Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 25.11.1976 - F OVG A 71/75
Aktenzeichen | F OVG A 71/75 | Entscheidung | Urteil | Datum | 25.11.1976 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Lüneburg | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Aufrechnungserklärung der Teilnehmergemeinschaft mit einer Beitragsforderung gegenüber der Forderung eines Beteiligten gegen die Teilnehmergemeinschaft ist ein Verwaltungsakt. |
Aus den Gründen
Der Kläger ist Teilnehmer an der Flurbereinigung von S. Ihm teilte die Beklagte zu 3) (Teilnehmergemeinschaft) mit Schreiben vom 17.12.1974 mit, sie rechne die Beitragsforderung der Teilnehmergemeinschaft in Höhe von 6 481,57 DM auf gegen die Entschädigungsforderung des Klägers gegen die Teilnehmergemeinschaft von 17 038,07 DM. In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, daß die sich gegenüberstehenden Forderungen rechtskräftig festgestellt seien. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 27.12.1974 Beschwerde ein mit dem Antrag, "die Aufrechnung auszusetzen, bis über meine Beschwerde gegen den Flurbereinigungsplan nebst Nachträgen endgültig rechtskräftig entschieden ist". Zur Begründung führte er aus, über seine beim Bundesverwaltungsgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Flurbereinigungsgerichts vom 08.04.1974 sei noch nicht abschließend entschieden. Sein von ihm in diesem Verfahren beauftragter Prozeßbevollmächtigter habe seine anwaltlichen Standespflichten gröblich und damit in einer Weise verletzt, daß die Wiederaufnahme des Verfahrens gerechtfertigt sei. Das Wiederaufnahmeverfahren werde von ihm vor dem Flurbereinigungsgericht in dem Verfahren F OVG A 32/74 betrieben. Ein Strafverfahren gegen seinen Prozeßbevollmächtigten habe er eingeleitet.
Die vor dem zuständigen Gericht erhobene Klage hat keinen Erfolg. Die nach den §§ 378 ff. BGB erklärte Aufrechnung ist rechtmäßig.
Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 2) (Flurbereinigungsbehörde) stellt die Aufrechnungserklärung der Beklagten zu 3) einen Verwaltungsakt dar, der uneingeschränkt der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Die Teilnehmergemeinschaft hat nach § 18 Abs. 1 FlurbG die im Verfahren festgesetzten Zahlungen zu leisten und zu fordern. So fallen ihr insbesondere die für die Ausführung der Flurbereinigung erforderlichen Kosten nach § 105 FlurbG zur Last. § 19 Abs. 1 FlurbG enthält die Ermächtigung für die Teilnehmergemeinschaft, die Teilnehmer zu Geld- oder Sachbeiträgen heranzuziehen. Dabei muß ihr das Recht eingeräumt werden, hinsichtlich der in ihren Aufgabenbereich fallenden Beitragsdispositionen Entscheidungen in eigener Zuständigkeit zu treffen (vgl. Seehusen/Schwede/Nebe, Komm. zum FlurbG, 2. Aufl., Anm. 5 zu § 19). Folgerichtig hat daher auch das Flurbereinigungsgericht Koblenz (Urteil vom 29.06.1971 in RdL 1971 S. 297) eine Entscheidung der Teilnehmergemeinschaft auf Stundung vorläufiger Beitragsanforderungen als Verwaltungsakt angesehen. Nicht anders als die Stundung ist die Aufrechnung einer Forderung zu beurteilen. In beiden Fällen trifft die Teilnehmergemeinschaft Entscheidungen im Rahmen der ihr vom Gesetzgeber erteilten Ermächtigung, "die Teilnehmer zu Beiträgen heranzuziehen". Die Aufrechnungserklärung beinhaltet in diesem Sinne nämlich lediglich den Vollzug der Willenserklärung der Teilnehmergemeinschaft, den Kläger zu Flurbereinigungsbeiträgen heranzuziehen. Da die Beitragsheranziehung nach herrschender Rechtsauffassung einen der Rechtskontrolle zugänglichen Verwaltungsakt darstellt, ist kein Grund ersichtlich, hinsichtlich der Aufrechnungserklärung in bezug auf geschuldete Flurbereinigungsbeiträge eine von dieser Auffassung abweichende rechtliche Beurteilung zugrunde zu legen.
Das Vorbringen des Klägers kann die Rechtmäßigkeit der Aufrechnungserklärung der Beklagten zu 3) nicht in Frage stellen. Die in § 387 BGB genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Aufrechnung liegen vor. Forderung und Gegenforderung standen sich am 17.12.1974 aufrechenbar gegenüber. Die Forderung der Teilnehmergemeinschaft beruht auf einer Beitragsforderung, deren Rechtmäßigkeit durch das Urteil des Senats vom 09.04.1974 - F OVG A 27/73 - festgestellt wurde. Diese Entscheidung ist rechtskräftig. Das gleiche gilt für die Gegenforderung des Klägers. Ihm hatte die Beklagte zu 3) nach dem im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung rechtskräftigen Urteil des Senats vom 08.04.1974 - F OVG A 6/71 - den Betrag von 19 680,-- DM zuzüglich Zins- und Zinseszins zu zahlen. Unstimmigkeiten über die Höhe der gegenseitig zu zahlenden Beträge bestanden mithin im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung nicht mehr.Anmerkung
A. A. BVerwG 27.10.1982 - 3 C 6/82 - NJW 1983 S. 776