Flurbereinigungsgericht Koblenz, Beschluss vom 25.02.1976 - 3 D 2/76
Aktenzeichen | 3 D 2/76 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 25.02.1976 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zum Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine vorläufige Anordnung. |
Aus den Gründen
Die Obere Flurbereinigungsbehörde hat die sofortige Vollziehung der vorläufigen Anordnung vom 20.11.1975 in ihrem Beschwerdebescheid vom 14.1.1976 mit einer Begründung versehen, die den gesetzlichen Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Rechnung trägt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann entweder von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, oder während des Vorverfahrens von der Beschwerdebehörde, wie im vorliegenden Falle geschehen, ausgesprochen werden (vgl. Redeker - von Oertzen, VwGO, 4. Aufl., Anm. 20 zu § 80). Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hätte bereits dann Erfolg, wenn die in der Hauptsache angefochtene vorläufige Anordnung nach den in diesem Eilverfahren gewonnenen Erkenntnissen offenbar rechtsfehlerhaft wäre. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtsfehlerhaften Verwaltungsaktes besteht an sich schon in aller Regel kein besonderes öffentliches Interesse (BVerwG in NJW 1974, 1294). Im Rahmen dieses Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO kann und braucht jedoch nicht bereits entschieden zu werden, ob die Klage offenbar zum Erfolg führt oder nicht. Jedenfalls ist die Klage nicht offensichtlich begründet, da es in der Rechtsprechung anerkannt ist, daß vorläufige Anordnungen nach § 36 FlurbG bezüglich öffentlicher Anlagen zugunsten des zuständigen Bauträgers zulässig sind (vgl. HessVGH, Urteil vom 13.11.1964 - F III 49/62 - in RdL 1965, 133; BayVGH, Urteile vom 10.5.1968 - Nr. 18 VII 68 in Innere Kolonisation 1971, 57 - Leitsatz - sowie vom 15.6.1972 - Nr. 30 XIII 71 - AgrarR 1972, 503). Hinzu kommt, daß die Beschwerdebehörde die wenig schlüssige Begründung der Anordnung nach § 36 FlurbG durch die Flurbereinigungsbehörde mit konkreten Ausführungen abgestützt hat, was unbedenklich statthaft ist.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es somit entscheidend darauf an, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der vorzeitigen Besitzregelung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage überwiegt. Dies kann im vorliegenden Falle aufgrund der hier zulässigen summarischen Prüfung des Tatsachenvorbringens bejaht werden. Die von dem beklagten Land vorgelegte Karte 1: 1 000 läßt eine ungünstige Linienführung der alten K 27 erkennen, so daß sich der geplante Straßenneubau unzweifelhaft als eine Maßnahme darstellt, die der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs dient. Nach dem abgeschlossenen Ausbau des 1. Bauabschnitts richtet sich das öffentliche Bedürfnis darauf, den verkehrstechnisch notwendigen Anschluß durch Verwirklichung des weiteren 2. Bauabschnitts herzustellen. Der im Verkehrsinteresse liegende rasche und zeitlich ununterbrochene Ausbau ermöglicht es gleichzeitig, die Maßnahmen des in der Flurbereinigung geplanten Wege- und Gewässernetzes an diese Bauarbeiten anzupassen. Gegenüber diesen Erwägungen müssen die berechtigten privaten Interessen des Antragstellers zurücktreten. Denn die vorzeitige Besitzregelung schafft für ihn keinen Zustand, der durch Sachrestitution nicht wieder ausgeglichen werden könnte. Der Antragsteller hat in der Flurbereinigung keinen dauernden Sachentzug hinzunehmen, vielmehr den gesetzlichen Anspruch auf Zuteilung einer wertgleichen Landabfindung. Für den vorzeitigen Besitzentzug ohne gleichwertige Zuteilung der Landabfindung eröffnet das Gesetz angemessene und ausreichende Entschädigungsregelungen (§ 36 Abs. 1 Satz 2, § 51 FlurbG).