Flurbereinigungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 26.02.2009 - 15 MF 06/09 = AUR 2009, 255-258 (Leitsatz und Gründe)= RdL 2009, 157-159 (Leitsatz und Gründe) (Lieferung 2010)
Aktenzeichen | 15 MF 06/09 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 26.02.2009 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Niedersachsen | Veröffentlichungen | = AUR 2009, 255-258 (Leitsatz und Gründe) = RdL 2009, 157-159 (Leitsatz und Gründe) | Lieferung | 2010 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die für die vorläufige Anordnung im Flurbereinigungsverfahren erforderliche Dringlichkeit kann sich auch daraus ergeben, dass im Falle einer späteren Umsetzung des Unternehmens öffentliche Zuschüsse verfallen. |
Aus den Gründen
Der Antragsteller wendet sich gegen die vorläufige Anordnung der Antragsgegnerin vom 28. November 2008 in dem Unternehmensflurbereinigungsverfahren C..
Im Hinblick auf das Planfeststellungsverfahren Kommunale Entlastungsstraße C. (Umgehungsstraße) beantragte die Bezirksregierung W. am 22. Januar 2002 in ihrer Funktion als Enteignungsbehörde, für dieses Vorhaben ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren einzuleiten. Nachdem am 13. Dezember 2002 der Aufklärungstermin nach § 5 Abs. 1 FlurbG stattgefunden hatte, ordnete das Amt für Agrarstruktur A. durch Beschluss vom 20. Dezember 2002 die Unternehmensflurbereinigung C. an, um den Landverlust anlässlich des Baues der Umgehungsstraße auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen und die vom Straßenbau verursachten Nachteile für die allgemeine Landeskultur zu vermeiden, zumindest zu beschränken. Das Verfahrensgebiet zur Größe von rd. 1.200 ha ist in der Samtgemeinde D., Landkreis W. gelegen.
Der Antragsteller ist als Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen Teilnehmer an diesem Flurbereinigungsverfahren. Er bringt rd. 71,5 ha vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Flächen in die Unternehmensflurbereinigung ein, davon rd. 49,8 ha Grünland und rd. 20,7 ha Ackerland. Die Hofstelle liegt westlich der Ortschaft C., Stadt D..
Der Landkreis W. stellte unter dem 11. Dezember 2003 das Planfeststellungsverfahren nach §§ 38 ff. Nds. Straßengesetz für den Bau der Umgehungsstraße C. ein. Zuvor hatte die Stadt D. am 1. Dezember 2003 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 67 "Kommunale Entlastungsstraße C." beschlossen. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller unter dem 10. Februar 2004 mit, auf Grund des Aufstellungsbeschlusses der Stadt D. sehe sie keinen Anlass, das Flurbereinigungsverfahren einzustellen. Die Antragsgegnerin erklärte durch Beschluss vom 5. September 2006, der Einleitungsbeschluss vom 20. Dezember 2002 werde insoweit geändert, als das Flurbereinigungsverfahren C. nunmehr auf anderer enteignungsrechtlicher Grundlage, jedoch unter Beibehaltung der Vorschriften der §§ 87 ff. FlurbG fortgeführt werde; im Übrigen gälten die Gebietsabgrenzung sowie die weiteren Bedingungen des Einleitungsbeschlusses vom 20. Dezember 2002 weiter, sofern nichts Abweichendes geregelt sei. Zugleich ordnete sie die sofortige Vollziehung ihres Beschlusses vom 5. September 2006 an. Nachdem die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen hatte, erhob der Antragsteller fristgerecht Klage gegen den Änderungsbeschluss vom 5. September 2006 (15 KF 13/08).
Am 22. September 2008 beantragte die Stadt D. die umgehende Bereitstellung der für das Unternehmen "Entlastungsstraße C." benötigten Flächen (Bedarfsflächen). Sie führte zur Begründung aus: Die Angelegenheit sei dringlich. Um die erforderliche Ausschreibung zügig durchführen zu können, benötige sie eine Finanzierungszusage der Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Dies setze voraus, dass die benötigten Trassen- und Kompensationsflächen zeitnah nachgewiesen würden. Mit dem Bau der Entlastungsstraße müsse so bald wie möglich begonnen werden. Die Fertigstellung und Endabrechnung des Straßenbaus müsse bis spätestens 2010 erfolgt sein, andernfalls die dringend benötigten Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) verfielen.
