweise Quantifizierung des Interesses mittels Modellrechnung und Simulationsverfahren durch Verengung auf eine betriebswirtschaftliche Kosten-/Nutzenanalyse vor. Dem steht schon der Umstand entgegen, dass erst die durch den Flurbereinigungsbeschluss konstituierte Teilnehmergemeinschaft die Neugestaltung des Gebiets durch ihr Mitspracherecht beeinflusst, die gemeinschaftlichen Anlagen, insbesondere der Wege- und Gewässerplan, nur im Benehmen mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft geplant werden können (§ 41 FlurbG) und der nachfolgende Flurbereinigungsplan maßgeblich von den Wünschen der Teilnehmer für ihre Abfindung abhängig ist (§ 57 FlurbG). Konkrete und verbindliche Planungen können deshalb nicht vor Anordnung, sondern erst stufenweise im Verfahren entwickelt werden und alle Rentabilitätsberechnungen vor Anordnung des Verfahrens können deshalb nur auf hypothetischen Annahmen beruhen. Sie werden deshalb vom Gesetz, wenn es auf die Interessen der Beteiligten abstellt, auch nicht verlangt. Desgleichen sind weder die optimal möglichen Einsparungen an den sächlichen Erzeugungskosten noch die unmittelbar zu erwartenden oder nicht zu erwartenden Einkommenssteigerungen mit dem betriebswirtschaftlichen Erfolg der Flurbereinigung gleich zu setzen. Vielmehr gehört angesichts der in § 1 FlurbG als vorrangiges Ziel genannten Verbesserung der Arbeitsbedingungen hierzu auch die erreichbare Arbeitszeitersparnis, deren Wert sich nicht allgemein in Geld messen lässt. Dasselbe gilt für die Sicherung der vorhandenen Produktionsbedingungen durch Entflechtung des Besitzes und ökologische Bereicherung der Feldflur sowie die Schaffung eines freien und nicht vom guten Willen eines Dritten abhängigen Zugangs zum eigenen Grundstück.
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In materieller Hinsicht hat der Beklagte die Erforderlichkeit einer Flurbereinigung auf Gemarkung ... zutreffend angenommen. Im Verfahrensgebiet sind ausweislich der vom Staatlichen Amt für Landwirtschaft ... gefertigten Aufstellung vom 06.02.2001 eine im Haupterwerb tätige juristische Person, sieben weitere Haupt- und zwei Nebenerwerbslandwirte tätig. Sie wirtschaften ganz überwiegend auf in fremdem Eigentum stehenden Pachtland. Die vorgelegte Besitzstandskarte weist ungünstig geformte Flurstücke und zugleich zersplitterte Besitzstände der Eigentümer aus. Diese Missstände lassen sich durch die im Verfahrensgebiet vorherrschende Pachtwirtschaft nicht wesentlich vermeiden, weil derartige privatrechtliche Vereinbarungen keine dauerhaft rechtlich gesicherte Bodenordnung zu gewährleisten vermögen.
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Insgesamt erweist sich die bestehende Erschließungssituation durch Wege als unbefriedigend und lässt kein sinnvolles Konzept erkennen. Sie besitzt kaum Bezug zu den Verhältnissen des Grundbesitzes. Dem gegenüber ergibt sich aus dem nach den Vorermittlungen angedachten neuen Wegesystem eine sinnvolle und gesicherte Erschließung landwirtschaftlicher Flächen im Verfahrensgebiet. Rund 80 %, mithin der weitaus größte Teil der in der Vorerhebung ausgewiesenen Mittel sollen für den Wegebau aufgewendet werden.
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Es besteht auch ein hinreichendes die Anordnung rechtfertigendes Interesse der Teilnehmer an der Verbesserung der Besitzverhältnisse sowie des Wegenetzes. Dieses Interesse ist in objektiver Abwägung der sachlichen Gesichtspunkte nach dem zu erwartenden betriebswirtschaftlichen Erfolg der Flurbereinigung für die überwiegende Fläche im Gesamtgebiet und damit die Mehrheit der Teilnehmer zu beurteilen (BVerwGE 45, 112). Das geltende Flurbereinigungsrecht sieht hierfür weder eine für jeden Teilnehmer vor der Anordnung des Verfahrens zu erstellende Rentabilitätsberechnung anhand einer genauen Projektplanung, noch eine ersatzweise Quantifizierung des Interesses mittels Modellrechnung und Simulationsverfahren durch Verengung auf eine betriebswirtschaftliche Kosten-/Nutzenanalyse vor. Dem steht schon der Umstand entgegen, dass erst die durch den Flurbereinigungsbeschluss konstituierte Teilnehmergemeinschaft die Neugestaltung des Gebiets durch ihr Mitspracherecht beeinflusst, die gemeinschaftlichen Anlagen, insbesondere der Wege- und Gewässerplan, nur im Benehmen mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft geplant werden können (§ 41 FlurbG) und der nachfolgende Flurbereinigungsplan maßgeblich von den Wünschen der Teilnehmer für ihre Abfindung abhängig ist (§ 57 FlurbG). Konkrete und verbindliche Planungen können deshalb nicht vor Anordnung, sondern erst stufenweise im Verfahren entwickelt werden und alle Rentabilitätsberechnungen vor Anordnung des Verfahrens können deshalb nur auf hypothetischen Annahmen beruhen. Sie werden deshalb vom Gesetz, wenn es auf die Interessen der Beteiligten abstellt, auch nicht verlangt. Desgleichen sind weder die optimal möglichen Einsparungen an den sächlichen Erzeugungskosten noch die unmittelbar zu erwartenden oder nicht zu erwartenden Einkommenssteigerungen mit dem betriebswirtschaftlichen Erfolg der Flurbereinigung gleich zu setzen. Vielmehr gehört angesichts der in § 1 FlurbG als vorrangiges Ziel genannten Verbesserung der Arbeitsbedingungen hierzu auch die erreichbare Arbeitszeitersparnis, deren Wert sich nicht allgemein in Geld messen lässt. Dasselbe gilt für die Sicherung der vorhandenen Produktionsbedingungen durch Entflechtung des Besitzes und ökologische Bereicherung der Feldflur sowie die Schaffung eines freien und nicht vom guten Willen eines Dritten abhängigen Zugangs zum eigenen Grundstück.