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von Anonymer Benutzer

RzF - 14 - zu § 19 Abs. 3 FlurbG

Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 22.04.1982 - 13 A 80 A. 2145 = RdL 1982 S. 326

Aktenzeichen 13 A 80 A. 2145 Entscheidung Urteil Datum 22.04.1982
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen RdL 1982 S. 326  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Eine Härte im Sinne des § 19 Abs. 3 FlurbG liegt nur dann vor, wenn die gesamte Abfindung in unwesentlicher oder nur unbedeutender Weise am Vorteil der Flurbereinigung teilnimmt.
2. Eine Härte kann sich nur aus einem Mißverhältnis von Flurbereinigungsvorteil und Beitragsbelastung für den einzelnen Teilnehmer, nicht jedoch aus unterschiedlichen Vorteilen einzelner Teilnehmer ergeben.
3. Eine mündliche Zusage, Beitragsbefreiungen nach § 19 Abs. 3 FlurbG in bestimmter Höhe vorzunehmen, ist rechtsunwirksam, wenn in diesem Zeitpunkt nach dem Stande der Planung ausreichende Kriterien für eine Härtebeurteilung fehlen.

Aus den Gründen

Die - im gegebenen Fall in Frage kommende - Bestimmung des § 19 Abs. 3 FlurbG sieht vor, daß einzelne Teilnehmer zur Vermeidung offensichtlicher und unbilliger Härten ausnahmsweise von der Aufbringung der Beiträge ganz oder teilweise zu Lasten der übrigen Teilnehmer befreit werden können. Die Grundsätze, die die Rechtsprechung zur Anwendung dieser Befreiungsvorschrift entwickelt hat, sehen eine offensichtliche und unbillige Härte im Sinne dieser Vorschrift nur dann als gegeben an, wenn der Teilnehmer keinen oder nur einen unverhältnismäßig geringen Vorteil hat und auch nicht an der allgemeinen Wertsteigerung der Besitzstände teilnimmt (BVerwG Urteil vom 15.01.1969, RdL 1969, 299; Urteil vom 25.11.1970, RdL 1971, 97). Sein Vorteil muß unwesentlich und unbedeutend sein, soll damit die Härteregelung des § 19 Abs. 3 FlurbG Anwendung finden.

Im Rahmen der gesetzlichen Beitragsregelung des § 19 FlurbG kann sich eine einem einzelnen Teilnehmer gegebene Zusage zur Höhe von Beitragsbegrenzungen nur auf den nach § 19 Abs. 3 (und § 19 Abs. 2) FlurbG der Behörde gegebenen Beurteilungsspielraum beziehen, nicht betrifft sie dagegen den in § 19 Abs. 1 FlurbG vorgegebenen oder zu gestaltenden Rahmen: ein unterschiedlicher, auf den einzelnen Teilnehmer bezogener Wertrahmen wäre ungesetzlich.

Als ungesetzlich erweist sich aber auch eine Zusage im Bereich des Härteausgleichs des § 19 Abs. 3 FlurbG, wenn die Kriterien für eine Härtebeurteilung weitgehend unvollständig sind oder - wie hier - gänzlich fehlen. Das Maß des fehlenden oder unwesentlichen Vorteils kann nur abgelesen oder festgestellt werden an den Maßnahmen der Flurbereinigung; so stellt auch die Beitragsregelung im Flurbereinigungsrecht hinsichtlich des endgültigen Beitragsmaßstabes auf den Stand der Abfindung und nicht auf den der Einlage ab (für den Bereich des vorläufigen Beitragsmaßstabes zur Vorschußzahlung kann anderes gelten). Fehlen diese Kriterien, wäre eine Zusage vom Gesetze her nicht gedeckt; es würde willkürlich eine Befreiung zu Lasten der anderen Teilnehmer gewährt; eine solche Zusage wäre rechtswidrig und daher unverbindlich.

Die Zusage, die der Kläger zur Begründung seines Klageanspruchs geltend macht, trägt diesen Rechtsmangel: Das Flurbereinigungsverfahren B. wurde mit Flurbereinigungsbeschluß vom 11.03.1971 angeordnet. Der Vorstand der Beklagten wurde am 24.06.1971 gewählt und trat am 02.07.1971 zu seiner ersten Sitzung zusammen. Der Termin nach § 38 und § 41 FlurbG zur Aufstellung der allgemeinen Grundsätze für die zweckmäßige Gestaltung des Flurbereinigungsgebietes und Erörterung des Wege- und Gewässerplanes mit den Beteiligten und Behörden fand erst am 26.04.1973 statt. Demnach lagen im Sommer 1971 - in dieser Zeit sollte die Zusage gegeben worden sein - noch keine konkreten Planungen vor, aus denen sich eine Vorteilsbeurteilung ableiten ließ; es fehlten zu diesem Zeitpunkt alle Beurteilungskriterien. Allein die Tatsache, daß der klägerische Besitzstand große arrondierte Flächen um den Hof auswies, genügte hierfür keinesfalls. Daß in Ansehung dieses Umstandes zunächst von einem zu erwartenden geringeren Vorteil allgemein ausgegangen wurde und der vorläufige Beitragsmaßstab generell eine Beschränkung um ein Drittel vorsah, mag für eine Vorschußregelung Gewicht und Sinn haben, deren Übernahme in den endgültigen Beitragsmaßstab jedoch schon wegen der unterschiedlichen Beurteilungsanforderungen weder vorgegeben ist noch sonst erwartet werden kann.

