Oberlandesgericht Nürnberg, Endurteil vom 30.06.1971 - 4 U 142/70

Aktenzeichen 4 U 142/70 Entscheidung Endurteil Datum 30.06.1971
Gericht Oberlandesgericht Nürnberg Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zu den Rückgriffs- und sonstigen Schadensersatzansprüchen der gesetzlichen Unfallversicherung (landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft) gegenüber dem Staat, wenn staatliche Bedienstete, die für eine Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung tätig waren, bei einem Arbeitnehmer der Teilnehmergemeinschaft schuldhaft einen Personenschaden verursacht haben.

Aus den Gründen

Am 19.11.1968 verunglückten die Arbeiter J.K. und L.P. während der Ausübung ihres Berufes tödlich. Die Klägerin (landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft) erbrachte deshalb auf Grund der Bestimmungen über die gesetzliche Unfallversicherung an die Witwe des J.K., die Witwe des L.P. und an dessen minderjährige Tochter in der Zeit vom 19.11.1968 bis 28.2.1970 Leistungen in Höhe von insgesamt 13 361,90 DM. Auch für die Zukunft, also ab 1.3.1970 wurden bzw. werden Leistungen nach Maßgabe der Bestimmungen der RVO erbracht. Im vorliegenden Rechtsstreit will die Klägerin von dem Beklagten (Freistaat Bayern) Ersatz für die bereits erbrachten Leistungen und Feststellung der Erstattungspflicht des Beklagten für die von der Klägerin zu erbringenden zukünftigen Leistungen. Diesem Streit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

K. und P. waren als Arbeiter der Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung Sch. im Rahmen von Flurbereinigungsarbeiten mit dem Ausheben eines Drainagegrabens beschäftigt. Der Graben wurde auf eine durchschnittliche Tiefe von 2 m und eine durchschnittliche Breite von 80 cm von einem Löffelbagger ausgehoben. Unmittelbar nach dem Ausheben des Grabens verlegten K. und P. auf der Sohle des Grabens, dessen nahezu senkrechte Seitenwände weder abgestützt noch sonstwie gesichert wurden, die Drainagerohre. Plötzlich stürzte eine der beiden Seitenwände in den Graben und auf die dort befindlichen beiden Arbeiter. K. und P. wurden dadurch so schwer verletzt, daß sie noch an der Unfallstelle starben.

Die Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung Sch. war und ist bei der Klägerin unfallversichert. Sie führt auch die Beiträge zur Unfallversicherung an die Klägerin ab.

Die Klägerin meint, die Leitung und Beaufsichtigung der kulturtechnischen Arbeiten bei der Flurbereinigung sei dem Straßen- und Wasserbauamt übertragen, die Bauoberleitung und Bauüberwachung Sache des Regierungsbauamtmannes K. gewesen. Zugleich seien der Kulturbauaufseher H. vom Straßen- und Wasserbauamt P. und der Vorarbeiter bei Flurbereinigungsarbeiten M. vom Flurbereinigungsamt L. zur Teilnehmergemeinschaft abgeordnet worden. Die beiden Unfälle beruhten darauf, daß von K., H. und M. die Bauüberwachung und Bauausführung in grober Weise vernachlässigt wurden. Alle drei Personen hätten die Unfallverhütungsvorschriften nicht gekannt. Deshalb sei der Drainagegraben ohne Verwendung einer Abstützung der Wände, ohne Verwendung eines sogenannten Verbaugerätes und ohne Abböschen der Grabenwände auf 60 % angelegt worden, obwohl sich Sicherungsmaßnahmen aufgedrängt hätten, da schon vor dem Unfall bereits an einer anderen Stelle die Grabenwand eingestürzt war. Der Beklagte sei dafür verantwortlich, weil er Leute eingesetzt habe, die weder die notwendigen Vorkenntnisse hatten noch ausreichend angeleitet und überwacht wurden. Für die grobe Fahrlässigkeit seines Organs, des Regierungsbauamtmannes K. sowie der beiden Vorarbeiter müsse der Beklagte einstehen, weil die Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung Sch. In Wahrheit nicht der Unternehmer der Bauarbeiten gewesen sei. Der Vorsitzende der Teilnehmergemeinschaft sei von dem Beklagten bestellt worden. Er habe als Beamter weiter sein Gehalt vom Beklagten bekommen. Die Teilnehmergemeinschaft habe die Weisungen der Behörden des Beklagten ausführen müssen. Alle Aufträge seien von den Beamten des Beklagten, insbesondere von H. erteilt worden. Die Rechnungen der beauftragten Unternehmen seien an das Flurbereinigungsamt des Beklagten gegangen und von dort aus bezahlt worden. Der Beklagte habe auch 70 % der Kosten der Flurbereinigung getragen. Als Unternehmer sei daher der Beklagte anzusehen. Wegen der groben Nachlässigkeit seiner Organe und seiner Bediensteten könne die Klägerin ihn in Anspruch nehmen.

