Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 18.07.1991 - 13 A 89.1719 = = BayVBl. 1992 S. 180 = RdL 1992 S. 14
Aktenzeichen | 13 A 89.1719 | Entscheidung | Urteil | Datum | 18.07.1991 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | = = BayVBl. 1992 S. 180 = RdL 1992 S. 14 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Mitwirkung von Vorstandsmitgliedern, die selbst Teilnehmer sind, an der Beschlußfassung über den Flurbereinigungsplan wirft keine rechtlichen Bedenken auf. Denn die Vorschriften über den Ausschluß bestimmter Personen wegen Befangenheit (§ 20 VwVfG bzw. Art. 20 BayVwVfG) finden keine Anwendung. |
Aus den Gründen
Der Vorstand der Beklagten hat den Flurbereinigungsplan am 02.12.1987 als Zusammenfassung der Ergebnisse des Verfahrens beschlossen (§ 58 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). An diesem Beschluß wirkte auch der Beigeladene B. als gewähltes Vorstandsmitglied zusammen mit weiteren sechs Vorstandsmitgliedern mit, die ebenfalls Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens sind. Ausweislich des Wahlergebnisses der gewählten Vorstandsmitglieder (Niederschriften S. 1) und der Ladeliste zum Termin nach § 57 FlurbG sind sämtliche acht gewählten Vorstandsmitglieder und sechs ihrer Stellvertreter selbst Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens. Die Mitwirkung von Vorstandsmitgliedern, die selbst Teilnehmer sind, an der Beschlußfassung über den Flurbereinigungsplan wirft jedoch Bedenken an der Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses nicht auf.
Das Gericht hat bereits im Urteil vom 11.04.1975 - RdL 1975, 299 = RzF - 4 - zu § 21 Abs. 1 FlurbG - hierzu Bedenken nicht erhoben. Auch in Berücksichtigung der durch das Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes vom 25.06.1976 (BGBl. l S. 1253) und des Landes Bayern vom 23.12.1976 (BayRS 2010-1-I) bestehenden Rechtslage hält es daran fest, daß die Mitwirkung solcher Vorstandsmitglieder, die mit dem Flurbereinigungsplan auch über ihre eigene Abfindung mit entscheiden, nicht zur Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses führt. Die Vorschriften des § 20 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - des Bundes - gleichlautend mit Art. 20 BayVwVfG -, die den Ausschluß von Personen im Verwaltungsverfahren regelt (vgl. insbesondere Abs. 4 dieser Bestimmungen), kommt insoweit nicht zur Anwendung, da sie den Regelungen im Flurbereinigungsgesetz und im Bayer. Ausführungsgesetz zum Flurbereinigungsgesetz - AGFlurbG - entgegenstehen (§ 1 bzw. Art. 1 der oben angeführten Verwaltungsverfahrensgesetze).
Das Land Bayern hat von der Ermächtigung des § 18 Abs. 2 FlurbG Gebrauch gemacht und in Art. 2 AGFlurbG der Teilnehmergemeinschaft - TG - die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes und damit auch die Aufgaben und Befugnisse der Flurbereinigungsbehörde übertragen. Der Erlaß des Flurbereinigungsplanes durch den Vorstand der TG als Beschlußvorgang der TG (§ 26 Abs. 2 FlurbG) gehört zu diesen Aufgaben.