Die Antragsgegnerin wies den Antragsteller unter dem 29. September 2008 darauf hin, dass sie beabsichtige, eine vorläufige Anordnung nach §§ 36, § 88 Nr. 3 FlurbG zu erlassen. Sie gab dem Antragsteller vor Erlass der Anordnung Gelegenheit, dies in einem Gespräch zu erörtern. Mit Bescheid vom 28. November 2008 erließ die Antragsgegnerin eine vorläufige Anordnung, mit der dem Antragsteller mit Wirkung vom 1. Januar 2009 näher bezeichnete und in anliegenden Karten zeichnerisch dargestellte Flächen zur Größe von 5,2138 ha auf Dauer und Flächen zur Größe von 2,1459 ha vorübergehend entzogen wurden. Ferner wurde dem Antragsteller als Ausgleich das Flurstück 117/1 der Flur 1 in der Gemarkung Dornum zur Größe von 7,3597 ha vorläufig bereitgestellt. Zugleich ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung ihrer vorläufigen Anordnung an. Zur Begründung ihrer vorläufigen Anordnung führte sie aus: Die Voraussetzungen für den Erlass einer vorläufigen Anordnung lägen vor. Der am 28. Februar 2005 in Kraft getretene Bebauungsplan "Kommunale Entlastungsstraße C." und der unanfechtbar gewordene wasserrechtliche Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Wittmund vom 22. März 2006 stellten eine hinreichende planungsrechtliche Grundlage für die vorläufige Anordnung dar. Die Bemühungen des Vorhabenträgers um den Erwerb der benötigten Flächen seien ergebnislos geblieben, so dass er den Erlass einer vorläufigen Anordnung beantragt habe. Da der Flurbereinigungsplan bisher nicht aufgestellt worden sei, könne er nicht rechtliche Grundlage für eine Besitzänderung sein. Es sei aber aus dringenden Gründen erforderlich, den Besitz und die Nutzung der von dem Straßenbau betroffenen Flächen vor der Ausführung des Flurbereinigungsplans zu regeln. Der Bau der Entlastungsstraße sei jetzt erforderlich, um im Hinblick auf die Ende April 2010 auslaufende Anerkennung als Nordseeheilbad möglichst bald die Sicherheit des Verkehrs zu erhöhen, die innerörtlichen Nutzungskonflikte abzubauen und die Umweltbelastung in C. zu vermindern. Die Umsetzung des Vorhabens sei auch deshalb dringlich, weil zur Finanzierung der Entlastungsstraße der Vorhabenträger Zuschüsse des Landes Niedersachsen nach dem GVFG benötige, die nur bis Ende 2010 zur Verfügung stünden. Der damit verbundene enge Zeitplan könne nur durch einen zügigen Baubeginn eingehalten werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der vorläufigen Anordnung sei gerechtfertigt, weil die reibungslose und zügige Abwicklung der Ausbaumaßnahmen im öffentlichen Interesse und im Interesse der Stadt D. liege. Die Nichteinhaltung des Zeitplans führe zu einer Verteuerung und Finanzierungsengpässen bei der Stadt D., welche im öffentlichen Interesse nicht hinzunehmen seien. Gegenüber diesen besonderen öffentlichen Interessen habe das Interesse des Antragstellers, zunächst von dieser Anordnung verschont zu bleiben, zurückzutreten. Etwaige Entschädigungsregelungen seien einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.
Dagegen hat der Antragsteller unter dem 10. Dezember 2008 Widerspruch eingelegt.
Nachdem der Antragsteller am 12. Dezember 2008 beantragt hatte, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches gegen die vorläufige Anordnung vom 28. November 2008 wiederherzustellen, setzte die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung ihrer vorläufigen Anordnung mit Verfügung vom 20. Januar 2009 bis zum 11. Februar 2009 aus. Dem lag zugrunde, dass die Stadt D. am 19. Januar 2009 dem Antragsteller ein Angebot zum Erwerb der für die Trasse der Umgehungsstraße benötigten Grundflächen (Bedarfsflächen) unterbreitet hatte. Auf Grund übereinstimmender Erledigungserklärungen der Beteiligten ist das Verfahren mit Beschluss vom 28. Januar 2009 eingestellt worden.
Da sich der Antragsteller und die Stadt D. über den Erwerb der Bedarfsflächen nicht einigten, wies die Antragsgegnerin unter dem 13. Februar 2009 den Antragsteller darauf hin, dass auf Grund des Fristablaufes die vorläufige Anordnung vom 28. November 2008 wieder sofort vollziehbar sei.