Der Beklagte ist der Auffassung, daß Träger und damit Unternehmer der "Flurbereinigung Sch." die Teilnehmergemeinschaft sei, wie die Klägerin selbst angenommen habe. Daran ändere nichts, daß dem Straßen- und Wasserbauamt die Bauleitung für nicht vergebene, also von der Teilnehmergemeinschaft selbst durchgeführte wasserwirtschaftliche Baumaßnahmen oblag. Der Beklagte werde dadurch weder Unternehmer noch Repräsentant der Teilnehmergemeinschaft. Auf § 641 RVO könne die Klägerin ihren Anspruch nicht stützen, weil weder K. noch H. Organe des Beklagten gewesen seien. Im übrigen hätten K. und H. nicht grob fahrlässig gehandelt. K. habe auf Grund seiner Ausbildung die Unfallverhütungsvorschriften gekannt. Er habe seit 1955 im Wasserbau zuverlässig gearbeitet. Wegen seiner Dienstaufgaben habe er nicht dauernd auf der Baustelle sein können. Den Graben, an dem es zum Unfall gekommen sei, habe er erstmals nach dem Unfall gesehen. An der Unfallstelle sei erst seit einigen Stunden gearbeitet worden. Auf H. als seinen Vertreter an der Baustelle habe er sich verlassen können. K. habe mit H. schon längere Zeit zusammengearbeitet. H. sei auf dem Gebiet der Unfallverhütungsvorschriften ausgebildet gewesen. K. habe H. und M. wiederholt zur Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften ermahnt. Darüber hinaus sei es bisher niemals zu einem Unfall gekommen. Außerdem würden Drainagegräben in der Regel nicht tiefer als 1,20 m. Größere Tiefen stellten Ausnahmefälle dar. Auch dafür seien jedoch keine besonderen Sicherungsmittel zwingend vorgeschrieben.

Die statthafte Berufung ist in rechter Frist und Form eingelegt und begründet worden, §§ 511 ff., 78, 224 ZPO. Sie ist daher zulässig. In der Sache selbst kann sie jedoch zu keinem Erfolg führen, denn der Beklagte haftet für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche weder aus § 640 RVO noch aus § 641 RVO noch aus § 1542 RVO i. V. mit § 839 BGB noch aus einem anderen Grunde.

Gemäß § 640 RVO haftet unter gewissen Voraussetzungen der Unternehmer, dessen Ersatzpflicht für Schäden aus einem Arbeitsunfall durch § 636 RVO ausgeschlossen wird, dem Träger der Sozialversicherung für die Aufwendungen, die dieser infolge eines Arbeitsunfalles aufbringen mußte. Die Klägerin meint, der Beklagte sei der Unternehmer der Arbeiten, bei denen K. und P. tödlich verunglückt sind. Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden.

