Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 29.07.1991 - 7 S 2151/90 = AgrarR 1992 S. 272

Aktenzeichen 7 S 2151/90 Entscheidung Urteil Datum 29.07.1991
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen AgrarR 1992 S. 272  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Ist der Flurbereinigungsplan endgültig ausgeführt und das Grundbuch berichtigt, so sind damit die durch die Planausführung entstehenden dinglichen Rechte vom Flurbereinigungsverfahren in das Privatrecht entlassen. Dann kann das Flurbereinigungsamt ein im Grundbuch eingetragenes Recht, auf dessen späteren gutgläubigen Erwerb sich ein Dritter beruft, nicht mehr durch Planänderung auf den Beschrieb des alten Bestandes "zurückführen".

Aus den Gründen

Das Flurbereinigungsamt war weder im Rahmen von § 64 FlurbG zu der angefochtenen Planänderung befugt noch durfte es nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG dem Widerspruch der Beigeladenen abhelfen. Denn dieser war jedenfalls am 29.08.1989 unbegründet.

Mit der am 25.01.1984 erfolgten Eintragung des Fischereirechts "im Forellenbach, Flurstück 1023 (K.), von der Landesgrenze auf eine Länge von 330 m" als grundstücksgleiches Recht im Grundbuch zugunsten des Freiherrn von K. war der Flurbereinigungsplan ausgeführt und "das durch die Planausführung entstandene dingliche Recht vom Flurbereinigungsverfahren in das Privatrecht entlassen" (BVerwG, Urteil vom 25.04.1989 - 5 C 41.84 -, RzF - 24 - zu § 64 FlurbG, RdL 1989, 183). Der ursprünglich vorzeitig ausgeführte Flurbereinigungsplan war seit dem 15.12.1981 unanfechtbar. Nach der Planausführung war das Flurbereinigungsamt nicht mehr befugt, durch eine Planänderung in die zwischen dem Kläger und der Beigeladenen entstandene privatrechtliche Streitigkeit einzugreifen und einen früheren Rechtszustand wiederherzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.04.1989, a.a.O.).

Dem Widerspruch der Beigeladenen, hinsichtlich dessen die Voraussetzungen der Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG erfüllt sind, konnte und kann in der Sache nicht abgeholfen werden, weil die Beigeladene nicht nachgewiesen hat, daß dem Kläger das streitige Fischereirecht nicht zusteht.

Denn entweder entspricht der neue Beschrieb und Grundbucheintrag dem bisherigen Rechtsstand. Dann besteht kein Grund, den alten Beschrieb wiederherzustellen. Oder aber es war durch den neuen Beschrieb dem Freiherrn von K. ein ihm bis dahin nicht zustehendes Fischereirecht zugeschrieben worden. Dann war durch dessen Eintrag im Grundbuch das Grundbuch zwar unrichtig geworden; das Recht ist aber beim Erwerb durch den Kläger mit dessen Eintragung als Berechtigter entstanden und das Grundbuch seitdem richtig. Das ergibt sich aus folgendem:

