Sächsisches Flurbereinigungsgericht Bautzen, Urteil vom 18.12.2009 - F 7 D 4 / 07 (Lieferung 2011)

Aktenzeichen F 7 D 4 / 07 Entscheidung Urteil Datum 18.12.2009
Gericht Sächsisches Flurbereinigungsgericht Bautzen Veröffentlichungen Lieferung 2011

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Das Flurbereinigungsgericht prüft nur die Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheides zu einem Vorschuss zu den Flurbereinigungskosten. Eine Überprüfung der Entscheidung auf ihre Zweckmäßigkeit (§ 146 Nr. 2 FlurbG) findet nicht statt.
2. Anders als im Fall des § 19 Abs. 3 FlurbG, der für die Beitragsbefreiung auf die Verhältnisse des einzelnen Teilnehmers abstellt und dessen Freistellung ermöglicht, geht es im Rahmen von § 19 Abs. 1 FlurbG um die Vorteile, die der Gesamtheit der Teilnehmer aus der Flurbereinigung erwachsen.
3. Ob die geplanten Flurbereinigungsmaßnahmen im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs FlurbG "dem Interesse der Teilnehmer dienen" ist im Rahmen einer einheitlichen, d. h. auf die Gesamtheit aller Teilnehmer, also nicht auf persönliche Umstände des einzelnen Grundstückseigentümers abstellenden, mithin objektiven Betrachtung zu prüfen.
4. Ungeachtet des auf die "Aufbringung von Beiträgen" beschränkten Wortlauts von § 19 Abs. 3 FlurbG kann diese Vorschrift auch bereits gegenüber der Heranziehung von Vorschüssen geltend gemacht werden.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 13.3.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Staatlichen Amtes für Ländliche Neuordnung vom 5.2.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 138 Abs. 1 FlurbG, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO -). Gegenüber dem Heranziehungsbescheid prüft der Senat nur seine Rechtmäßigkeit. Eine Überprüfung der Entscheidung auf ihre Zweckmäßigkeit (§ 146 Nr. 2 FlurbG) findet nicht statt. Diese Sonderbefugnis des Flurbereinigungsgerichtes ist auf Bewertungs- und Abfindungsstreitigkeiten (vgl. § 32 und § 59 Abs. 2 FlurbG) beschränkt (Schwantag/Wingerter, Flurbereinigungsgesetz, 8. Aufl., 2008, § 146 Rn. 1).


1. Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger durch die Beklagte zu einem Kostenvorschuss ist § 19 Abs.1 FlurbG i.V.m. § 2 Abs. 3 AGFlurbG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Beitragspflicht nach § 19 Abs.1 FlurbG als Ausgleich dafür anzusehen, dass die Teilnehmer im Allgemeinen durch die Bodenordnung einen betriebswirtschaftlichen Vorteil erlangen, der zu einer Wertsteigerung ihres Grundstückes führt. Anders als im Fall des § 19 Abs. 3 FlurbG, der für die Beitragsbefreiung auf die Verhältnisse des einzelnen Teilnehmers abstellt und dessen Freistellung ermöglicht, wenn er nicht oder nur in einem unverhältnismäßig geringem Umfang an den allgemeinen Umlegungsvorteilen beteiligt ist, geht es im Rahmen von § 19 Abs. 1 FlurbG um die Vorteile, die der Gesamtheit der Teilnehmer aus der Flurbereinigung erwachsen (BVerwG, Beschl.v.1.12.2005, NVwZ-RR 2006, 754 - Rn. 3 bei juris). Es ist deshalb im Rahmen einer einheitlichen, d. h. auf die Gesamtheit aller Teilnehmer, also nicht auf persönliche Umstände des einzelnen Grundstückseigentümers abstellenden, mithin objektiven Betrachtung zu prüfen, ob die geplanten Maßnahmen der Flurbereinigung im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs FlurbG "dem Interesse der Teilnehmer dienen". Ob und in welchem Umfang die Flurbereinigung dem einzelnen Teilnehmer einen Vorteil vermittelt, ist allein im Rahmen einer - ausnahmsweisen - Beitragsbefreiung nach § 19 Abs. 3 FlurbG zu prüfen (BVerwG, a. a. O. ebd).


Auf Grundlage dieser Regelungen war die Beklagte befugt, ihre Mitglieder für die Aufwendungen der Teilnehmergemeinschaft zu Vorschüssen heranzuziehen, wie sie es durch ihren Bescheid vom 13.3.2006 in ordnungsgemäßer Weise getan hat. Insoweit werden von den Klägern keine Einwände erhoben. Sie sind auch für den Senat nicht ersichtlich, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen wird.


