Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 06.05.1966 - VI 214/65

Aktenzeichen VI 214/65 Entscheidung Urteil Datum 06.05.1966
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Der nach § 29 FlurbG ermittelte Gebäudewert, für den der Eigentümer nach § 50 Abs. 4 FlurbG gesondert abzufinden ist, braucht sich nicht mit dem Wert zu decken, den sich der Übernehmer anrechnen lassen muß. Die nach § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG gebotene Zugrundelegung der nach § 27 bis § 33 FlurbG ermittelten Werte bei der Landabfindung läßt die Möglichkeit offen, von dem Übernehmer Erstattung in Geld zu verlangen.
2. Der Übernehmer muß sich nur den Wert anrechnen lassen, den das Gebäude für ihn nach seinen betriebswirtschaftlichen Verhältnissen hat. Im übrigen (Differenz zwischen Entschädigung und Erstattung und evtl. Abbruchkosten) entstehen Ausführungskosten.
3. Die fehlende Bereitschaft des vorgesehenen Übernehmers, einen hiernach angemessenen Betrag zu zahlen und die Höhe der finanziellen Belastung der TG, kann bei der nach § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG erforderlichen Abwägung der Interessen der Beteiligten und der Berücksichtigung des Wohles der Allgemeinheit ins Gewicht fallen.

Aus den Gründen

Da das Geb. 5 der Beigeladenen durch das Hofgrundstück des Klägers (an zwei Seiten) und das anschließende Hofgrundstück des Sohnes des Klägers (an einer Seite) umrahmt ist, lag es nahe, dieses Flurstück dem Kläger ganz zuzuteilen. Die Möglichkeit dazu gibt § 45 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG (vgl. Urt.d.erk.Senats vom 25.7.1961 - 5 S 295/59). Die Zuteilung dieses Flurstücks an den Kläger erschien auch deshalb angebracht, weil das eigentliche Hofgrundstück der Beigeladenen an der gegenüberliegenden Straßenseite liegt und die Beigeladenen, begünstigt durch eine dortige Zuteilung, Neubauten an dieser Straßenseite planten und inzwischen auch durchführten. Die Flurbereinigungsbehörde hat, wie sich aus den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten und den Aussagen der Zeugen ergibt, mehrfach versucht, die Voraussetzungen für die Zuteilung zu schaffen. Ausgangspunkt für die Zuteilung von Grundstücken mit baulichen Anlagen ist die besondere Schätzung nach § 29 FlurbG. Hiernach ist nicht - wie bei nur landwirtschaftlich genutzten Grundstücken - ein Wertverhältnis (§ 28 FlurbG), sondern der gemeine Wert (§ 29 Abs. 1 FlurbG) maßgebend. Der gemeine Wert wird (nach § 29 Abs. 2 FlurbG) durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Gegenstandes unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre; ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sowie Wertänderungen, die durch die Aussicht auf die Durchführung der Flurbereinigung entstanden sind, bleiben außer Betracht. Für den so ermittelten Wert ist der bisherige Eigentümer gesondert abzufinden (§ 50 Abs. 4 FlurbG). Ob dieser Wert auch bei der Abfindung als gesonderter Erstattungsbetrag zu Lasten des Übernehmers in Ansatz gebracht werden kann, ist durch das Gesetz nicht geklärt. Daß der Gebäudewert aber bei der Abfindung nicht unberücksichtigt bleiben kann, ergibt sich eindeutig aus § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, wo festgelegt ist, daß bei der Bemessung der Landabfindung die nach § 27 bis § 33 FlurbG ermittelten Werte - also auch der nach § 29 FlurbG ermittelte Wert - zugrundezulegen sind. Zwar kann bezweifelt werden, ob durch Zuteilung eines Gebäudes Mängel der Landabfindung ausgeglichen werden können (vgl. Bericht über die Arbeitstagung der Flurbereinigungsrichter am 26. und 27.5.1964 in RdL 1964, 312, 314). Diese Frage braucht aber im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden; denn jedenfalls ergibt sich aus § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, daß der nach § 29 FlurbG ermittelte Gebäudewert nicht ohne weiteres zu den von der Teilnehmergemeinschaft zu tragenden Ausführungskosten (vgl. § 105 FlurbG) zu rechnen ist und daß sich die Flurbereinigungsbehörde bei der Frage der Zuteilung eines Gebäudes von der Überlegung leiten zu lassen hat, in welcher Höhe der Empfänger für die dem früheren Eigentümer zu leistende Abfindung aufkommen muß. Hat das fragliche Gebäude für den neuen Eigentümer nach dessen betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten weniger oder keinen Wert oder ist es gar hinderlich, so kann schon im Hinblick auf das Gebot der gleichwertigen Abfindung nicht der volle Wertersatz verlangt werden. Eine solche Gegebenheit kann andererseits auch die Flurbereinigungsbehörde nicht ausnahmslos davon abhalten, die Zuteilung durchzuführen. Zwar würde in einem solchen Fall die Differenz zwischen der dem bisherigen Eigentümer zu leistenden Entschädigung und dem von dem neuen Eigentümer zu erlangenden Betrag bzw. die ganze Entschädigung der Teilnehmergemeinschaft als Ausführungskosten zur Last fallen. Unter Umständen müßten sogar die Abbruchkosten von der Teilnehmergemeinschaft gezahlt werden (vgl. obengenannten Bericht). Diese für die Allgemeinheit nachteiligen Auswirkungen zwingen aber - nach den oben erwähnten aus § 37 Abs. 1 FlurbG zu entnehmenden Grundsätzen - nur zu einer Abwägung (vgl. auch § 44 Abs. 2 Halbsatz 1 FlurbG) mit dem zu erwartenden flurbereinigungstechnischen Vorteil. Die Aufgaben der Flurbereinigungsbehörde sind also - auch wenn die Zuteilung von baulichen Anlagen in Frage steht - nicht darauf beschränkt, im Benehmen mit den Beteiligten zu handeln und nur eine Vermittlerrolle zu übernehmen.