Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.07.1968 - V Blw 12/68 = RdL 1968 S. 204

Aktenzeichen V Blw 12/68 Entscheidung Beschluss Datum 02.07.1968
Gericht Bundesgerichtshof Veröffentlichungen RdL 1968 S. 204  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Wenn die beabsichtigten Veräußerungen das Ergebnis einer vor einigen Jahren durchgeführten Flurbereinigung vernichten würden, ist die Genehmigung wegen unwirtschaftlicher Aufteilung eines landwirtschaftlichen Grundstücks zu versagen, zumal wenn die künftige Bebaubarkeit der verkauften Parzellen unsicher ist.
2. Der Umstand, daß die Verkäufer die Kaufpreise bereits erhalten und verbraucht haben und nicht mehr zurückzahlen können, macht die Versagung der Genehmigung nicht unzumutbar hart.

Aus den Gründen

Das Beschwerdegericht hat ohne Rechtsirrtum den Regelfall des § 9 Abs. 3 Nr. 4 GrdstVG. als gegeben erachtet. Nach seinen Feststellungen sind die Flurstücke im Flurbereinigungsverfahren zugeteilt worden, das eine Verbesserung der Agrarstruktur bezweckte. Die unter Einsatz öffentlicher Mittel durchgeführte, im Jahre 1961 abgeschlossene Umlegung sollte die arbeitserschwerende und produktionshemmende Flurzersplitterung im dortigen Bereich beseitigen, die Rentabilität der Bodenbewirtschaftung heben und den Arbeitsaufwand vermindern. Dieser Zweck ist auch erreicht worden. Die beabsichtigten Veräußerungen der Antragsteller würden das Ergebnis nach den Feststellungen des Tatrichters teilweise wieder vernichten. Es ist aber ein besonderes Anliegen des GrdstVG., den im Flurbereinigungsverfahren erzielten Erfolg zu erhalten (Bericht des Ausschusses f. ELF. vom 30.3.1961, Dt. BT. 3. Wahlperiode, Drucks. 2635 zu § 9). Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht kommt es im Rahmen dieser Prüfung nicht darauf an, wie die Eigentumsverhältnisse an den Flurstücken vor und nach der Flurbereinigung lagen. Bei den Flurstücken handelt es sich um nutzbaren Boden. Der größte Teil der Gesamtfläche ist in Schätzungsklasse 3, Teilflächen sind in den Schätzungsklassen 2 und 4 eingestuft. Die Qualität der Grundstücke ist hinsichtlich der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit insgesamt gesehen zumindest durchschnittlich. Das OLG. hat sich nicht davon überzeugen können, daß die bisherigen Unkosten und Aufwendungen in keinem angemessenen Verhältnis zum Reinertrag stehen. Auch sonst hat das Beschwerdegericht Gründe, die ein Abgehen von der in § 9 Abs. 3 Nr. 4 GrdstVG. niedergelegten Regel rechtfertigen könnten (vgl. Pikalo / Bendel, GrdstVG. § 9 F II 3 b cc und c cc), nicht festzustellen vermocht. In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat es die Aufteilung umgelegter landwirtschaftlicher Grundflächen in kleine Parzellen bei einer nur unsicheren künftigen Bebaubarkeit der Grundstücke für unwirtschaftlich erachtet. Dafür, daß hier die Erhaltung der ungeteilten Parzellen dem vom GrdstVG. verfolgten Zweck gerecht wird, spricht auch die weitere Feststellung des Tatrichters, daß die Grundstücke nach "Bonität, Größe und Lage" geeignet sind, zur Aufstockung eines bäuerlichen Betriebes verwendet zu werden, und die W. Landessiedlung kaufbereit ist. Damit hat das Beschwerdegericht seine Ansicht, die beabsichtigten Veräußerungen seien unwirtschaftliche Aufteilungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrdstVG., ausreichend begründet.

Ohne Erfolg greift die Rechtsbeschwerde weiterhin die Erwägungen des Beschwerdegerichts an, die es im Rahmen des § 9 Abs. 7 GrdstVG. angestellt hat.

Wie der Senat in seinem Beschluß vom 28.10.1965 - V Blw 24/65 - ausgeführt hat, sind für die Anwendung dieser Vorschrift strenge Anforderungen zu stellen. Es genügt nicht, daß durch die Versagung der Genehmigung dem Verkäufer wirtschaftliche Nachteile entstehen. Es muß vielmehr hinzukommen, daß sich die Verhinderung des Rechtsgeschäfts für den Veräußerer besonders hart auswirken und deshalb dem natürlichen Empfinden widersprechen würde (Beschl. des Senats vom 7.7.1964 - V Blw 40/63 -). Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenen Feststellungen des Tatrichters ist insbesondere nicht anzunehmen, daß die Versagung der Genehmigung zum Verlust der wirtschaftlichen Existenz der Verkäufer führen würde. Der Umstand, daß die Veräußerer die Kaufpreise bereits erhalten und verbraucht haben und nicht mehr zurückzahlen können, macht die gebotene Versagung nicht unzumutbar hart (vgl. Ehrenforth, RSG. und GrdstVG., GrdstVG. § 9 Anm. 8). Durch die Veräußerungen sollte keine für die Veräußerer bestehende finanzielle Notlage behoben werden. Die Ansicht des Tatrichters, ihnen sei zuzumuten gewesen, mit der Ausführung der Kaufverträge abzuwarten, bis die Genehmigungsverfahren durchgeführt sind (vgl. Schulte in RdL 1961, 249, 253) begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird nicht dadurch erschüttert, daß die Rechtsbeschwerdeführer vorbringen, sie hätten insoweit "nicht mit Schwierigkeiten gerechnet". Ebenso hält die Erwägung der Nachprüfung stand, die Unzumutbarkeit folge nicht schon daraus, daß es den Antragstellern wohl auch bei Heranziehung ihres außerwirtschaftlichen Vermögens und unter Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Kreditmöglichkeiten recht schwer fallen mag, die Kaufpreise zurückzubezahlen.

Anmerkung

Vgl. Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 25.1.1973 - 29 XII 72 zu Art. 32 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzesdv5r