Der Antragsteller hat am 18. Februar 2009 beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches gegen die vorläufige Anordnung vom 28. November 2008 wiederherzustellen. Zunächst führt er aus, dass die mit Verfügung vom 20. Januar 2009 befristete Aussetzung der sofortigen Vollziehung unstatthaft sei. Die kurze Befristung der Aussetzung der sofortigen Vollziehung sei ermessensfehlerhaft. Es sei nicht zu erwarten gewesen, dass innerhalb der kurzen Frist bis zum 11. Februar 2009 eine abschließende Vereinbarung zustande komme. Die Antragsgegnerin habe auch nicht ausgeführt, auf welcher rechtlichen Grundlage die sofortige Vollziehung erneut angeordnet worden sei. Zur Sache führt er aus: Der vorläufigen Anordnung fehle eine wirksame Planungsgrundlage. Sowohl die planungsrechtliche als auch die flurbereinigungsrechtliche Grundlage für die vorläufige Anordnung seien rechtsfehlerhaft und damit nichtig. Das gegen den o.a. Bebauungsplan gerichtete Normenkontrollverfahren sei nicht rechtskräftig abgeschlossen. Zusätzlich fehle es an einem wirksamen vollziehbaren Beschluss über die Einleitung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens. Ferner lägen die Voraussetzungen des § 36 FlurbG nicht vor. Angesichts der langen Verfahrensdauer und des Verfahrensablaufs lägen dringende Gründe für eine vorläufige Anordnung nicht vor. Ferner habe sich die Stadt D. nicht ernsthaft um den freihändigen Erwerb der Flächen bemüht. Insoweit sei ihr Verhalten rechtsmissbräuchlich, weil im Zusammenhang mit dem anhängig gewesenen Normenkontrollverfahren vereinbart worden sei, über den Ankauf von Flächen zur Größe von 8 ha zu verhandeln. Diese Verhandlungen habe die Stadt D. einseitig abgebrochen. Das Angebot der Stadt D. vom 19. Januar 2009 sei unangemessen. Die bereitgestellte Ersatzfläche sei nicht gleichwertig. Unter Berücksichtigung der Darstellungen im Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Wittmund zeige sich die höhere Qualität seiner Flächen. Auch der 1. Senat des erkennenden Gerichts habe ausgeführt, dass die Fläche zwischen Trasse und dem Ort C. kein landwirtschaftlicher Außenbereich sei. Diese Flächen seien für die kommunale Siedlungsentwicklung vorgesehen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass von der Hofstelle weit entfernte Ersatzflächen zugewiesen worden seien. Ferner bestreite er die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung sei nicht gegeben. Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2009 ergänzt und vertieft der Antragsteller sein bisheriges Vorbringen.
Die Antragsgegnerin tritt den Einwänden des Antragstellers entgegen.
Der gegen den Bebauungsplan Nr. 67 "Kommunale Entlastungsstraße C." - Teilpläne I und II - der Stadt D. vom 20. September 2004 gerichtete Normenkontrollantrag des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben (Urteil des 1. Senats des erkennenden Gerichts vom 22. Mai 2008 - 1 KN 149/05 -, NuR 2008, 805); der Antragsteller hat gegen die Entscheidung im Normenkontrollverfahren, die Revision nicht zuzulassen, Beschwerde eingelegt, über die eine Entscheidung noch aussteht.
Der Antragsteller hat am 4. August 2008 die unter dem Aktenzeichen 15 KF 13/08 anhängige Klage erhoben, mit der er die Aufhebung des Änderungsbeschlusses der Antragsgegnerin vom 5. September 2006 begehrt. Am 17. Februar 2009 hat er die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den vorgenannten Änderungsbeschluss beantragt. Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten in diesen Verfahren wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (15 KF 13/08, 15 MF 24/08 und 15 MF 5/09) und der jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der nach § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die vorläufige Anordnung der Antragsgegnerin vom 28. November 2008 wiederherzustellen, hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist statthaft. Auf Grund des Auslaufens der befristeten Aussetzung der sofortigen Vollziehung durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 20. Januar 2009 ist die angefochtene vorläufige Anordnung seit dem 12. Februar 2009 wieder nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbar. Mit Schreiben vom 13. Februar 2009 hat die Antragsgegnerin auf diese Rechtslage lediglich hingewiesen. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann hierin nicht die erneute Anordnung der sofortigen Vollziehung gesehen werden. Die Aussetzung der sofortigen Vollziehung führt nicht zur Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Mai 2004 - 15 B 748/04 -, NVwZ-RR 2004, 725; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rdnr. 213; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 4. Aufl., 2007, § 80 Rdnr. 60; Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl., 2008, Rdnr. 841). Es unterliegt auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die Behörde ihre Entscheidung, die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes auszusetzen, mit Bedingungen, Auflagen und Befristungen verbindet (vgl. Schoch, a.a.O., Rdnr. 215; Funke-Kaiser, a.a.O., Rdnr. 61; für den Fall der Befristung: BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - BVerwG 4 VR 19.01, 4 A 40.01 -, Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 66).