Deshalb kommt der geltend gemachten Zusage - selbst wenn sie gegeben worden wäre, keine Rechtswirkung zu. Der ihr zugrunde gelegten und von der Beklagten bestrittenen Behauptung braucht im Beweiswege nicht nachgegangen zu werden.

Die Frage des Vertrauensschutzes stellte sich nicht, denn der Kläger hat im Vertrauen auf diese Zusage keine Rechtshandlungen vorgenommen, die ihm Nachteile gebracht hätten. Dafür ist nichts vorgetragen oder ersichtlich. Der Hinweis, daß die Zusage ursächlich für die Zustimmung zur Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens gewesen sei, ist belanglos. Abgesehen davon, daß - im Zeitpunkt der behaupteten Zusage - das Flurbereinigungsverfahren bereits angeordnet war, ferner die Zusage den Kläger nicht einmal bewogen hatte, seine Beschwerde gegen die Anordnung der Flurbereinigung zurückzunehmen, denn es erging am 30.09.71 der Beschwerdebescheid des Bayer. Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, bedurfte es für die Anordnung der Flurbereinigung keiner Zustimmung des Klägers.

Die Festlegung der Beklagten im Beitragsbemessungsrahmen des Flurbereinigungsplanes, sämtliche Grundstücke des Klägers entsprechend den allgemeinen für das Verfahren aufgestellten Grundsätzen nach ihrem Wert zu den Beiträgen heranzuziehen, sind rechtmäßig; die Voraussetzungen für eine teilweise Freistellung des klägerischen Besitzstandes nach § 19 Abs. 3 FlurbG liegen nicht vor, denn die gesamte Abfindung des Klägers nimmt am Vorteil der Flurbereinigung teil, der weder unwesentlich noch unbedeutend ist.

Sämtliche Abfindungsflurstücke waren Gegenstand von Neuordnungsmaßnahmen; sie erbrachten eine noch stärkere Arrondierung der Grundstücke im hofnäheren Bereich und verbesserten die Grundstückserschließung. Im Bereich der Abfindungsflurstücke 1795, 1816, 1835 kamen durch den Ausbau des Thillbaches beziehungsweise die Räumung eines Zuflußgrabens außerdem wasserwirtschaftliche Maßnahmen hinzu, deren Wirkung auf die angrenzenden klägerischen Grundstücke ebenfalls nicht unbedeutend sind. Über den Umfang der Einzelmaßnahmen kann auf die Zusammenstellung der Beklagten verwiesen werden.

Die Auffassung des Klägers, daß er geringere Vorteile aus der Flurbereinigung hätte als andere Betriebe, verkennt die gesetzliche Beitragsregelung, die für die Höhe des Beitragssatzes nicht auf die unterschiedlichen Vorteile abstellt, den die einzelnen Teilnehmer durch die Flurbereinigung haben, sondern nur eine unbillige Härte, die sich aus einem Mißverhältnis von Vorteil und Belastung des einzelnen Teilnehmers ergeben könnte, ausschließen will. Eine solche Härte ist in Anbetracht der durchgeführten Maßnahmen nicht erkennbar, geschweige denn offensichtlich.

Sie ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Einwand, daß die südlich und nördlich der Kreisstraße PA 78 gelegenen Grundstücke vom Hof aus und nicht über die von der Beklagten erstellten Wegeanlagen bewirtschaftet würden. Abgesehen davon, daß nach dem Ergebnis des Augenscheins diese Behauptung keineswegs überzeugend ist, kommt es hierauf nicht an. Der Vorteil aus Maßnahmen der Flurbereinigung kann nicht allein auf den betriebswirtschaftlichen Aspekt abgestellt werden, die Frage der Wertsteigerung ist auch objektbezogen zu beurteilen. Ein bisher schon erschlossenes Grundstück kann durch die verbesserte Erschließung sehr wohl an der Wertsteigerung teilnehmen, wenn auch der Teilnehmer aus betriebswirtschaftlichen Gründen den Vorteil der besseren Erschließung nicht in Anspruch nimmt. Hinzu kommt, daß die Wegeerschließung nicht allein den Vorteil der am klägerischen Besitzstand vorgenommenen Maßnahmen begründet, sondern nur ein Teil der allgemeinen Verbesserung ist.