Mit dem Flurbereinigungsbeschluß, der ersichtlich gemäß § 4, § 6 des FlurbG erfolgt ist, ist die Teilnehmergemeinschaft als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts entstanden. Ihr Aufgabenkreis ist durch § 18 FlurbG, Art. 2 bis 8 des Bayer. AGFlurbG, § 37 bis § 90 FlurbG bestimmt. Es ist ihr also die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes übertragen. Der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft hat insoweit auch die Aufgaben und Befugnisse der Flurbereinigungsbehörde wahrzunehmen (vgl. Steuer: Flurbereinigungsgesetz, 2. Auflage, § 18 FlurbG Anm. 5). Daraus ergibt sich, daß die Anlage von Drainagen, die wie hier der Bodenverbesserung dienten, eine von der Teilnehmergemeinschaft vorzunehmenden Maßnahme war, zumal es sich dabei um keine der nach Art. 3 II Bayer. AGFlurbG von der Übertragung ausgenommenen Aufgaben handelte.

Das wirtschaftliche Ergebnis der Tätigkeit der Teilnehmergemeinschaft gereicht auch der Teilnehmergemeinschaft, nicht aber dem Beklagten zum unmittelbaren Vorteil oder Nachteil. Wenn auch die Flurbereinigung der Förderung der allgemeinen Landeskultur dienen soll und dient, so tritt demgegenüber doch die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung, insbesondere aber die Anpassung der erfaßten landwirtschaftlichen Betriebe an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse und die (Wieder-)Gewinnung der Rentabilität der Bewirtschaftung der erfaßten Grundstücke in den Vordergrund, (vgl. Steuer § 1 FlurbG Anm.10). Tatsächlich haben dann auch den unmittelbaren Vorteil aus der Flurbereinigung deren Teilnehmer, also die Teilnehmergemeinschaft, während in aller Regel dem an der allgemeinen Landeskultur interessierten Beklagten nur mittelbare Vorteile zufließen. Daraus ergibt sich auch, daß die Teilnehmergemeinschaft das Wagnis der Flurbereinigung trägt, denn von der Art der Durchführung der Flurbereinigung hängt es ab, ob die Flurbereinigung am Ende für deren Teilnehmer eine Verbesserung des früheren Zustandes zur Folge hat.

Damit muß die Teilnehmergemeinschaft als Unternehmer im Sinne des § 636 RVO angesehen werden (vgl. Dersch RVO § 636 Anm. 4), auch wenn der Beklagte erhebliche finanzielle Mittel zur Durchführung der Flurbereinigung (etwa 70 % der anfallenden Kosten) sowie sachliche und personelle Beiträge leistet, darüber hinaus sich ein Aufsichts- und Weisungsrecht vorbehalten hat. Maßgebend für den Begriff des Unternehmers ist nämlich nicht, wer letzten Endes die für den Betrieb zu erbringenden Zahlungen leistet (vgl. Dersch § 658 Anm. 3). Das gleiche muß hinsichtlich der Erbringung von sachlichen Leistungen oder solchen, die durch Gestellung von Personal erbracht werden, gelten. Das Aufsichtsrecht ist ein Ausfluß des Umstandes, daß die Teilnehmergemeinschaft eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist. Es nimmt der Teilnehmergemeinschaft von deren Verantwortlichkeit für die Tätigkeit im eigenen Bereich nichts ab. Das Weisungsrecht erstreckt sich gemäß Art. 6 Bayer. AGFlurbG nur auf übertragene Aufgaben und Befugnisse, die ohne Übertragung der Flurbereinigungsbehörde zugestanden hätten. Es ändert aber nichts daran, daß im Verhältnis zu Dritten auch auf diesen Gebieten die Teilnehmergemeinschaft der Verantwortliche ist.

