Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 26.11.1970 - VII 123/69 = IK 1972 S. 340

Aktenzeichen VII 123/69 Entscheidung Urteil Datum 26.11.1970
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen IK 1972 S. 340  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Frage, ob die Flurbereinigungsbehörde befugt ist, im Bereich einer unanfechtbar angeordneten Flurbereinigung auch Wohngrundstücke von Nichtlandwirten neu zu gestalten. Muß hierbei die Förderung der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Erzeugung oder der allgemeinen Landeskultur - mittelbar - bezweckt werden?

Aus den Gründen

Der Vortrag des Klägers im Zusammenhang mit der Zweckmäßigkeit des Verfahrens führt zu der Frage, ob die Flurbereinigungsbehörde ermächtigt war, die Flurstücke des Klägers neu zu gestalten. Der Kläger behauptet, die Änderung seiner Flurstücke sei nur deshalb vorgenommen worden, weil dadurch mittelbar den Beigeladenen H. eine ordnungsgemäße Zufahrt geschaffen werden konnte.

Die Flurbereinigungsbehörde war befugt, diese Änderung vorzunehmen.

Das Ermessen der Flurbereinigungsbehörde bei der Gestaltung der Abfindung der einzelnen Teilnehmer im Rahmen des § 44 FlurbG wird nicht nur bestimmt von dem Zweck der Flurbereinigung, wie er in den § 1, § 37 Abs. 1 FlurbG formuliert ist, sondern auch von den vielfältigen Interessen der Teilnehmer (§ 44 Abs. 2 Halbsatz 1 FlurbG), die keineswegs immer landwirtschaftlicher oder landeskultureller Natur sein müssen. Der Zweck der Flurbereinigung, wie er für die Anordnung des Verfahrens (§ 4 i.V. mit § 1 FlurbG) und für die obenerwähnten bestimmten Eingriffe in bestimmte Rechte gegeben sein muß, deckt sich nicht immer mit den Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten, die das Gestaltungsermessen der Flurbereinigungsbehörde bestimmen. Im vorliegenden Fall wäre es ein zweckwidriger Ermessensgebrauch, einerseits die auch der Landwirtschaft dienende Wegeverbreiterung- und Begradigung durchzuführen und es andererseits zu unterlassen, die hiervon betroffenen Flurstücke nur deshalb nicht den neuen Wegen anzupassen, weil sie nicht der Landwirtschaft dienen. Ebenso wie es - unbestritten - zweckmäßig war, das Flurstück 6329/2 des keine Landwirtschaft betreibenden Klägers bis an die K 276 vorzurücken, lag es auch im Rahmen des geschilderten Ermessens, die anderen hier gelegenen nicht der Landwirtschaft dienenden Flurstücke 6329/3, 6329 und 6329/1 an diese Straße anzuschließen und für das Flurstück 6329/1 der Beigel. zusätzlich eine eigene Zufahrt anstelle des Überfahrtsrechts über das Flurstück 6329 der Teilnehmer G. zu schaffen. Diese Vergünstigung für die Beigel. lag besonders deshalb nahe, weil i.V. damit den Teilnehmern G. die Möglichkeit gewährt werden konnte, eine weitere Zufahrt zu dem Ortsweg 7818 anzulegen. - Die Frage, ob die Beigel. auf diese Gestaltung ihrer Abfindung einen Anspruch hatten, dem möglicherweise von den Teilnehmern H. die Schutzvorschrift des § 45 FlurbG hätte entgegengehalten werden können, ist damit nicht entschieden.