Die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehung ihrer vorläufigen Anordnung vom 28. November 2008 besonders angeordnet (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) und das besondere Interesse an der Vollziehung in ausreichendem Maße und in nachvollziehbarer Weise schriftlich begründet (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Die angeführte Begründung genügt den gesetzlichen Anforderungen, weil sie die fallbezogenen Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Bezug auf die vorläufige Anordnung angibt und es damit dem Antragsteller ermöglicht, seine Rechte wahrzunehmen. Dass hier die angeführten Gründe der Dringlichkeit, die den Erlass einer vorläufigen Anordnung nach §§ 36 Abs. 1 Satz 1, § 88 Nr. 3 Satz 1 FlurbG geboten erscheinen lassen, mit denen, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO rechtfertigen sollen, im Wesentlichen übereinstimmen, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren zielt maßgeblich darauf ab, die mit der Realisierung des Unternehmens verbundenen Nachteile möglichst zu beseitigen oder gering zu halten (§ 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Dies bedingt zugleich eine beschleunigte Durchführung der Flurbereinigung. Deshalb kann die besondere Dringlichkeit, die zur Erreichung dieses Gesetzeszwecks erforderlich ist und die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigt, durch die baldige Umsetzung des zugrunde liegenden Vorhabens - etwa durch den Baubeginn - begründet sein. Hinsichtlich der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung erachtet es der Senat deshalb in Fällen einer Flurbereinigung nach §§ 87 ff. FlurbG für ausreichend, wenn die Flurbereinigungsbehörde - wie hier - maßgeblich darauf abgestellt hat, dass die Baumaßnahme des Vorhabenträgers zeitnah bevorsteht (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2008 - 15 MF 22/07 -, RdL 2008, 208 = AUR 2008, 383; Bay. VGH, Beschluss vom 4. Januar 1982 - 13 AS 81 A.1266, A.1268 -, RzF § 61 S. 9 [10]; für den Fall der vorläufigen Besitzeinweisung BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980 - 2 BvR 1068/80 -, RzF § 65, S. 43; Bay. VGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 13 AS 07.168 -, juris; Senatsbeschluss vom 26. August 2008 - 15 MF 15/08 -, RdL 2008, 293 = NL-BzAR 2008, 471).
Im Rahmen eines Antrages nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann der Senat die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Dabei ist neben der Einhaltung der formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu prüfen, ob das Interesse des Antragstellers, von einer Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zur Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit in einem Verfahren zur Hauptsache verschont zu bleiben, das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Durchsetzung überwiegt. Bei der in diesem Rahmen zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung des Senats kommt es maßgeblich darauf an, ob der Rechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, voraussichtlich Erfolg haben wird. Hat der Rechtsbehelf auf Grund der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes aller Voraussicht nach Erfolg, ist dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattzugeben, weil der Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht im öffentlichen Interesse liegen kann. Ein überwiegendes öffentliches Interesse ist hingegen in der Regel dann gegeben, wenn bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu erkennen ist, dass der Rechtsbehelf des Antragstellers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet; denn an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich zu Unrecht angefochtenen Verwaltungsaktes besteht regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse (st. Rspr. d. Senats, vgl. Beschlüsse des Senats vom 11. Dezember 2008 - 15 MF 19/08 -, NL-BzAR 2009, 85 und vom 26. August 2008, a.a.O., mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung).
Nach Maßgabe dessen liegen die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. November 2008 nicht vor. Der Widerspruch des Antragstellers wird offensichtlich ohne Erfolg bleiben. Nach der in dem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist von der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Anordnung auszugehen.
Sie ist formell rechtmäßig. Insbesondere hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller vor Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes Gelegenheit gegeben, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern (§ 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 VwVfG).