Das Fischereirecht ist ein Aneignungsrecht (§§ 958, 960 BGB), das, sofern es vor Inkrafttreten des baden-württembergischen Fischereigesetzes vom 14.11.1979 (GBl. S. 466) - FischG - bereits nach altem Recht entstanden war, aufrechterhalten bleibt (§ 6 Abs. 1 FischG). Auf die aufrecht erhaltenen grundstücksgleichen Fischereirechte finden die für Grundstücke geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung (§ 6 Abs. 3 FischG; ebenso Art. 232 Abs. 1 Württ. AGBGB i. V. m. Art. 69 EGBGB). Solche grundstücksgleichen Fischereirechte stellten im alten württembergischen Landesteil sog. selbständige Fischereigerechtigkeiten dar, wenn für sie ein selbständiges Grundbuchblatt angelegt worden war. Sie mußten dann nur auf diesem eigenen Grundbuchblatt erscheinen, nicht aber notwendigerweise auch als Belastung in Abteilung II des Grundbuchblatts des betroffenen Gewässergrundstücks (vgl. hierzu auch von Brauchitsch, Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Band Vl, Teilziff. 4.4.4.8.4.3). Jedenfalls durch die Übertragung auf ein besonderes Grundbuchblatt wurde das Fischereirecht nach außen hin eine "selbständige Gerechtigkeit", deren Wesen darin besteht, daß sie subjektiv weder an ein Grundstück noch an eine bestimmte Person gebunden ist, sondern frei von einer derartigen Beziehung besteht und somit frei veräußerlich, vererblich und belastbar ist (so PrOVG, Entscheidung vom 18.04.1929, RuPrVwBl 50 (1929), 483 zum insoweit entsprechenden früheren preußischen Recht). Mit Aufnahme in ein eigenes Grundbuchblatt haben selbständige Fischereirechte zugleich die in § 891 BGB normierte Vermutung der Richtigkeit der Eintragung, was auch dann gilt, wenn eine Eintragung auf dem belasteten Grundbuchblatt fehlt (PrOVG, a.a.O.; von Brauchitsch, a.a.O., Teilziff. 4.4.8.4.3.7).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger das genannte Fischereirecht im Forellenbach, Flurstück 1023, Gemarkung K., gem. §§ 873, 892 und 925 BGB mit Auflassung vor dem Notar und Eintragung im Grundbuch am 19.04.1988 vom Vorinhaber Freiherr von K. rechtswirksam erworben. Dieser war im Grundbuch von D./l.(Nr. 1337) am 25.01.1984 als Vorinhaber eingetragen worden, und es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger bis zu seiner Eintragung am 19.04.1988 hinsichtlich der Fischereiberechtigung seines Rechtsvorgängers bösgläubig gewesen sein sollte; dafür hätte es nämlich positiver Kenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuchs bedurft, wovon schon deshalb keine Rede sein kann, weil im einzelnen schwer nachvollziehbar ist, wie sich seit dem Jahr 1900 durch verschiedene Gewässerausbaumaßnahmen der Gewässerverlauf geändert hat, und die zum Umfang des Fischereirechts eingeholte Auskunft des staatlichen Vermessungsamts B. vom 21.09.1966 den mit "Schendbächlein wahrscheinlich Bach 5 auf Gemarkung K." bezeichneten Vorläufer des jetzigen Bachflurstücks 1023 als Teil des fraglichen Fischereirechts genannt hatte. Zudem hatte das Vermessungsamt B. dem Kläger am 23.03.1988 auf Anfrage mitgeteilt, das Fischereirecht erstrecke sich auf die Flurstücke "... Gemarkung K. Flurstück 1023, 2751 qm Forellenbach (ca. 300 m)".

Auch wenn der Kläger bei Erwerb des Fischereirechts gewußt haben sollte, daß dessen Umfang im einzelnen streitig ist - wofür es i. ü. keine Anhaltspunkte gibt -, könnten ihm allenfalls gewisse Zweifel gekommen sein. Das bedeutet aber noch nicht, daß er dann die etwaige Unrichtigkeit des Grundbuchs positiv gekannt hätte.

Es ist insoweit auch unerheblich, daß hinsichtlich des auf Gemarkung K. gelegenen Fischereirechts nicht das Grundbuchamt D., sondern das in K. zuständig war und ist (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 GBO). Denn die Eintragung ist als Handlung eines örtlich unzuständigen Grundbuchamts nicht unwirksam (§ 7 FGG), so daß sich der Kläger auch auf die den angrenzenden Grundbuchbezirk betreffende Bucheintragung berufen darf. Darüber hinaus ist der Kläger nachfolgend am 13.05.1988 auch im Grundbuch von K./l. (Nr. 1427) als Inhaber des hier streitigen Fischereirechts eingetragen worden, und zwar gleichzeitig mit der geröteten Voreintragung seines Rechtsvorgängers. Auch dadurch ist den Anforderungen des § 892 BGB an den gutgläubigen Erwerb genügt (ebenso Palandt, 30. Aufl., Anm. 7 d, dd zu 892 BGB; vgl. auch BGH, Urt. v. 31.10.1968, NJW 1969, 93 f). Für den gutgläubigen Erwerb nach § 892 BGB ist nämlich eine Kenntnis vom Buchstand ebensowenig erforderlich wie ein Vertrauen auf den Buchstand oder eine Kausalität zwischen Buchstand und Erwerb (BGH, Urt. vom 16.05.1980, NJW 1980, 2413 f).

Der rein zivilrechtlich wirksame Erwerb des Fischereirechts im Forellenbach Flurstück 1023 durch den Kläger steht ungeachtet dessen, daß maßgeblicher Anlaß für die den Gutglaubensschutz rechtfertigende Grundbuchbeschreibung der in der Flurbereinigung erfolgte Neubeschrieb gewesen war, einer "Rückführung" im Flurbereinigungsverfahren auf den alten Beschrieb entgegen, weil damit, wenn der Kläger das Recht mit Gutglaubensschutz - also originär - erworben hat, eine unzulässige Rechtsänderung verbunden wäre. Deshalb geht auch der Hinweis des Beklagten auf § 15 FlurbG fehl.