2. Gegenüber dem Kostenbescheid der Beklagten steht den Klägern kein Anspruch auf vollständige oder teilweise Befreiung gemäß § 19 Abs. 3 FlurbG zu. Ungeachtet des auf die "Aufbringung von Beiträgen" beschränkten Wortlauts von § 19 Abs. 3 FlurbG kann diese Vorschrift auch bereits gegenüber der Heranziehung von Vorschüssen geltend gemacht werden (SächsOVG, Urt. v. 17.3.2005 - F 7 D 9/04; ausdrücklich: OVG LSA, Urt. v. 17.7.2003, RdL 2004,155; Schwantag/Wingerter, a. a. O., § 19 Rn. 18 m. w. N.). Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Vorschusserhebung in aller Regel noch nicht konkret absehbar ist, wie sich die Maßnahmen der Flurbereinigung auf die einzelnen Teilnehmer auswirken. Ein Befreiungsanspruch zu diesem Zeitpunkt kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Eintritt eines Vorteils durch die Flurbereinigung bereits zu diesem Zeitpunkt offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. Schwantag/Wingerter, a. a. O.).


Für einen Befreiungsanspruch fehlt es hier an der erforderlichen offensichtlichen und unbilligen Härte durch die Heranziehung zu einem Vorschuss. Es ist im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung nicht ersichtlich, dass die Kläger offensichtlich nicht oder nur in einem unverhältnismäßig geringem Umfang an den allgemeinen Umlegungsvorteilen beteiligt wären. Hierzu hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung ausführlich und zutreffend dargelegt, dass den Klägern durch die Flurneuordnungmaßnahme Vorteile erwachsen, die eine Wertsteigerung ihrer Grundstücke erwarten lassen. Diese Vorteile sind auch nicht offenkundig völlig unbedeutet, was eine Voraussetzung für eine zumindest teilweise Befreiung von der Betragspflicht wäre.


Aufgrund der fehlerhaften Erschließung ihres Flurstücks F1.., dessen Zuwegung sowohl Teile des Flurstücks F7., wie des Flurstücks F6./2 überbaut, liegt ein Missstand vor, der im Rahmen der Flurbereinigung beseitigt werden soll, was einen offenkundigen Vorteil für die Kläger darstellt. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 17.3.2005, a. a. O.) stellt bereits die Verbesserung der Erschließungssituation einen abgeltungsfähigen Vorteil dar. Einen Vorteil erfahren die Kläger auch durch die vorgesehene Bereinigung des Überbaus ihrer Lagerhalle auf zwei Grundstücke. Dieses erhöht die Verkehrsfähigkeit der betroffenen Flurstücke, was unabhängig davon einen Vorteil darstellt, ob die Kläger sich mit Veräußerungsabsichten befassen. Es kommt für die Vorteilsbestimmung nicht auf ihre persönlichen Verhältnisse an, sondern auf den objektiv für den Grundbesitz eintretenden Vorteil (SächsOVG, Urt. v. 17.3.2005, a. a. O.). Es ist auch jedenfalls nicht offensichtlich, dass den Klägern durch den Ausbau des D. Weges kein Vorteil in Gestalt der besseren Erschließung ihres Flurstücks F4... erfahren. Selbst wenn dieser Weg auf einer Strecke von 50 m Länge vor ihrem Flurstück F4… derzeit noch fehlerhaft sein sollte, wäre die gleichsam rückwärtige Erschließung dieses Flurstückes verbessert, was zumindest im Hinblick auf eine etwaige Verpachtung des Flurstückes einen Vorteil darstellen kann. Insoweit ist es dann unerheblich, ob die Nutzung dieses Teils des D.wegs für die Kläger von ihrer Hofstelle aus sinnvoll ist. Dies gilt insbesondere, da die Kläger nach ihren Angaben ihre Flurstücke zum größten Teil an die Agrargenossenschaft D. verpachtet haben. Auch der Ausbau des N.weges ist potentiell geeignet, den Klägern einen Vorteil zu verschaffen. Nach den derzeit noch nicht abgeschlossenen Planungen kommt es in Betracht, über diesen Weg eine unmittelbare Erschließung der klägerischen Flurstücke herzustellen, indem die Flurstücke in diesem Bereich neu geordnet werden. Eine Überfahrung fremder Flurstücke wäre dann in diesem Bereich nicht mehr erforderlich, was zu einer Verbesserung der Erschließung der anliegenden Flurstücke der Kläger führt.