Der Landesgesetzgeber hat - obwohl nach der bisherigen Rechtslage zum Flurbereinigungsgesetz vom 22.01.1934 (GVBl. S. 89) in § 14 Abs. IV der Ausführungsvorschrift - Avo - Ausschluß- und Befangenheitsregeln bestanden (vgl. "der Ausschluß eines Vorstandsmitglieds (§ 21 FlurbG) wegen persönlicher Beteiligung", Dr. Kaiser in RdL 1963, 200) - solche Bestimmungen für den Vorstand nicht aufgenommen; er traf sie nur für die Mitglieder des Spruchausschusses (Art. 20 Abs. 4 AGFlurbG). Dem rechtsstaatlichen Anliegen nach Gewährleistung angemessener Unbefangenheit und Unvoreingenommenheit im Verwaltungshandeln wurde er dadurch gerecht, daß er - ermächtigt durch § 21 Abs. 1 FlurbG - in Art. 4 Abs. 1 AGFlurbG als Vorsitzenden des Vorstandes bis zur Beendigung des Verfahrens einen technisch vorgebildeten Beamten des höheren Flurbereinigungsdienstes bestimmte, den die Flurbereinigungsdirektion beruft. Außerdem räumte er der Flurbereinigungsdirektion Weisungsbefugnisse ein, soweit der Teilnehmergemeinschaft Aufgaben und Befugnisse übertragen wurden. Im Rahmen der Genehmigungspflicht des Flurbereinigungsplans nach § 58 Abs. 3 FlurbG ist der Flurbereinigungsdirektion mit den Prüfungs- und Aufsichtspflichten und dem Weisungsrecht des Art. 4 AGFlurbG eine Kontrolldichte zugewachsen, die auch die Freihaltung subjektiver Einflüsse durch die Vorstandsmitglieder gewährleistet oder dem Schein der Parteilichkeit durch das Eigeninteresse der beschließenden Vorstandsmitglieder entgegenwirkt (vgl. Kopp, VwVfG 4. Aufl. § 20 Anm. 2).
Augenscheinlich wird dies auch aus den Vorschriften und Anweisungen für die Flurbereinigung in Bayern (VAF), die mit der Bekanntmachung vom 04.02.1965 (LMBl S. 26) eingeführt wurden: Dem beamteten Vorsitzenden ist aufgegeben, "die Mitglieder des Vorstandes in ihre Aufgaben einzuweisen, sie zu beraten und zu informieren sowie insgesamt die gesetzes- und vorschriftsmäßige Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens sicherzustellen"; "hält er Vorstandsbeschlüsse für rechtswidrig, legt er diese der Flurbereinigungsdirektion zur aufsichtlichen Prüfung vor" -(VAF Heft III Nr. 3.321). Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach § 58 Abs. 3 FlurbG, durch das gewährleistet werden soll, daß die Neugestaltung den gesetzlichen Zielen entspricht und die Grundsätze der § 37, § 44 und § 45 FlurbG beachtet sind (vgl.Seehusen - Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 5. Auflage § 58 Anm. 20 und VAF Heft XI Nr. 3.11), prüft die Flurbereinigungsdirektion den Neugestaltungsentwurf. Sie ist angewiesen, hierbei "vor allem" die Abfindungen der Vorstandsmitglieder zu überprüfen (VAF Heft Xl Nr. 8.1).
Diese besondere Ausgestaltung der Aufsichts- und Weisungsbefugnisse, die der Landesgesetzgeber bei der Übertragung der Aufgaben auf die Teilnehmergemeinschaft getroffen hat, erfüllt im wesentlichen das mit § 20 VwVfG (Art. 20 BayVwVfG) verfolgte Ziel rechtstaatlichen Handelns im Verwaltungsverfahren. Da bei der Wahl von Vorstandsmitgliedern die Wahl von Teilnehmern die Regel ist - wenn auch Nichtteilnehmer gewählt werden können - (vgl. Quadflieg, Recht der Flurbereinigung Anm. 26 zu § 21 FlurbG), bewirkte eine Ausschlußbestimmung wie die Vorschriften des § 20 VwVfG bzw. Art. 20 BayVwVfG die völlige Funktionsunfähigkeit des mit der Aufgabe der Neugestaltung betrauten Vorstandes der TG. In Anbetracht der Bestimmung des FlurbG und AGFlurbG findet § 20 VwVfG (Art. 20 BayVwVfG) auf den vom Vorstand der Beklagten am 02.12.1987 beschlossenen Flurbereinigungsplan keine Anwendung.