Gegen die Behandlung der Teilnehmergemeinschaft als Unternehmer spricht auch nicht, daß der Vorsitzende der Teilnehmergemeinschaft vom Flurbereinigungsamt bestimmt wird (Art. 7 I Bayer. AGFlurbG) und daß bei der Flurbereinigung auch die Straßen- und Wasserbauämter nach §§ 10, 9 Ziffer 2 d der VO über die Regelung des kulturtechnischen Dienstes vom 21.12.1908 (Bay. Bereinigte Sammlung Bd. II Seite 570) Aufgaben haben. Die Bestimmung des Vorsitzenden ist eine Vorschrift über die Organisation der selbständigen Körperschaft des öffentlichen Rechts "Teilnehmergemeinschaft". Die Bestimmung eines ungeeigneten Vorsitzenden durch das Flurbereinigungsamt hat allenfalls Folgen im Verhältnis zwischen der Teilnehmergemeinschaft und dem Beklagten. Ansonsten ist diese Organisationsnorm im rechtlichen Bereich soweit es hier in Frage steht, belanglos. Die durch die erwähnte VO festgelegte Tätigkeit des Straßen- und Wasserbauamtes ändert nichts an der eigenen Aufgabe der Teilnehmergemeinschaft nach § 39, § 42 FlurbG, deren Durchführung das Straßen- und Wasserbauamt lediglich leitet und überwacht. Unternehmer bleibt, sofern nicht die Arbeiten zur Herstellung der Anlage an einen anderen Unternehmer vergeben sind, die Teilnehmergemeinschaft.

Nach allem ergibt sich, daß hinsichtlich der Ausführung der Arbeiten im Rahmen der Durchführung der Flurbereinigung Unternehmer die Teilnehmergemeinschaft war.

Ersichtlich ist auch die Klägerin davon ausgegangen, daß bei Flurbereinigungen die Teilnehmergemeinschaften, nicht aber der Beklagte als Unternehmer in Betracht kommen, denn sie hat die Teilnehmergemeinschaft bei sich selbst versichert (vgl. Bl. 14 a der Akten D 3175/68 der Klägerin). Das wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht geschehen, wenn die Klägerin nicht selbst der Meinung wäre, daß die Teilnehmergemeinschaft der Unternehmer für die Flurbereinigungsarbeiten sei. Schließlich ist die Klägerin als Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft mit den Vorgängen bei einer Flurbereinigung vertraut.

Fehlt es auf seiten des Beklagten aber an der Unternehmereigenschaft, so ist ein Rückgriff nach §§ 640, 636 RVO nicht möglich.

Der Beklagte ist auch nicht als "Repräsentant" oder Betriebsangehöriger der Teilnehmergemeinschaft gemäß §§ 640, 637 RVO ersatzpflichtig. Der Begriff des Repräsentanten, wie ihn § 899 RVO a. F. aufgewiesen hat, ist im vorliegenden Fall nicht mehr von Bedeutung, weil für die Entscheidung des Rechtsstreits die Bestimmung des § 637 RVO n. F., die an die Stelle des § 899 RVO a. F. getreten ist, maßgebend ist. Danach könnte die Klägerin möglicherweise beim Beklagten Rückgriff nehmen, wenn dieser in demselben Betrieb wie die getöteten K. und P. tätiger Betriebsangehöriger gewesen wäre, §§ 640, 637 RVO n. F. Das war jedoch hinsichtlich des Beklagten nicht der Fall.

Wie die Klägerin selbst in ihrer Klage vorträgt, waren K. und P. als Arbeiter der Teilnehmergemeinschaft bei dem Unglücksfall aufgrund dieses Arbeitsverhältnisses für die Teilnehmergemeinschaft tätig. Dagegen gehörte der Beklagte nicht dem Betrieb der Teilnehmergemeinschaft als Arbeitnehmer an. Die Möglichkeit einer solchen Zugehörigkeit scheitert schon daran, daß es sich beim Beklagten um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, die nicht aufgrund eines Arbeitsvertrages mit der Teilnehmergemeinschaft tätig geworden ist, sondern die ihm durch das Flurbereinigungsgesetz, das Bayer. Ausführungsgesetz zum Flurbereinigungsgesetz und durch die VO über die Regelung des kulturtechnischen Dienstes zugewiesenen gesetzlichen Pflichtaufgaben wahrgenommen hat. Allein in diesem Rahmen sind auch der in den Diensten des Beklagten stehende Vorsitzende des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft, der beim Straßen- und Wasserbauamt P. tätige Regierungsbauamtmann K., der Kulturbauaufseher H. und der beim Flurbereinigungsamt L. angestellte Vorarbeiter M. tätig geworden. Deshalb kann auch hinsichtlich dieser Personen von einer Zugehörigkeit zum Betrieb der Teilnehmergemeinschaft keine Rede sein. Damit entfällt auch die Möglichkeit einer Haftung des Beklagten aus §§ 640, 637 RVO an Stelle dieser Personen.

