Flurbereinigungsgericht Koblenz, Beschluss vom 22.07.1988 - 9 B 4/88 = RdL 1989 S. 195
Aktenzeichen | 9 B 4/88 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 22.07.1988 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | = RdL 1989 S. 195 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Flurbereinigungsbehörde kann in der Weinbergsflurbereinigung Vorwegmaßnahmen wie das Entfernen von Rebstöcken und Erdplanierungen auch dann vor der Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes anordnen und für sofort vollziehbar erklären, wenn die ebenfalls im Flurbereinigungsgebiet zuständige Aufbaugemeinschaft bereits eine Abräumungsanordnung, die auf Beseitigung der vorhandenen Rebstöcke gerichtet ist, erlassen hat. |
Aus den Gründen
Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann aus dringenden Gründen schon vorweg ausgeführt werden, was in der Regel dem Flurbereinigungsplan vorbehalten ist.
Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt sprechen die Umstände des vorliegenden Falles nicht für die Rechtswidrigkeit der getroffenen Anordnung, sondern eher dafür, daß die Vorwegregelung den genannten gesetzlichen Erfordernissen entspricht. Denn die Erdbauarbeiten, derentwegen der Besitz und die Nutzung dem Antragsteller entzogen wird, haben ihre Grundlage in dem Wege- und Gewässerplan, der in diesem Punkt von der Landespflegebehörde und den beteiligten Naturschutzverbänden gebilligt worden ist. Die genannte Baumaßnahme dient auch erkennbar der besseren Bewirtschaftung des Weinbergsgeländes, so daß sie unter diesem Gesichtspunkt von der gesetzlichen Ermächtigung der § 37 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2, § 41 Abs. 1 FlurbG gedeckt wird. Hieran vermag auch der Hinweis des Antragstellers nichts zu ändern, daß die vorgesehenen Planierungsarbeiten in der Lage "O. i. G." Verschlechterungen des Oberbodens nach sich ziehen könnten. Die Frage, ob die der Teilnehmergemeinschaft obliegenden Bauarbeiten sachgerecht und ordnungsgemäß ausgeführt werden, berührt die Rechtmäßigkeit der Anordnung nicht. Denn im Falle einer mangelnden Ausführung haben die Beteiligten die rechtliche Möglichkeit, gegen die schlechte Ausführung der Baumaßnahmen im Rechtswege vorzugehen.
Die offensichtliche Rechtswidrigkeit der nach § 36 FlurbG getroffenen vorläufigen Anordnung ergibt sich im übrigen auch nicht daraus, daß die Aufbaugemeinschaft einen Abräumungsbeschluß erlassen hat, der noch nicht bestandskräftig geworden ist. Der Senat hat bereits in seinem Beschluß vom 17.08.1978 - 9 D 5/78 - klargestellt, daß eine nach § 14 Abs. 2 des Weinbergsaufbaugesetzes vom 12.05.1953 (GVBl. S. 54), zuletzt geändert durch Landesgesetz vom 29.03.1976 (GVBl. S. 85), - WeinbAufbG - erlassene Abräumungsverfügung von einer nach § 36 Abs. 1 Satz 1 FlurbG getroffenen vorläufigen Anordnung unabhängig ist. Denn beiden gesetzlichen Bestimmungen liegen verschiedene Zielrichtungen zugrunde. Die gesetzliche Aufgabe der Aufbaugemeinschaft besteht darin, die mit dem planmäßigen Rebenwiederaufbau verbundenen Maßnahmen zu treffen (vgl. §§ 1 Abs. 3, 11 Abs. 1 WeinbAufbG). Dazu gehören nicht die von der Flurbereinigungsbehörde vorgesehenen Baumaßnahmen, wie etwa das Anlegen von Wirtschaftswegen, die Herstellung von wasserwirtschaftlichen Anlagen oder die Durchführung geländegestaltender Erdplanierungen, die gemäß § 18 Abs. 1 FlurbG der Teilnehmergemeinschaft als der gesetzlich zuständigen Bauträgerin obliegen. Zwar kann das Abräumen aufstehender Rebstöcke im Altbesitz und die Beseitigung vorhandener Rebanlagen sowohl eine Maßnahme des planmäßigen Rebenwiederaufbaus wie auch eine Folge der von der Teilnehmergemeinschaft durchzuführenden Bauarbeiten sein. Die Abräumung des Weinbergs stellt sich jedenfalls - wie im vorliegenden Falle - als eine Maßnahme der Teilnehmergemeinschaft dar, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit Ausbauarbeiten vorgenommen wird und sie ihre Rechtsgrundlage in § 36 FlurbG findet. An dieser Auffassung ist festzuhalten. Die Flurbereinigungsbehörde handelt daher nicht schon deshalb rechtsmißbräuchlich, wenn sie von der gesetzlichen Möglichkeit nach § 36 FlurbG, einen Sachverhalt schon vor der Ausführung des Flurbereinigungsplanes zu regeln, Gebrauch macht. Das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs verdient daher nicht den Vorzug, weil die vorläufige Anordnung nicht offensichtlich rechtswidrig ist.
Das Interesse der übrigen Weinbergseigentümer richtet sich erkennbar darauf, den Besitz der neu zugeteilten Weinbergsgrundstücke möglichst bald und ungehindert antreten zu können. Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als die hier streitige Baumaßnahme zu einer zeitlichen Schmälerung der betrieblichen Erzeugungsgrundlage mit den daraus resultierenden Ertrags- und Einkommenseinbußen führt. Solche unumgänglichen vorübergehenden Nachteile der Bodenneuordnung sind nur dann in erträglichen Grenzen zu halten, wenn die neuen Weinbergsgrundstücke rasch zugeteilt und alle die Zuweisung ermöglichenden Baumaßnahmen vorweg ausgeführt werden. Die von der Flurbereinigungsbehörde für das Frühjahr 1989 vorgesehene Vorlage des Flurbereinigungsplanes mit der daran anschließenden Besitzüberleitung setzt aber voraus, daß die Geländeplanierungen dann abgeschlossen und die Wege- und Wasserführungen soweit hergestellt sind, daß die Planempfänger ihre neuen Weinbergsgrundstücke bestimmungsgemäß bewirtschaften können.