Flurbereinigungsgericht Kassel, Beschluss vom 25.10.2001 - 23 F 2342/01
Aktenzeichen | 23 F 2342/01 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 25.10.2001 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Kassel | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zur Begründung der Sofortvollzugsanordnung für eine aus sich heraus schon eilbedürftige vorläufige Anordnung i.S.v. § 36 FlurbG reicht die Bezugnahme auf deren tragende Gründe. |
2. | Bei Beurteilung der Dringlichkeit der Wiederherstellung einer gemarkungsübergreifenden Wegeverbindung kommt es nicht allein auf die derzeitigen Bewirtschafter an, die die Verbindung nicht benötigen. Vielmehr dürfen wegen der Wegeverbindung mögliche Standorte anderer Bewirtschafter nicht außer Acht bleiben. |
3. | Im Rahmen der Beweissicherung sind vorherige Zustandsbeschreibungen als Grundlage für die spätere Wertermittlung nicht erforderlich, wenn dafür unmittelbar benachbarte Grundstücksflächen noch zur Verfügung stehen, die eine aussagekräftige Bewertung der in Anspruch genommenen Flächen erwarten lassen. |
Aus den Gründen
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung leidet nicht an einem Begründungsmangel. Sie entspricht gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO noch den Anforderungen der ausreichenden Begründung. Der Antragsgegner hat zur Begründung des Sofortvollzugs auf die Begründung der vorläufigen Anordnung Bezug genommen, wonach die Anbindung des Hauptwirtschaftsweges Gemarkung A., Flur 1, Flurstück 853/1 an die Weiterführung dieses Hauptwirtschaftsweges in der Gemarkung L., Flur 3, Flurstück 127 zwingend erforderlich sei, da der landwirtschaftliche Verkehr ansonsten über die dort stark befahrene K 21 geführt werden müsste. Damit hat der Antragsgegner den Sofortvollzug unter Bezug auf die Dringlichkeit der vorläufigen Anordnung begründet. Das ist zulässig, denn die Dringlichkeit der vorläufigen Anordnung kann sich mit den Gründen des Sofortvollzugs decken, so dass es nicht erforderlich ist; die für die Dringlichkeit sprechenden Gründe in der Begründung des Sofortvollzugs zu wiederholen. In der Rechtsprechung des Senats ist daher anerkannt, dass es bei der Begründung des Sofortvollzugs zulässig ist, auf die Begründung der vorläufigen Anordnung Bezug zu nehmen, wenn aus dieser bereits die besondere Dringlichkeit klar hervorgeht (Beschluss des Senats vom 29.11.1993 - F 2556/93 ), wie dies hier der Fall ist.
Es liegen auch dringende Gründe für die angeordnete Besitzentziehung vor. Wann die Voraussetzungen für das Vorliegen dringender Gründe im vorgenannten Sinne gegeben sind, lässt sich nicht generell beantworten, sondern hängt immer von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Hier ergibt sich die Dringlichkeit der vorläufigen Anordnung daraus, dass die Flurbereinigung letztlich dem Ziel dient, dem gegenüber dem Antragsteller unanfechtbaren Planfeststellungsbescheid des Regierungspräsidiums G. zur Ausführung zu verhelfen und die durch den Dammbau verursachte Unterbrechung des gemarkungsübergreifenden Hauptwirtschaftsweges zu beseitigen. Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die geplante Wegeanbindung nicht mit schwerem landwirtschaftlichen Gerät, wie es zur Bodenbearbeitung nötig sei, befahrbar sei, da die Wiederherstellung der Wegeverbindung auch neben der eingeschränkten Nutzung mit landwirtschaftlichem Gerät nicht nur der Zugänglichkeit der im Staubereich liegenden Grundstücke, sondern auch der sonstigen Nutzung eines gemarkungsübergreifenden Wirtschaftsweges dient. Es kommt daher auch nicht darauf an, dass die im Staubereich gelegenen Grundstücke nur von Landwirten aus der Gemarkung L. und nicht der Gemarkung A. bewirtschaftet werden, die die Wegeanbindung nicht benötigten, weil sie die K 21 benützten. Insoweit sei nur angemerkt, dass bei der Beurteilung der Erforderlichkeit und Dringlichkeit (der Behebung) einer gemarkungsübergreifenden Wegeunterbrechung/-verbindung nicht allein auf die Nutzung der gegenwärtigen Grundstücksberechtigten abgestellt werden darf, vielmehr dürfen auch mögliche künftige Standorte der die Grundstücke bearbeitenden Landwirte nicht außer Acht gelassen werden. Das bedeutet, dass die dringende Behebung der Wegeunterbrechung nicht deshalb entfällt, weil die im Staubereich gelegenen Grundstücke ohne ihre Inanspruchnahme bewirtschaftet werden können.
§ 36 Abs. 2 FlurbG, wonach die Flurbereinigungsbehörde den Zustand eines Grundstücks für die Ermittlungen des Wertes und für die Bemessung der Entschädigung festzustellen hat, soweit er hierfür von Bedeutung ist, steht der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Anordnung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann allerdings die vorherige Feststellung des Zustandes des Grundstücks in Bezug auf seine Topografie, seine Bodenzusammensetzung, seine Wasserverhältnisse, seinen Bewuchs und seine sonstige Beschaffenheit vor Erlass der vorläufigen Anordnung erforderlich sein, um sie in einem eventuellen späteren Streit um die Wertermittlung als Grundlage für eine Streitentscheidung als sicheren Beweis zu haben (Beschluss des Senats vom 12.10.1984 - F R 2287/84 -, RzF - 2 - zu § 36 Abs. 2 FlurbG). Die Beweissicherungspflicht besteht jedoch nur, wenn ernstlich zu besorgen ist, dass die Grundstücksveränderung für voraussehbare Nachteile ursächlich werden könnte (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1972 - V B 20.72 - RzF - 1 - zu § 36 Abs. 2 FlurbG). In dem Beschluss des Senats vom 12.10.1984 ging es um die Inanspruchnahme eines Grundstücks zum Straßenbau unter völliger Veränderung seiner Bodengestaltung und -zusammensetzung, was mit der hier in Frage stehenden bloßen Wegeverbindung nicht gleichzusetzen ist. Im vorliegenden Fall ist eine besondere vorherige Zustandsbeschreibung als Grundlage für die spätere Wertermittlung nicht erforderlich, da die unmittelbar benachbarten Grundstücksflächen dafür noch zur Verfügung stehen und aussagekräftige Bewertungen für die in Anspruch genommene Wegefläche erwarten lassen.Anmerkung
Der Beschluss ist unanfechtbar.