Entgegen der Meinung der Klägerin ergibt sich eine Haftung des Beklagten auch nicht aus § 641 RVO, denn der Beklagte war weder ein vertretungsberechtigtes Organ noch ein gesetzlicher Vertreter des Unternehmers, also der Teilnehmergemeinschaft.

Als Organ der Teilnehmergemeinschaft kommt nach § 21 FlurbG der Vorstand in Betracht. Dessen Zusammensetzung richtet sich nach Art. 7 Bayer. AGFlurbG. Danach aber ist Vorstand der Teilnehmergemeinschaft nicht der Beklagte. Er wird vielmehr von den von der Teilnehmerversammlung zu wählenden Vorstandsmitgliedern gebildet. Lediglich der Vorsitzende des Vorstandes wird vom Flurbereinigungsamt bestimmt und muß ein technisch vorgebildeter Beamter des höheren Flurbereinigungsdienstes sein. Da nach § 26 Abs. 3 FlurbG der Vorsitzende die Vorstandsbeschlüsse auszuführen hat und an die Beschlüsse des Vorstandes gebunden ist (vgl. Steuer FlurbG § 26 Anm. 3), wird auch der Vorsitzende bei Ausübung dieser Tätigkeit nicht als Organ des Beklagten, sondern als Mitglied der Teilnehmergemeinschaft tätig. Der Beklagte ist mithin weder direkt noch auf dem Umweg über den Vorsitzenden Organ der Teilnehmergemeinschaft.

Ebensowenig ist der Beklagte sonstwie gesetzlicher Vertreter der Teilnehmergemeinschaft gewesen. Eine gesetzliche Vorschrift, aus der sich eine gesetzliche Vertretung der Teilnehmergemeinschaft durch den Beklagten ergeben könnte, ist nicht erkennbar. Die Klägerin scheint jedoch zu glauben, dies könnte daraus hergeleitet werden, daß Arbeitsaufträge, Überprüfung der von anderen Unternehmern erbrachten Leistungen und Anweisungen für Zahlungen teils vom Straßen- und Wasserbauamt erteilt bzw. vorgenommen, außerdem ganz allgemein über das Flurbereinigungsamt geleitet wurden. Diese Schlußfolgerung ist jedoch nicht zutreffend, denn die Tätigkeit des Straßen- und Wasserbauamtes beruht nicht auf einem rechtlichen Verhältnis zur Teilnehmergemeinschaft, sondern auf dem bereits unter II aufgeführten gesetzlichen Auftrag zu eigenem Tätigwerden und nicht zu einem Tätigwerden für einen anderen. Soweit das Flurbereinigungsamt in den Geschäftsgang der Teilnehmergemeinschaft eingeschaltet ist, beruht dies nicht auf einer Vertretung der Teilnehmergemeinschaft durch das Amt, sondern zum einen darauf, daß ein Bediensteter dieses Amtes Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft ist und zum anderen darauf, daß das Flurbereinigungsamt im Rahmen der Aufsichtspflicht eine zweckmäßige und sparsame Verwaltung der Teilnehmergemeinschaft gewährleisten muß (vgl. Steuer § 25 FlurbG Anm. 1).

Die Klägerin meint weiter, der Beklagte müsse ihr deshalb Ersatz leisten, weil er entweder mangelhaft ausgebildet oder nicht genügend sorgfältige und nicht genügend überwachte Bedienstete für Tätigkeiten bei der Flurbereinigung abgestellt habe. Auch unter diesem Gesichtspunkt ergibt sich jedoch keine Schadensersatzpflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin.

