Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss vom 21.03.1967 - 7 W 339/66 = Rpfleger 1967, 417

Aktenzeichen 7 W 339/66 Entscheidung Beschluss Datum 21.03.1967
Gericht Oberlandesgericht Koblenz Veröffentlichungen Rpfleger 1967, 417  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Wer durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung Eigentümer wird, muß gemäß § 15 FlurbG das bisher durchgeführte Verfahren gegen sich gelten lassen.
2. Nicht die vorläufige Besitzeinweisung, sondern erst der Eintritt des neuen Rechtszustandes hindert den Zuschlag der alten Grundstücke in der Zwangsversteigerung.

Aus den Gründen

Die von der Zwangsversteigerung betroffenen Grundstücke liegen im Flurbereinigungsgebiet. Durch Anordnung vom 31.1.1966 hat das zuständige Kulturamt die Beteiligten des Flurbereinigungsverfahrens gem. § 65 FlurbG in den Besitz der neuen Grundstücke (Abfindungsgrundstücke) eingewiesen. Der Meistbietenden wurde am 15.8.1966 der Zuschlag erteilt. Die Schuldnerin hat diesen Beschluß angefochten und vorgetragen, die im Grundbuch eingetragenen Grundstücke seien infolge des Flurbereinigungsverfahrens nicht mehr vorhanden. Sie habe neue Grundstücke erhalten, die verpachtet seien. Das Flurbereinigungsverfahren habe Interessenten vom Bieten abgehalten. Hierdurch sei ihr Grundvermögen verschleudert worden.

Die vom LG getroffene Feststellung, daß der Zuschlagsbeschluß die Vorschrift des § 83 Nr. 6 ZVG verletzt habe, weil die Zwangsversteigerung wegen des laufenden Flurbereinigungsverfahrens unzulässig gewesen sei, ist nicht gerechtfertigt. Vielmehr bildete die Tatsache, daß die zu versteigernden Grundstücke im Flurbereinigungsgebiet liegen, kein Hindernis für das Zwangsversteigerungsverfahren. Richtig ist allerdings, daß der Zuschlag gem. § 83 Nr. 6 ZVG dann zu versagen ist, wenn das Grundstück untergegangen ist. Im Flurbereinigungsverfahren gehen jedoch die bisherigen Grundstücke erst im Zeitpunkt des von der Flurbereinigungsbehörde mit der Ausführungsanordnung zu bestimmenden Eintritts des neuen Rechtszustandes unter (§ 61 - § 63 FlurbG). Erst in diesem Zeitpunkt treten die im Flurbereinigungsplan vorgesehenen Rechtsänderungen ein mit der Folge, daß nunmehr nur noch über die neuen Grundstücke verfügt werden kann (vgl. Steuer, FlurbG, Anm. 4 zu § 62). Die vom LG zitierten Kommentarstellen, daß im Falle der Zusammenlegung das eingetragene Grundstück nicht mehr den Gegenstand der Versteigerung bilden könne, beziehen sich daher nur auf den Zeitraum, der zwischen dem Eintritt des neuen Rechtszustandes im Sinne des § 61 S. 2 FlurbG und der Berichtigung des Grundbuches gem. § 79 FlurbG liegt.

Bis zu dem von der Flurbereinigungsbehörde mit der Ausführungsanordnung zu bestimmenden Eintritt des neuen Rechtszustandes wird dagegen der Grundstücksverkehr, wie sich aus § 15 FlurbG ergibt, weder unterbunden noch behindert. Erwerb und Veräußerung von Grundstücken, die im Flurbereinigungsgebiet liegen, sind bis zu diesem Zeitpunkt auch weiterhin möglich. Das Flurbereinigungsverfahren hat bei Grundstücksübertragungen bis zum Eintritt des neuen Rechtszustandes lediglich zur Folge, daß der Erwerber eines im Flurbereinigungsgebiet liegenden Grundstückes das bisher durchgeführte Verfahren gegen sich gelten lassen muß (§ 15 FlurbG). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob sich der Grundstückserwerb durch Rechtsgeschäft oder in anderer Weise, z. B. durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren vollzieht (vgl. Steuer, a.a.O., Anm. 3 zu § 15; sowie Seehusen-Schwede-Nebe, FlurbG Anm. zu § 15).

Bei dieser Rechtslage ist die Feststellung gerechtfertigt, daß die bis zur Zuschlagsentscheidung vom 15.8.1966 bestehende Lage des Flurbereinigungsverfahrens kein Hindernis für den Zuschlag bildete. Denn der neue Rechtszustand war zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten. Er trat vielmehr ausweislich der von der Flurbereinigungsbehörde gemäß § 63 FlurbG am 9.9.1966 erlassenen vorzeitigen Ausführungsanordnung erst mit dem 10.10.1966 ein.

Die vorläufige Besitzeinweisung der am Flurbereinigungsverfahren Beteiligten vom 31.1.1966 durch die Flurbereinigungsbehörde gemäß § 65 FlurbG steht dem nicht entgegen. Denn diese hat auf die Eigentumsverhältnisse und insbesondere auf das Recht des Eigentümers, über die alten Grundstücke zu verfügen, keinen Einfluß (vgl. Steuer a.a.O., Anm. 3 zu § 66). Im Versteigerungstermin sind daher zu Recht die zum damaligen Zeitpunkt noch im Eigentum der Schuldnerin stehenden bisherigen Grundstücke versteigert und dem Meistbietenden zugeschlagen worden (vgl. Zeller, ZVG, 7. Aufl., § 1 Anm. 78; § 37 Anm. 11; § 56 Anm.; § 90 Anm. 5). Dem LG ist zwar darin beizupflichten, daß es bei der Versteigerung von Anwesen, die im Flurbereinigungsgebiet liegen, unter Umständen unklar sein kann, welche Abfindungsgrundstücke an deren Stelle treten oder ob der Ersteher damit rechnen muß, anstelle eines Grundstückes eine Entschädigung in Geld zu erhalten. Diese Folge ist in der Natur des Flurbereinigungsverfahrens begründet. Sie war auch dem Gesetzgeber bekannt, wie sich aus § 15 FlurbG ergibt. Daß er hieraus keine Folgerungen gezogen hat, zeigt, daß er sie im Interesse einer Beschleunigung des Zwangsversteigerungsverfahrens in Kauf genommen hat.