Ebenso liegen die Voraussetzungen für die vorläufige Anordnung in materiell-rechtlicher Hinsicht vor. Nach §§ 88 Nr. 3 Satz 1, § 36 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann auf Antrag der für das Unternehmen zuständigen Behörde die Flurbereinigungsbehörde eine vorläufige Anordnung erlassen, wenn es aus dringenden Gründen erforderlich ist, bereits vor der Ausführung des Flurbereinigungsplans den Besitz oder die Nutzung von Grundstücken zu regeln. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Zunächst liegt ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren vor. Der Einleitungsbeschluss des Amtes für Agrarstruktur A. vom 20. Dezember 2002 in der Fassung des Änderungsbeschlusses der Antragsgegnerin vom 5. September 2006 ist wirksam und vollziehbar. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung des § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf seine Ausführungen in seinem Beschluss vom 25. Februar 2009 - 15 MF 5/09 -, Beschlussabdruck S. 9, mit dem er den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen den genannten Änderungsbeschluss gerichteten Klage abgelehnt hat.
Die Antragsgegnerin hat die vorläufige Anordnung auf Antrag der für das Unternehmen zuständigen Behörde - hier in Bezug auf den o.a. Bebauungsplan die Stadt D. - erlassen.
Von einer erforderlichen Dringlichkeit im Hinblick auf die Verwirklichung des Unternehmens ist dann auszugehen, wenn die Maßnahme nicht bis zum Erlass des Flurbereinigungsplans und seiner Ausführung warten kann. Dabei wird es bei einer Unternehmensflurbereinigung oft sowohl im Interesse des Trägers des Unternehmens als auch in dem der Gesamtheit der Teilnehmer der Flurbereinigung liegen, dass mit der Umsetzung des Unternehmens bereits vor Erlass und Ausführung des Flurbereinigungsplans begonnen wird, damit die mit dem Unternehmen verbundenen Eingriffe im Flurbereinigungsplan sachgerecht bewältigt werden können. Diese Notwendigkeit macht es regelmäßig erforderlich, die Ausführung des Unternehmens vorzuziehen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. März 2008, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. April 1986 - 7 S 3361/85 -, NVwZ 1986, 490 [491]). Dabei ist der Erlass der vorläufigen Anordnung nicht auf die für das Unternehmen im engeren Sinne notwendigen Flächen (etwa der Straßenanlagen) beschränkt, sondern auch für Flächen möglich, die für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft oder vorübergehend als Arbeitsstreifen vorgesehen sind (vgl. Beschluss des Senats vom 22. Juli 1996 - 15 M 3533/96 -, RdL 1996, 305 [306]; Wingerter, in: Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, 8. Aufl., 2008, § 88 Rdnr. 7).
Nach Maßgabe dessen liegen dringende Gründe für die im Wege der vorläufigen Anordnung vorläufig angeordnete Entziehung der Besitz- und Nutzungsrechte hinsichtlich der Bedarfsflächen sowie der Flächen für den Arbeitsstreifen und für die Baustelleneinrichtung vor. Die Dringlichkeit der Entziehung des Besitzes und der Nutzung der genannten Flächen ergibt sich daraus, dass ein wesentlicher Teil der Finanzierung des Unternehmens durch Mittel nach dem GVFG davon abhängig ist, dass das Straßenbauvorhaben bis Ende 2010 durchgeführt wird und deshalb mit dem Baubeginn nicht bis zum Erlass des Flurbereinigungsplans und dessen Ausführung (§§ 61, § 63 FlurbG) gewartet werden kann. Im Hinblick hierauf ist anerkannt, dass auch die Sicherung zugesagter, bei Nichtabruf unter Umständen verfallender öffentlicher Zuschüsse einen beachtlichen Dringlichkeitsgrund im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 FlurbG darstellt (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. Mai 2006 - 13 AS 06.977 -, juris; Schwantag, in: Schwantag/Wingerter, a.a.O., § 36 Rdnr. 15 mit weiteren Nachweisen). Die vom Antragsteller angeführte Dauer und der Ablauf des Flurbereinigungsverfahrens stellen die dargelegte Dringlichkeit des Entzugs der Besitz- und Nutzungsrechte für die o.a. Flächen nicht in Frage.
