Amtsgericht Münchberg/Ofr., Urteil vom 29.10.1963 - G 15/63

Aktenzeichen G 15/63 Entscheidung Urteil Datum 29.10.1963
Gericht Amtsgericht Münchberg/Ofr. Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Gegen Anordnungen nach § 36 FlurbG ist der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten verschlossen.

Aus den Gründen

Es handelt sich im vorliegenden Fall um einen Streit, den die Verfügungsklägerin nicht als Eigentümerin des Grundstücks Flurstück Nr. 401, sondern als Mitglied der Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung Förstenreuth mit der Verfügungsbeklagten führt. Unbestritten ist das Grundstück Flurstück Nr. 401 in das Flurbereinigungsverfahren einbezogen. Wenn nun im Zuge des Wegeausbaus Teilflächen dieses Grundstücks zur Verbreiterung des Weges in Anspruch genommen werden, so geschieht dies im Vollzug der nach § 36 FlurbG, Art. 2 Abs. 1 Nr. 6 AGFlurbG, erlassenen vorläufigen Anordnung vom 10.1.1963. Mit der begehrten einstweiligen Verfügung will die Verfügungsklägerin die Durchsetzung der vorläufigen Anordnung verhindern. Sie tritt also in Wahrheit einem Verwaltungsakt der Teilnehmergemeinschaft, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (§ 16 S. 2 FlurbG) entgegen. Nach § 36 FlurbG in Verb. mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 6 AGFlurbG kann der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft vor Ausführung des Flurbereinigungsplanes aus dringenden Gründen vorläufige Anordnungen zur Regelung des Besitzes oder der Nutzung von Grundstücken oder der Ausübung anderer Rechte erlassen. Ein derartig dringender Grund liegt vor allem vor, wenn den Beteiligten für den vorzeitigen Ausbau von Wegen (§ 42 Abs. 1 S. 2 FlurbG) das Besitz- oder Nutzungsrecht ganz oder teilweise entzogen werden soll. Gegen die vorläufige Anordnung ist der Rechtsweg der Beschwerde zum Flurbereinigungsamt und gegen dessen Entscheidung die Anfechtungsklage zum Flurbereinigungsgericht gem. § 140 ff. FlurbG, Art. 27 AGFlurbG zulässig. Durch diese Regelung ist der ordentliche Rechtsweg für Streitigkeiten, die sich zwischen der Verfügungsklägerin und der Teilnehmergemeinschaft aus der Flurbereinigung ergeben, ausgeschlossen. Die Teilnehmergemeinschaft ist kraft der ihr durch das Gesetz verliehenen öffentlichen Gewalt berechtigt, einseitig in den Rechtsbereich ihrer Mitglieder einzugreifen. Der einzelne Beteiligte steht insoweit in einem Unterordnungsverhältnis zu der Teilnehmergemeinschaft. Es liegt sonach ein öffentlich-rechtliches Verhältnis vor. Gegenstand des Streites ist die Landabgabe zum Wegebau, zu der die Verfügungsklägerin als Mitglied der Teilnehmergemeinschaft herangezogen wird. Für die Entscheidung dieses Streites ist nicht der ordentliche Rechtsweg, sondern der Verwaltungsrechtsweg nach Maßgabe der § 138 ff. FlurbG gegeben.

Die Verfügungsklägerin hat es auch nicht in der Hand, die Sache auf dem Umweg über eine Abwehrklage nach § 1004 BGB vor das ordentliche Gericht zu bringen. Mit dieser Klage kann zwar der Eigentümer regelmäßig gegen rechtswidrige Eingriffe in sein Eigentum vorgehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs ist aber bei einer solchen Abwehrklage der Rechtsweg ausgeschlossen, wenn schon nach dem Klagevortrage der abzuwehrende Eingriff auf Grund der Herrschaftsgewalt des Staates stattgefunden hat; denn die Klage wendet sich hier gegen den auf Grund Staatshoheitsrechts vorgenommenen Eingriff und bezweckt die Beseitigung des Eingriffs. Die Rechtsprechung hat daher stets die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs verneint, wenn die Klage aus § 1004 BGB sich gegen die öffentlich-rechtliche Körperschaft richtet, die wie hier auf Grund Staatshoheitsrechts in das Eigentum des Klägers störend eingegriffen hat (BGHZ 5, 82 und die dort angeführten höchstrichterlichen Entscheidungen; Lauterbach-Baumbach ZPO 26. Aufl. Anm. 4 B).

Sonach ist festzustellen, daß der Verfügungsklägerin für die Geltendmachung ihres Widerspruchs gegen die Heranziehung ihres Grundstücks Flurstück Nr. 401 zum Wegeausbau in dem vom Vorstand der Teilnehmergemeinschaft vorgesehenen Umfang der ordentliche Rechtsweg verschlossen ist. Sie kann daher auch nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung eine einstweilige Regelung in Bezug auf die Inanspruchnahme des Grundstücks verlangen. Anders wäre die Sache zu beurteilen, wenn das Grundstück Flurstück Nr. 401 nicht zum Flurbereinigungsgebiet gehören würde, aber gleichwohl von der Flurbereinigung in irgendeiner Weise herangezogen worden wäre.