Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.10.1972 - V ER 302.72

Aktenzeichen V ER 302.72 Entscheidung Beschluss Datum 18.10.1972
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Zuständigkeit des Flurbereinigungsgerichts bei Abberufung des beamteten Vorstandsvorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft.
2. Zur Rechtsstellung des beamteten Vorstandsvorsitzenden in Bayern.

Aus den Gründen

l.
Der Kläger war als höherer technischer Beamter durch die Flurbereinigungsdirektion R. zum Vorsitzenden der Vorstände der Teilnehmergemeinschaften T. und St. sowie W., Wa. und Str. bestellt worden. Durch Verfügung der Flurbereinigungsdirektion vom 11.12.1970 wurde er als Vorsitzender abberufen und zum Vorsitzenden der Vorstände anderer Teilnehmergemeinschaften bestimmt. Die gegen diese Verfügung nach erfolglosem Beschwerdeverfahren erhobene Klage hat das Flurbereinigungsgericht mit der Begründung abgewiesen, die Flurbereinigungsbehörde sei im Rahmen ihres Organisationsrechts und ihrer Befugnis, die Geschäftsverteilung zu regeln, befugt, die Beamten auszuwechseln und anderweitig einzusetzen. Rechtlich geschützte Interessen des Klägers würden hierdurch nicht berührt.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers. Gleichzeitig hat er Revision eingelegt, mit der er die Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt. Durch Verfügung vom 19.7.1972 hat die Flurbereinigungsdirektion die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung vom 11.12.1970 insoweit angeordnet, als damit der Kläger als Vorsitzender der Vorstände der Teilnehmergemeinschaften T. und St. abberufen wurde. Hiergegen richtet sich der Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage insoweit wiederherzustellen.

II.

Der Antrag muß ohne Erfolg bleiben.

Die Flurbereinigungsdirektion durfte die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung vom 11.12.1970 anordnen. Gemäß § 80 Abs. 1 Ziff. 4 VwGO darf die aufschiebende Wirkung der Klage nur dann beseitigt werden, wenn dem öffentlichen Interesse an einem Vollzug der behördlichen Maßnahme der Vorrang gegenüber dem Anspruch des Klägers gebührt, einen im Endergebnis wirksamen Rechtsschutz zu erhalten. Ein überwiegendes öffentliches Interesse ist stets dann anzunehmen, wenn der von dem Betroffenen eingelegte Rechtsbehelf erkennbar aussichtslos ist. Die von dem Kläger zum Flurbereinigungsgericht erhobene Anfechtungsklage muß aber schon deswegen ohne Erfolg bleiben, weil gegen seine Abberufung als Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaften T. und St. das für Flurbereinigungssachen geltende besondere Rechtsmittelverfahren nicht gegeben ist. Nach § 140 FlurbG entscheidet das Flurbereinigungsgericht über die Anfechtung von Verwaltungsakten, die im Vollzug dieses Gesetzes ergehen und über Streitigkeiten, die durch ein Flurbereinigungsverfahren hervorgerufen werden. Um solche Streitigkeiten handelt es sich hier nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar in der Abberufung des Vorstandes einer Teilnehmergemeinschaft und in der Bestellung eines neuen Vorstandes Maßnahmen gesehen, die von den bisherigen Vorstandsmitgliedern durch Klage vor dem Flurbereinigungsgericht angefochten werden können (Beschluß vom 7.5.1957 - BVerwG I CB 37.57 - und Urteil vom 29.5.1957 - BVerwG I CB 37.57 -). Dort ging es indessen um die Gewährung von Rechtsschutz für Vorstandsmitglieder, die von der Teilnehmergemeinschaft gemäß § 21 Abs. 2 FlurbG bzw. § 27 RUO gewählt worden waren. Deren Bestellung und Abberufung richtet sich ausschließlich nach den Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes, so daß bei sich hieraus ergebenden Streitigkeiten, was keiner weiteren Erörterung bedarf, die Zuständigkeit des Flurbereinigungsgerichts gegeben ist.

Anders liegt jedoch der vorliegende Fall. Der Kläger war nicht gewähltes Vorstandsmitglied einer Teilnehmergemeinschaft, sondern gemäß der in Bayern geltenden Regelung des Art. 7 Abs. 1 BayerAGFlurbG als technischer Beamter durch seine Beschäftigungsbehörde zum Vorsitzenden des Vorstandes bestimmt worden. Landesrechtliche Vorschriften des Flurbereinigungsrechts, welche die Bestellung und Abberufung des beamteten Vorsitzenden im einzelnen regeln, bestehen, wie den insoweit irrevisiblen Ausführungen des angefochtenen Urteils zu entnehmen ist, in Bayern nicht. Das Flurbereinigungsgesetz selbst regelt lediglich die Bestellung und Abberufung der gewählten bzw. der nach § 21 Abs. 3 FlurbG durch die Flurbereinigungsbehörde bestimmten Vorstandsmitglieder. Die Meinung des Klägers, er habe durch seine Bestellung zum Vorstandsvorsitzenden der Teilnehmergemeinschaften T. und St. eine Rechtsstellung erlangt, die ihm nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 FlurbG genommen werden könne, ist rechtsirrig. Diese Regelung kann, wie ihr Zusammenhang mit Absatz 1 dieser Vorschrift deutlich macht, auf die nach bayerischem Landesrecht zum Vorsitzenden des Vorstandes bestellten Beamten der Flurbereinigungsbehörde keine Anwendung finden. Sie setzt vielmehr voraus, daß der Betroffene sein Amt durch Wahl oder Bestellung nach § 21 Abs. 3 FlurbG erlangt hat.

Die Bestellung und Abberufung eines Beamten der Flurbereinigungsbehörde als Vorsitzender einer Teilnehmergemeinschaft nach Art. 7 Abs. 1 BayAGFlurbG ist dagegen ein Vorgang, der sich ausschließlich nach den Regeln des Beamtenrechts beurteilt. Nach den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des angefochtenen Urteils bleibt der Beamte auch nach seiner Bestellung zum Vorsitzenden einer Teilnehmergemeinschaft Beamter der ihn entsendenden Behörde und damit deren Direktionsbefugnis unterworfen. Daraus folgt, daß der Dienstherr den Einsatz des Flurbereinigungsbeamten als Vorsitzender einer oder mehrerer Teilnehmergemeinschaften nach den für alle Beamten geltenden Grundsätze vornehmen kann. Eigene Rechte flurbereinigungsrechtlicher Art stehen ihm gegenüber seinem Dienstherrn nur insoweit zu, als es um die Wahrnehmung der ihm als Vorsitzender des Vorstandes zustehender Befugnisse geht. Gegen die Bestellung und Abberufung als Vorsitzender einer Teilnehmergemeinschaft kann der Beamte demgegenüber nur dann erfolgreich vorgehen, wenn er hierdurch in seinen Rechten als Beamter beeinträchtigt wird. Ob das hier der Fall ist, kann der Kläger nur in einem Verfahren nach den Bestimmungen des Beamtenrechts klären lassen. Für eine Zuständigkeit des Flurbereinigungsgerichts ist daneben kein Raum. Da der Kläger auch nicht hilfsweise eine Verweisung des Rechtsstreits an das für Streitigkeiten aus seinem Beamtenverhältnis zuständige Verwaltungsgericht beantragt hat, kann seine Klage nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand, auf den hier abzustellen ist, nicht zum Erfolg führen.