Diesem öffentlichen Interesse stehen keine überwiegenden privaten Interessen des Antragstellers gegenüber. Durch die vorläufige Anordnung werden die flurbereinigungsrechtlichen Ansprüche des Antragstellers auf wertgleiche Abfindung in Land unter Berücksichtigung des festgesetzten Landabzugs (§ 88 Nr. 4 FlurbG), dem alle Teilnehmer an der Flurbereinigung unterworfen sind, und auf Entschädigung (§§ 88 Nr. 3 Satz 3, § 89 FlurbG) nicht berührt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der mit dem Unternehmen verbundene Landverlust allein beim Antragsteller verbleibt. Denn das Unternehmensflurbereinigungsverfahren zielt gerade darauf ab, den unternehmensbedingten Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen und damit verbundene Nachteile für die allgemeine Landeskultur zu vermeiden (§ 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Deshalb ist davon auszugehen, dass die mit dem Unternehmen verbundenen Landverluste wenn nicht vollständig, so doch größtenteils durch Abfindung in Land ausgeglichen werden. Des Weiteren bewirtschaftet der Antragsteller seine landwirtschaftliche Hofstelle selbst nicht. Die Hofstelle wird auch nicht mehr von einem einzelnen Pächter bewirtschaftet. Vielmehr hat der Antragsteller die landwirtschaftlichen Flächen seiner Hofstelle an verschiedene Pächter verpachtet, so dass die betriebswirtschaftlichen Nachteile im Vergleich zu einer Bewirtschaftung durch den Eigentümer oder einen Pächter geringer ausfallen. Zudem hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller zum Ausgleich des mit der vorläufigen Anordnung verbundenen Flächenentzuges eine annähernd gleich große Ersatzfläche bereitgestellt. Zu Recht macht der Antragsteller aber geltend, dass die bereitgestellte Ersatzfläche am westlichen Rand des Verfahrensgebietes und damit deutlich von der Hofstelle gelegen ist, so dass er sich hierdurch weiter benachteiligt sieht. In diesem Fall verbleibt ihm aber dem Grunde nach ein Anspruch gegen den Träger des Unternehmens nach § 88 Nr. 3 Satz 3 FlurbG, denn nur soweit die mit der vorläufigen Anordnung verbundenen Nachteile durch die vorläufige Bereitstellung von Ersatzflächen ausgeglichen werden, entfällt der Entschädigungsanspruch des betroffenen Teilnehmers (§ 88 Nr. 3 Satz 3 Halbsatz 2 FlurbG). Dabei ist aber die betriebliche Situation der Pächter mit einzustellen, an die der Antragsteller seine landwirtschaftlichen Flächen verpachtet hat.
Des Weiteren liegt in dem o.a. Bebauungsplan der Stadt D. eine wirksame Planungsgrundlage für die vorläufige Anordnung vom 28. November 2008 vor. Insoweit ist nicht erforderlich, dass der Bebauungsplan unanfechtbar ist. Aus § 87 Abs. 2 Satz 2 FlurbG ist zu schließen, dass für die (teilweise) vorweggenommene Verwirklichung des Unternehmens die Vollziehbarkeit der Planungsgrundlage erforderlich, aber auch ausreichend ist. Diesen Anforderungen genügt der dem Unternehmen zugrunde liegende Bebauungsplan. Dieser ist am 28. Februar 2005 in Kraft getreten und das dagegen gerichtete Normenkontrollverfahren beseitigt für sich nicht dessen Gültigkeit (§ 47 Abs. 6 VwGO). Der Antragsteller kann deshalb nicht damit gehört werden, dass die Entscheidung des 1. Senats des erkennenden Gerichts über den Normenkontrollantrag des Antragstellers noch nicht rechtskräftig ist, denn dies berührt die Gültigkeit des Bebauungsplans nicht.
Soweit der Antragsteller vorträgt, der Vorhabenträger habe sich nicht ernsthaft um den freihändigen Erwerb der Bedarfsflächen zu angemessenen Bedingungen bemüht, insbesondere die im Zusammenhang mit dem Normenkontrollverfahren vereinbarten Verhandlungen einseitig abgebrochen, greift dieser Einwand nicht durch. Zum einen ist Gegenstand der Unternehmensflurbereinigung allein das mit dem o.a. Bebauungsplan festgesetzte Straßenbauvorhaben, so dass nicht entscheidungserheblich ist, ob sich der Vorhabenträger neben den eigentlichen Bedarfsflächen ernsthaft um den Erwerb weiterer Flächen bemüht hat. Zum anderen hat sich die Stadt D. als Vorhabenträger ernsthaft um die freihändigen der für das Straßenbauvorhaben benötigten Flächen zu angemessenen Bedingungen bemüht. Auch insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung des § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf seine Ausführungen in seinem Beschluss vom 25. Februar 2009 - 15 MF 5/09 - (Beschlussabdruck S. 11 bis 13).