Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.04.1995 - BAG 7 AZR 850/94 = ZTR 1996, 39 f.
Aktenzeichen | BAG 7 AZR 850/94 | Entscheidung | Urteil | Datum | 26.04.1995 |
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Gericht | Bundesarbeitsgericht | Veröffentlichungen | = ZTR 1996, 39 f. | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Bei den Arbeitsverträgen von Meßgehilfen mit den jeweiligen Teilnehmergemeinschaften handelt es sich nicht um eine Arbeitnehmerüberlassung an das Land. |
2. | Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG setzt zumindest das Vorliegen einer - wenn auch konkludenten - Vereinbarung zwischen dem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten voraus, nach der der Arbeitnehmer für den Dritten tätig werden soll. |
Aus den Gründen
Im Entscheidungsfalle liegt das Tatbestandsmerkmal der Arbeitnehmerüberlassung schon deshalb nicht vor, weil es an einer Vereinbarung zwischen der jeweiligen Teilnehmergemeinschaft als dem Vertragsarbeitgeber dem beklagten Land fehlt, nach der der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht mehr unmittelbar für den Vertragsarbeitgeber, sondern für das beklagte Land erbringen soll. Ohne eine solche (auch konkludent zu schließende) Vereinbarung können auch die Unterstellung des Arbeitnehmers unter das Weisungsrecht eines Dritten und die Eingliederung in dessen Betriebsorganisation den Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung nicht erfüllen.
Nach der Gesetzessystematik des AÜG beruht die Arbeitnehmerüberlassung auf einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag als einer besonderen Gestaltung der Vertragsformen des drittbezogenen Personaleinsatzes, aufgrund derer ein Arbeitnehmer im Betrieb eines anderen für diesen tätig wird ... Die Merkmale des Weisungsrechts des Dritten und der Eingliederung des Arbeitnehmers in dessen Betriebsorganisation haben lediglich die Funktion, den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag von sonstigen Vertragsformen des drittbezogenen Personaleinsatzes, insbesondere dem Werkvertrag, abzugrenzen ... Dementsprechend hat der Senat im Urteil vom 22.06.1994 (- 7 AZR 286/93 - AP Nr. 16 zu § 1 AÜG), entschieden, für die Annahme einer Arbeitnehmerüberlassung sei zumindest erforderlich, daß der Arbeitnehmer aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung seines Arbeitgebers gegenüber dem Dritten zur Förderung von dessen Betriebszwecken tätig wird. Erst für die weitere Frage, ob dieses Tätigwerden als Erfüllung werk- bzw. dienstvertraglicher Verpflichtungen des vertraglichen Arbeitgebers gegenüber dem Dritten oder im Vollzug eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages anzusehen sei, komme es auf die Weisungsrechte des Dritten gegenüber dem Arbeitnehmer an. Hieran hält der Senat fest. Nachdem im Entscheidungsfall keine Anhaltspunkte selbst für einen konkludenten Vertragsabschluß zwischen der Teilnehmergemeinschaft und dem beklagten Land ersichtlich sind, scheidet mithin bereits aus diesem Grund eine Arbeitnehmerüberlassung aus.
Überdies läßt sich auch nicht feststellen, daß die Kläger ihre Arbeitsleistung nicht für die Teilnehmergemeinschaften als ihren vertraglichen Arbeitgeber, sondern für das beklagte Land erbringen würden. Entgegen der Würdigung des LAG nehmen die Kläger keine Daueraufgaben des beklagten Landes wahr, sondern erfüllen die gesetzlichen Aufgaben der Teilnehmergemeinschaften. Zwar ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 FlurbG die Durchführung der Flurbereinigung von den Ländern als eine besonders vordringliche Maßnahme zu betreiben. Das Flurbereinigungsgesetz regelt aber selbst im einzelnen die Aufgabenverteilung zwischen den Behörden und den Teilnehmergemeinschaften. Die Flurbereinigung ist danach kein behördliches, sondern ein behördlich geleitetes Verfahren, d. h., daß die zuständige Behörde die nötigen Anordnungen und Maßnahmen trifft und durchführt sowie die Aufsicht über das Verfahren ausübt und die Verantwortung für dessen sachgerechte Durchführung trägt (vgl. Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 6. Aufl., § 2 Rz 1). Die Teilnehmergemeinschaft bleibt aber Trägerin des Flurbereinigungsverfahrens. Sie hat nach § 18 Abs. 1 Satz 1 FlurbG das Recht und die Pflicht, die gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Teilnehmer (Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigte) wahrzunehmen. Ihr obliegt es, die Flurbereinigung gerade in tatsächlicher Hinsicht durchzuführen ... Im Rahmen dieser Aufgabenstellung schließen die Teilnehmergemeinschaften Verträge im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, insbesondere auch Arbeitsverträge mit Meßgehilfen wie den Klägern ab ...