Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 03.09.1987 - 7 S 547/87

Aktenzeichen 7 S 547/87 Entscheidung Urteil Datum 03.09.1987
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Das übergeordnete Gesamtinteresse der Teilnehmergemeinschaft verlangt eine dauerhafte Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft. Dies erfordert zwingend, daß der einmal gewählte Vorstand so lange Handlungen vornehmen kann, bis er entweder nach § 23 Abs. 3 FlurbG abberufen wird oder nach rechtskräftigem gerichtlichen Ausspruch als nicht wirksam bestellt anzusehen ist.
2. Ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung, daß der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft fehlerhaft besetzt war, besteht nicht mehr, wenn der Vorstand nunmehr fehlerfrei besetzt ist und keine Wiederholung des Fehlers zu erwarten ist.

Aus den Gründen

Den Klägern steht ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung nicht (mehr) zur Seite, nachdem der Beigeladene Nr. 2 am 02.04.1987 sein Vorstandsamt niedergelegt hat (§ 43 Abs. 1 VwGO). Für die Zukunft sind infolge der geänderten Zusammensetzung keine Handlungen des Vorstandes mehr zu erwarten, die unter den von den Klägern geltend gemachten Gesichtspunkten zu rechtlichen Bedenken Anlaß geben könnten. Insbesondere ist eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben, da der Rücktritt des Beigeladenen Nr. 2 im Zusammenhang mit den vom Senat in seinem Urteil vom 19.01.1987 - 7 S 2103/86 - gegen dessen Wählbarkeit geäußerten Bedenken erfolgt ist.

Ebensowenig sind gegenwärtige oder zukünftige Nachwirkungen aus der nunmehr in der Vergangenheit liegenden Vorstandsmitgliedschaft des Beigeladenen Nr. 2 zu erwarten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 10.05.1984, Bay. VBI. 1984, 666 m. w. N.). Entgegen der Ansicht der Kläger kann eine gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl des Beigeladenen Nr. 2 nicht - mit gewissermaßen rückwirkender Folge - dazu führen, daß unter Mitwirkung dieses Mitglieds vorgenommene Handlungen des Vorstands nachträglich in ihrer Wirksamkeit in Frage gestellt werden. Die gerichtliche Feststellung kann erst ab dem Zeitpunkt ihres Ergehens Wirksamkeit entfalten und ist deshalb erst von da an für die Beteiligten des Verfahrens verbindlich.

Der Senat hat bereits in seinem in dem von den Klägern eingeleiteten Verfahren 7 S 2103/86 ergangenen Urteil vom 19.01.1987 dargelegt, daß eine gegen § 2 AG FlurbG verstoßende Wahl eines Vorstandsmitglieds zwar fehlerhaft, aber wirksam ist. Das übergeordnete Gesamtinteresse der Teilnehmergemeinschaft eines Flurbereinigungsverfahrens verlangt eine baldmögliche dauerhafte Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft, um dem in § 2 Abs. 2 FlurbG verankerten Gebot größtmöglicher Beschleunigung des Verfahrens gerecht werden zu können. Dies erfordert zwingend, daß - auch aus Gründen der Rechtssicherheit - der einmal gewählte Vorstand so lange mit Wirkung für die Teilnehmergemeinschaft Handlungen vornehmen kann, bis er entweder nach § 23 Abs. 3 FlurbG abberufen wird oder nach rechtskräftigem gerichtlichen Ausspruch als nicht wirksam bestellt anzusehen ist. Diesem Gebot würde in unvertretbarer Weise zuwider gehandelt und ein unhaltbarer Zustand erheblicher Rechtsunsicherheit geschaffen, wenn ein schon mehrere Jahre laufendes mehrstufiges Flurbereinigungsverfahren nachträglich mit der rückwirkenden Feststellung der Ungültigkeit einer Vorstandswahl in sich zusammenfiele, obwohl der Ungültigkeitsgrund von Anfang an bestanden hat. Gerade das vorliegende Verfahren, in dem zwischen Anordnung der Flurbereinigung und vorläufiger Besitzeinweisung bereits 10 Jahre verstrichen sind und bis zur Beendigung mit der Schlußfeststellung noch weitere Jahre vergehen werden, zeigt diese Problematik deutlich auf. Nachdem es den Klägern bereits zum Zeitpunkt der von ihnen beanstandeten Wahl am 30.03.1976 offen gestanden hatte, dagegen im Wege einer Feststellungsklage vorzugehen, besteht auch kein Anlaß, entgegen vorstehenden Grundsätzen eine rückwirkende gerichtliche Feststellung zuzulassen. Die Möglichkeit der verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage war zu jener Zeit bereits anerkannt (vgl. etwa Bay. VGH, Urteil vom 26.03.1971, a.a.O.). Auch mit der Mitwirkungspflicht der Teilnehmer ist es unvereinbar, daß ein Teilnehmer einen von ihm von Anfang an erkannten Mangel der Vorstandswahl erst geltend macht, wenn er für sich persönlich daraus günstige Folgen herleiten will.

Anmerkung

Bestätigt durch Beschluß des BVerwG vom 18.03.1988 - 5 B 130.87; vgl. hierzu Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 19.01.1987 - 7 S 2103/86.