Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.11.1976 - V B 82.74 = RdL 1977 S. 323
Aktenzeichen | V B 82.74 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 01.11.1976 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1977 S. 323 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zum Verhältnis des § 15 FlurbG zu § 892 BGB. |
2. | Bei der Flurbereinigung tritt die Landabfindung in rechtlicher Hinsicht an die Stelle der Einlage. Diese Rechtsänderung vollzieht sich außerhalb des Grundbuchs. |
3. | Durch die Ausführungsanordnung wird der Inhalt des Grundbuches unrichtig und bedarf der Berichtigung (im Anschluß an BVerwGE 9, 288). |
4. | Die Berichtigung der öffentlichen Bücher ist ein Teil der Ausführung des Flurbereinigungsplanes und die formelle Seite der durch die Ausführungsanordnung getroffenen materiellen Entscheidung. |
Aus den Gründen
Durch § 15 FlurbG wird der Grundstücksverkehr während des Verfahrens nicht eingeschränkt. Wer - wie die Kläger - während des Verfahrens im Flurbereinigungsgebiet liegende Grundstücke erwirbt, muß das bis zu seiner Eintragung im Grundbuch oder bis zur Anmeldung des Erwerbs durchgeführte Verfahren gegen sich gelten lassen. Der Rechtsnachfolger wird Teilnehmer des Verfahrens; ebenso wie er die Rechtsmittel des Rechtsvorgängers weiterverfolgen kann, muß er die hinsichtlich des Rechtsvorgängers rechtskräftig gewordenen Teile des Flurbereinigungsplans und der Nachträge gegen sich gelten lassen. Von der Befugnis, als Rechtsnachfolger die dem Rechtsvorgänger eröffneten Rechtsmittel weiterzuverfolgen und die ihn als Teilnehmer betreffenden Entscheidungen anzugreifen, hat der Kläger mehrfach Gebrauch gemacht. Soweit die von ihm aufgenommenen oder selbst betriebenen Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sind, ist er entweder als Rechtsnachfolger oder als Beteiligter nach § 121 VwGO an die Entscheidungen gebunden (Beschluß vom 26.3.1973 - BVerwG V B 29.72).
Der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist von der Rechtskraft der vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren nicht erfaßt. Indessen hat nach den Feststellungen d es Flurbereinigungsgerichts der Nachtrag IX dem Kläger unter dem Gesichtspunkt der Herstellung einer wertgleichen Abfindung keine Beschwer gebracht. Gleichwohl hat das Flurbereinigungsgericht die Klage nicht wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen, sondern sachlich dargelegt, daß der Kläger weder die seiner Rechtsvorgängerin und ihm zuteil gewordene Abfindung in Frage stellen noch seine Beteiligung am Flurbereinigungsverfahren außer Betracht lassen könne.
Die als wesentlicher Gegenstand des Beschwerdevorbringens aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis des § 15 FlurbG zu § 892 BGB hat keine grundsätzliche Bedeutung, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte. Die durch die Plangestaltung im Flurbereinigungsverfahren bewirkte Rechtsänderung vollzieht sich außerhalb des Grundbuchs. Deshalb bedarf die Anordnung des Flurbereinigungsverfahrens keiner Eintragung im Grundbuch. Aus diesem Grunde unterliegt der Grundstücksverkehr während des Verfahrens auch keiner Beschränkung. Lediglich der Teilnehmer, der ganz oder für einzelne alte Grundstücke in Geld abgefunden worden ist, darf diese Grundstücke weder belasten noch veräußern. Nur insoweit ist auf Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde das nach § 53 Abs. 2 FlurbG bestehende gesetzliche Verfügungsverbot in das Grundbuch einzutragen.
Daß durch das Flurbereinigungsverfahren eine Beeinträchtigung des Schutzes gutgläubigen Erwerbs nicht eintritt, ist durch die Rechtsprechung prinzipiell geklärt. In seiner Entscheidung vom 4.11.1959 (BVerwGE 9; 288 (289)) hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, daß durch den Plan selbst noch keine rechtlichen Wirkungen eintreten, vielmehr es dafür noch der Ausführung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bedarf. Diesen Erfordernissen dienen die Ausführungsanordnung, die Berichtigung des Grundbuchs und die Überleitungsbestimmungen.
Ergänzend hierzu wird in dieser Entscheidung ausgeführt:
"Durch die Ausführungsanordnung tritt die für den einzelnen Teilnehmer im Umlegungsplan ausgewiesene Landabfindung in rechtlicher Hinsicht als Surrogat an die Stelle seiner alten Grundstücke (§ 68 Abs. 1 RUO). Die Rechtsänderung vollzieht sich außerhalb des Grundbuchs, und zwar in dem Zeitpunkt, der in der Ausführungsanordnung festgesetzt wird (§ 65 Abs. 3 RUO). Von diesem Zeitpunkt an kann der Teilnehmer nur noch über die ihm zugeteilten Grundstücke verfügen. Die Ausführungsanordnung bewirkt eine Änderung nicht in der Person des Eigentümers, sondern im Gegenstand des Eigentumsrechts. Hierdurch wird der Inhalt des Grundbuchs unrichtig und bedarf der Berichtigung. Weil der Rechtsübergang kraft Surrogation eintritt, bleibt die Eigentumseintragung unverändert; es ist nur eine Berichtigung der Bestandsangaben vorzunehmen".
Das Surrogationsprinzip beherrscht auch das Neuordnungsverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz (vgl. § 61 Satz 2, § 62, § 63 FlurbG). Die Berichtigung des Grundbuchs zu veranlassen, ist Aufgabe der Flurbereinigungsbehörde (§ 79 Abs. 1 FlurbG). Die Berichtigung der öffentlichen Bücher ist ein Teil der Ausführung des Flurbereinigungsplans und die formelle Seite der durch die Ausführungsanordnung getroffenen materiellen Entscheidung. Berichtigungsgrundlage ist danach der rechtskräftig festgestellte Flurbereinigungsplan.