Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 29.04.1975 - 3 C 52/74 = AgrarR 1975 S. 364
Aktenzeichen | 3 C 52/74 | Entscheidung | Urteil | Datum | 29.04.1975 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | = AgrarR 1975 S. 364 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Aufsicht des Kulturamtsvorstehers über den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft nach § 17 FlurbG umfaßt auch die Befugnis, den Kassenverwalter zur Auszahlung bestimmter Geldbeträge anzuhalten. Kommt dieser einer solchen Aufforderung nicht nach, so ist eine Ersatzvornahme durch den Kulturamtsvorsteher gemäß § 137 Abs. 2 FlurbG in Verbindung mit§ 10 VwVG möglich. |
Aus den Gründen
Es ist nicht zu beanstanden, daß das Kulturamt seine im Bescheid vom 29.3.1974 verfügte Anordnung gegen die Klägerin auf § 17 FlurbG stützte. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung untersteht die Teilnehmergemeinschaft der Aufsicht der Flurbereinigungsbehörde, unabhängig davon, ob es sich um Vorgänge der privaten oder öffentlichen Rechtssphäre handelt. Dies hat den Zweck, sicherzustellen, daß die Teilnehmergemeinschaft stets im Einklang mit dem Flurbereinigungsgesetz handelt. Dem Kulturamtsvorsteher steht es frei, sich dieser Aufsichtsvorschrift des § 17 a.a.O. zu bedienen, um die Klägerin zu einer nach seiner Ansicht erforderlichen Tätigkeit anzuhalten. Daran ändert auch nichts die Erwägung, daß die Rückzahlung der 163.440,-- DM auf anderem Wege, etwa z. B. durch einen Rückforderungsbescheid durch die Obere Flurbereinigungsbehörde, vielleicht schneller und einfacher hätte zum Ziel führen können. Die Staatsaufsicht ist nämlich ein selbständiges Mittel, um ein gesetzmäßiges Verhalten der Teilnehmergemeinschaft sicherzustellen, unabhängig davon, ob eventuelle Ansprüche gegen die Teilnehmergemeinschaft auf anderem Wege ebenfalls hätten durchgesetzt werden können. Die Rechtmäßigkeit der vom Kulturamt vorgenommenen Anordnung hängt somit davon ab, ob die fraglichen Bundes- und Landeshaushaltsmittel durch den Beklagten von der Klägerin zurückverlangt werden können.
Diese Frage ist zu bejahen. Anspruchsgrundlage ist die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung vom 30.6.1965, die ihrem Wesen nach als eine solche öffentlich-rechtlicher Art anzusehen ist, weil es sich bei ihr um Ausbaumaßnahmen der Teilnehmergemeinschaft handelt, die diese im Rahmen der § 18, § 42 FlurbG durchzuführen hatte. In der Vereinbarung hatte die Klägerin die Richtlinien und Bedingungen, in denen ein Rückforderungsrecht für die öffentlichen Zuwendungen festgelegt worden ist, ausdrücklich anerkannt. Bezüglich der Bundesmittel sind Zuwendungen nach § 2 der "Allgemeinen Bewilligungsbedingungen für die Gewährung von Zuwendungen aus Bundeshaushaltsmitteln" nach § 64 a Reichshaushaltsordnung - MinBl BMF 1953 S. 381 - in voller Höhe zurückzuzahlen, wenn sie ihrem Zweck entsprechend nicht mehr verwandt werden. Speziell für Flurbereinigungsmittel ist dies nochmals in Nr. 23 der "Richtlinien für die Verwendung von Bundeshaushaltsmitteln zur Förderung der Flurbereinigung" bestimmt.
Die Androhung des Zwangsmittels unter Ziff. II des Bescheides des Kulturamts vom 29.3.1974 ist ebenfalls rechtlich einwandfrei. Wenn die Klägerin auf die Vollstreckungsmittel der Geldforderung verweist (Pfändung und Überweisung), verkennt sie, daß hier nicht etwa erlassene Rückforderungsbescheide der Bewilligungsbehörde, d. h. früher des Landwirtschaftsministeriums und heute der Bezirksregierung, vollstreckt werden sollten, sondern eine aufsichtsbehördliche Anordnung, die sich auf ein Verwaltungshandeln, nämlich das der Geldüberweisung, richtet. Für eine derartige Verwaltungsmaßnahme ist auch eine Ersatzvornahme nach § 137 Abs. 2 FlurbG i. V. m. § 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz zulässig. Zwar ist diese Ersatzvornahme in § 17 FlurbG nicht mehr ausdrücklich festgelegt. Das ist indessen unschädlich, da eine entsprechende Vorschrift in dem Gesetzesvorläufer, der Reichsumlegungsordnung, ausdrücklich vorgesehen war. Gegen die Übernahme dieses Gesetzesgedankens bestehen keine Bedenken, da die Vorschriften über die Aufsicht der Flurbereinigungsbehörde über die Teilnehmergemeinschaft in der Reichsumlegungsordnung einerseits und im Flurbereinigungsgesetz andererseits im Wortlaut nur unwesentlich voneinander abweichen (vgl. Helbing, IKO 1956, S. 149). Auch kennen verwandte Institutionen ähnliche Bestimmungen, so etwa z. B. § 126 der Ersten Wasserverbandsverordnung für die Wasser- und Bodenverbände, und auch § 123 Gemeindeordnung von Rheinland-Pfalz für die Kommunen. Das Kulturamt handelte also rechtmäßig, als es für den Fall der Nichterfüllung der verlangten Verwaltungshandlung die Ersatzvornahme androhte.