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von Anonymer Benutzer

RzF - 52 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG

Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 11.03.1993 - 13 A 90.1140

Aktenzeichen 13 A 90.1140 Entscheidung Urteil Datum 11.03.1993
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Ausweisung eines Wanderweges im Plan nach § 41 FlurbG kann wegen eines Abwägungsdefizites keinen Bestand haben, wenn Belange des Naturschutzes, des Gewässerschutzes und des Klägers, des Eigentümers des angrenzenden Grundstücks außer acht gelassen wurden.

Aus den Gründen

Die Beklagte hat bei der Ausweisung des neuen Weges Flurstück 690/1 nicht alle Belange in ihre Gestaltungsabwägungen eingestellt, die bei den gegebenen örtlichen Verhältnissen einzubeziehen waren.

Der Kläger war, wie sich aus den Unterlagen ergibt und von ihm auch nicht in Frage gestellt wird, rechnerisch wertgleich im Sinne des § 44 Abs. 1 FlurbG abgefunden. Das Recht des Teilnehmers, die für ihn vorgesehene Abfindung der gerichtlichen Kontrolle zu unterstellen, erschöpft sich jedoch nicht in der Erfüllung des Planungsgrundsatzes des § 44 Abs. 1 FlurbG. Vielmehr kann er, da sein Eigentum Gegenstand der durch die Flurbereinigungsplanung zu bewirkenden Veränderungen ist und die Planungsziele auch auf die Einzelabfindung des Teilnehmers ausgerichtet sind, auch zur Entscheidung stellen, ob weitere ihn betreffende Belange in die Abwägung eingestellt und sachgerecht gewichtet worden sind. Dieses Gebot gerechter Abwägung aller von der Planung berührten Belange ergibt sich aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein (BVerwGE 34, 301/307; 41, 67; 56, 110/123; Korbmacher, DÖV 1978, 589/594). Aus den Besonderheiten des Fachplanungsrechts Flurbereinigung ergeben sich insoweit keine Abweichungen (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 und § 44 Abs. 2 Halbsatz 1 FlurbG).

Wie dem Beschluß der Beklagten vom 20.06.1979 (Akt "Niederschriften", Seite 93, Ziffer II) und den Darstellungen in der Wege- und Gewässerkarte zu entnehmen ist, war der Weg Flurstück 690/1 (neu) entlang des H.-Baches nicht Gegenstand des mit den Trägern öffentlicher Belange im Anhörungstermin vom 17.07.1979 erörterten Wege- und Gewässerplanes (§ 41 Abs. 2 FlurbG). Als sich die Beklagte in der Folgezeit entschloß, den im Plan nach § 41 FlurbG als gemeinschaftliche Anlage (§ 39 FlurbG) eingeordneten Wanderweg am östlichen Bachufer auszuweisen, unterließ sie es zu Unrecht, die Träger öffentlicher Belange zu dieser Planänderung anzuhören.

Zwar ist das Gericht diesem von der Beklagten im Schreiben vom 12.06.1992 (Bl. 70 des Gerichtsakts) eingeräumten Verfahrensmangel dadurch begegnet (§ 146 Nr. 2 FlurbG), daß es die Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde (vom 26.11.1992) und des Wasserwirtschaftsamtes R. (vom 05.02.1993) einholte. Da sich aus diesen Stellungnahmen und den Feststellungen des Gerichts beim Augenschein vom 19.05.1992 jedoch ergibt, daß hinsichtlich des neuen Weges Flurstück 690/1 ein Abwägungsdefizit vorliegt, kann der Wege- und Gewässerplan als Bestandteil des Flurbereinigungsplanes (§ 58 Abs. 1 Satz 2 FlurbG) insoweit trotzdem keinen Bestand haben.

Die Untere Naturschutzbehörde weist darauf hin, daß der H.-Bach im Bereich des geplanten Weges als naturnaher und unverbauter Bach den Schutz des § 20 c des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG - genießt. Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen dieses Biotopes führen könnten, seien unzulässig. Eine Wegeverbindung würde sich hier allein durch die entstehende Störung sicherlich beeinträchtigend auf die Qualität des Gewässerabschnitts als Lebensraum auswirken, auch wenn auf eine Befestigung verzichtet würde und keine direkten Eingriffe in den gewässerbegleitenden Vegetationsbestand erfolgten. Sollte die Verlegung des Weges an die Ostseite des neuen Flurstücks 690 nicht realisierbar sein, müsse der bisher zwischen 1 m bis ca. 5 m breite Streifen öffentlichen Grundes entlang des Gewässers breiter dimensioniert werden, da hierdurch Eingriffe in den naturnahen Bewuchs vermieden werden könnten und die Störung durch Passanten nicht so nah an das Ufer herangetragen würde.

Das Wasserwirtschaftsamt R. kommt zu dem Ergebnis, daß die Anlage eines Weges auf dem vorhandenen Uferstreifen nicht sinnvoll erscheine, da kein ausreichendes Platzangebot vorhanden sei und vorhandene Gehölzbestände zurückgeschnitten werden müßten, um ausreichend Platz zu bekommen. Ein standortgerechter, stufig aufgebauter Ufergehölzsaum erfülle am besten die Beschattung des Gewässerbettes und gewährleiste darüber hinaus einen hinreichenden Uferschutz.

Das Gericht hat beim Augenschein festgestellt, daß die ausgewiesene Wegfläche an einzelnen Stellen unmittelbar an das steil abfallende Ufer angrenzt.

Selbst wenn die derzeit die Benutzung des Weges teilweise ausschließenden Gehölzbestände - entgegen der Schutzbestimmung des § 20 c BNatSchG! - im erforderlichen Umfang zurückgeschnitten würden und der Weg damit überhaupt erst auf der gesamten Länge begehbar wäre, muß deshalb davon ausgegangen werden, daß Spaziergänger an diesen gefährlichen Stellen die Wegfläche verlassen und zwangsläufig das Grundstück des Klägers in Anspruch nehmen.

Aus alldem folgt, daß die Beklagte bei der Ausweisung des neuen Weges Flurstück 690/1 die Belange des Naturschutzes, des Gewässerschutzes sowie des Klägers als Eigentümer des angrenzenden Grundstücks außer acht gelassen hat. Es bedarf einer erneuten Planung unter Einbeziehung dieser Belange, ob und gegebenenfalls mit welcher Trasse ein Wanderweg im Bereich des klägerischen Flurstücks 690 ausgewiesen werden soll.