Soweit in der Abordnung von mangelhaft ausgebildeten, unsorgfältigen und ungenügend überwachten Bediensteten eine Pflichtverletzung gegenüber der Teilnehmergemeinschaft liegen könnte (she. BGH in NJW 71/1129), kann die Klägerin daraus kein Recht herleiten. Der Teilnehmergemeinschaft ist nach dem Vortrag der Klägerin kein Schaden entstanden. Die Klägerin behauptet nämlich selbst nicht, daß die Teilnehmergemeinschaft der Klägerin zum Ersatz irgendwelcher Aufwendungen aufgrund der tödlichen Unfälle der Arbeiter K. und P. verpflichtet sein könnte. Insbesondere läßt sich dem ganzen Vortrag der Klägerin nicht entnehmen, daß deren Vorstand oder der Vorsitzende des Vorstandes durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten den Unfall herbeigeführt haben könnten oder daß der Vorstand oder dessen Vorsitzender bei der Auswahl der von der Klägerin für den Unfall für verantwortlich gehaltenen Herren K., H. und M. nicht genügend sorgfältig gewesen sein könnten. Offensichtlich hatte die Teilnehmergemeinschaft gar keinen Einfluß auf die Bereitstellung von Personal durch den Beklagten. Ein (gar nicht behaupteter) Übergang von Ersatzansprüchen der Teilnehmergemeinschaft gegenüber dem Beklagten auf die Klägerin kann daher keine Grundlage für die Klageansprüche abgeben.

Der Klägerin stünde aus einem solchen Verhalten des Beklagten auch kein unmittelbarer Anspruch zu. Bei der von der Klägerin behaupteten Verhaltensweise des Beklagten könnte es sich allenfalls um eine Amtspflichtverletzung im Sinne des § 839 BGB handeln. Eine solche Haftung würde voraussetzen, daß die Klägerin "Dritte" im Sinne des Gesetzes wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Nach Meinung des Reichsgerichts (RGZ 145/64 ff.) und des erkennenden Senats ist eine Versicherung, die aufgrund eines Versicherungsvertrages für einen Schaden, der dem Versicherungsnehmer infolge einer Amtspflichtverletzung entstanden ist, dem Versicherungsnehmer Ersatz leisten muß, nicht Dritter im Sinne des § 839 BGB. Dritte im Sinne des Gesetzes sind nur solche Personen, deren Belange nach der besonderen Natur des Amtsgeschäftes durch dieses berührt wurden und in deren Rechtskreis dadurch eingegriffen wird (vgl. RG a.a.O. BGHZ 32/146 ff.). Gleiches muß auch dann gelten, wenn es sich bei der Versicherung nicht um eine "Privatperson" handelt, sondern um den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Die von der Klägerin behauptete Abordnung ungeeigneten Personals zu Arbeiten im Rahmen der Flurbereinigung greift nicht in den Rechtskreis der Klägerin ein.

Endlich ergibt sich für die Klägerin für diejenigen Leistungen, deren Ersatz mit der Klage begehrt wird, auch kein Erstattungsanspruch nach § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG dadurch, daß nach § 1542 RVO Ansprüche der Getöteten und deren Hinterbliebenen auf die Klägerin übergegangen sein könnten. Wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt (siehe BGHZ 49/269 ff. und die dort aufgeführte Rechtsprechung) entschieden hat, gilt als anderweitige Ersatzmöglichkeit auch ein Erstattungsanspruch gegen einen Sozialversicherungsträger. Soweit dieser Sozialversicherungsträger den Schaden deckt, entsteht kein Amtshaftungsanspruch, wenn den Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last fällt. Fehlt es aber am Entstehen eines Amtshaftungsanspruches, so kann ein solcher auch nicht nach § 1542 RVO übergehen.

Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin kann den Bediensteten des Beklagten, nämlich K., H. und M. jedenfalls keine vorsätzliche Amtspflichtverletzung angelastet werden. In Betracht kommt allenfalls Fahrlässigkeit dieser Personen, wenn sie, wie die Klägerin behauptet, aus Unkenntnis der Unfallverhütungsvorschriften nicht die notwendigen Sicherungsmaßnahmen beim Anlegen des Drainagegrabens trafen oder aus Arbeitsüberlastung heraus nicht genügend die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften überwachten und garantierten.

Der Klägerin steht daher auch kein nach § 1542 RVO übergegangener Anspruch zu.