Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 30.05.1968 - F III 94/66 = RdL 1970 S. 300

Aktenzeichen F III 94/66 Entscheidung Urteil Datum 30.05.1968
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen RdL 1970 S. 300  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

Aus den Gründen

Es ist zwar richtig, daß die Flurbereinigungsbehörde bei Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens den Erfordernissen der Wasserwirtschaft Rechnung zu tragen hat. Dieser Grundsatz wird in § 37 Abs. 2 FlurbG aufgestellt. Die Flurbereinigungsbehörde darf im Rahmen dieser ihr gestellten Aufgabe natürliche Gewässer nur aus wasserwirtschaftlichen und nicht aus vermessungstechnischen Gründen verändern. Diese der Flurbereinigungsbehörde in § 37 Abs. 2 FlurbG übertragene Aufgabe wird ergänzt und konkretisiert durch die Bestimmung des § 39 FlurbG. Hiernach sind im Flurbereinigungsgebiet u.a. Gewässer und andere zur gemeinschaftlichen Benutzung oder einem gemeinschaftlichen Interesse dienenden Anlagen zu schaffen. Dabei können bestehende Anlagen verändert werden. In § 40 FlurbG wird darüber hinaus der Flurbereinigungsbehörde die Möglichkeit gegeben, für Anlagen, die dem öffentlichen Verkehr oder einem anderen öffentlichen Interesse dienen, Land in verhältnismäßig geringem Umfang bereitzustellen. Die Flurbereinigungsbehörde ist also befugt, für Zweck dieser Art Land vorweg aus der Gesamtmasse auszusondern und dem Baulastträger zur Verfügung zu stellen, damit dieser die Anlage bei Gelegenheit der Flurbereinigung ausführen kann. Die Durchführung der fraglichen Maßnahme braucht dabei nicht durch die Teilnehmergemeinschaft zu erfolgen. Die erforderliche Planfeststellung für Maßnahmen, bei denen nach § 40 FlurbG bereitgestelltes Land Verwendung findet, regelt sich aber nicht nach dem FlurbG, sondern nach den hierfür maßgeblichen Gesetzen - § 41 Abs. 3 Satz 3 FlurbG - (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.1962, RdL 1963, 106).

Bei der Modau handelt es sich um ein Gewässer III. Ordnung. Die Verbreiterung dieses Bachbettes stellt sich als menschliche Einwirkung auf oberirdisches Wasser dar, für deren Durchführung die Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes vom 27.6.1957 - WHG - und des Hessischen Wassergesetzes vom 6.7.1960 (GVBl. S. 69) - HWG - zu berücksichtigen sind. Die hier vorgesehene Veränderung des Modaubettes auf 13 m von bisher 7 m bzw. 8 m bedeutet eine wesentliche Umgestaltung dieses Gewässers im Sinne von § 31 WHG, denn diese Maßnahme geht über die Unterhaltung hinaus. Die beabsichtigte Verbreiterung ist vielmehr als größere bauliche Maßnahme anzusprechen, die den Rahmen der Unterhaltung überschreitet. Nach § 31 WHG ist für derartige Veränderungen ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. Planfeststellungsbehörde ist nach § 59 Abs. 2 HWG in einem solchen Falle die Obere Wasserbehörde. Für die Durchführung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen in einem Flurbereinigungsverfahren ist jedoch in § 59 Abs. 3 HWG eine Sonderregelung eingeführt. Nach dieser Bestimmung ist Planfeststellungsbehörde für wasserwirtschaftliche Maßnahmen, wenn der Ausbau im Rahmen einer Flurbereinigung erfolgt, die Obere Flurbereinigungsbehörde.

Entsprechend dem Feststellungsverfahren in einem Flurbereinigungsverfahren erfolgt die vorläufige Feststellung bei Durchführung des Gewässerausbaues im Flurbereinigungsverfahren mit der vorläufigen Feststellung des Wege- und Gewässerplanes und die endgültige Feststellung durch den Flurbereinigungsplan (§ 41 Abs. 3 FlurbG). Das setzt aber nach der eindeutigen Vorschrift des § 59 Abs. 3 HWG voraus, daß die Flurbereinigungsbehörde nicht nur das benötigte Land bereitstellt und die neuen Ufergrenzen aufmißt; sie muß vielmehr auch die Planung und die technische Leitung der Ausbaumaßnahmen übernommen haben. Die Flurbereinigung ist nämlich ein von der Flurbereinigungsbehörde geleitetes Verfahren. Wenn der Ausbau im Sinne von § 59 Abs. 3 HWG durch die Flurbereinigungsbehörde im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens erfolgen soll, bedeutet das, daß die Leitung der fraglichen Ausbaumaßnahmen auch auf die Flurbereinigungsbehörde übergeht. Im vorliegenden Falle hat die Flurbereinigungsbehörde keine der genannten Aufgaben übernommen. Deshalb erfolgt der Ausbau der Modau auch nicht im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens. Die Zuständigkeit für die notwendige Planfeststellung durch die Obere Flurbereinigungsbehörde ist demnach nicht begründet worden. Die Flurbereinigungsbehörde konnte daher die Veränderung des Modaubettes innerhalb dieses Verfahrensgebietes nicht in eigener Zuständigkeit vornehmen. Sie konnte auch kein Land nach § 40 FlurbG bereitstellen. In diesem Falle hätte es vorher eines Planfeststellungsverfahrens durch die Obere Wasserbehörde bedurft. Ein solches Verfahren ist ebenfalls nicht durchgeführt worden.

Anmerkung

Das Urteil wurde durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.11.1969 - IV B 154.68 = RdL 1971 S. 179 - bestätigt.