Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 04.12.2014 - 13 A 14.565 = KommunalPraxis BY 2015, 144 (Leitsatz) (Lieferung 2016)

Aktenzeichen 13 A 14.565 Entscheidung Urteil Datum 04.12.2014
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen = KommunalPraxis BY 2015, 144 (Leitsatz)  Lieferung 2016

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Schlussbescheid und Verwendungsnachweis nach den bayerischen Verwaltungsvorschriften sind keine Verwaltungsakte. Die Schlussabrechnung, auf deren Grundlage die endgültigen Kostenbeiträge errechnet werden, stellt einen anfechtbaren Verwaltungsakt dar, wenn keine gesonderten Beitragsbescheide ergehen.
2. Die Arbeitshilfen und Vorschriften für die Ländliche Entwicklung in Bayern - AVLE - Heft 6 - Gemeinschaftliche und öffentliche Anlagen - sind Verwaltungsvorschriften. Sie bewirken eine rechtliche Bindung des Ermessens und lassen ein Abweichen von der dadurch vorgegebenen Verfahrensweise nur noch in besonderen atypischen Ausnahmefällen zu.

Aus den Gründen

15    Soweit sich die Klage gegen den Schlussbescheid richtet, ist sie unzulässig.


16    Wie bereits im Widerspruchsbescheid des ALE vom 9. Januar 2014 ausgeführt, stellen der Schlussbescheid und der Verwendungsnachweis keine anfechtbaren Verwaltungsakte dar. Damit kommen ein Widerspruch und eine nachfolgende Anfechtungsklage (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 42 Abs. 1 VwGO) nicht in Betracht. Das ergibt sich aus Folgendem:


17    Der Schlussbescheid ergeht im Rahmen des finanziellen Abschlusses des Verfahrens. Hierfür werden von der TG abschließend die für das Verfahren festgelegten und genehmigten Maßnahmen sowie deren Kosten und Finanzierung dargestellt. Mit dem Schlussbescheid wird der TG vom ALE die ordnungsgemäße Abrechnung bestätigt. Im Flurbereinigungsgesetz ist in § 149 nur die Schlussfeststellung geregelt. Das ist die Feststellung, dass die Ausführung nach dem Flurbereinigungsplan bewirkt ist und dass den Beteiligten keine Ansprüche mehr zustehen, die im Flurbereinigungsverfahren hätten berücksichtigt werden müssen. Zugleich wird festgestellt, dass die Aufgaben der Teilnehmergemeinschaft abgeschlossen sind. Dem geht der finanzielle Abschluss voraus, zu dem das Flurbereinigungsgesetz keine Vorschriften enthält. Die Verwaltung führt den finanziellen Abschluss vielmehr nach den Vorgaben der bayerischen Verwaltungsvorschriften durch, den Arbeitshilfen und Vorschriften für die Ländliche Entwicklung in Bayern, Heft 6 - Gemeinschaftliche und öffentliche Anlagen (AVLE 6; abgedruckt in Linke/Mayr, AGFlurbG, 2012, Nr. II.9). Diese Verwaltungsvorschriften, die darauf abzielen, die Ermessensausübung der Flurbereinigungsbehörden im Freistaat Bayern vereinheitlichend zu steuern, bewirken eine rechtliche Bindung des Ermessens (s. hierzu BVerwG, U.v. 10.12.2008 - 9 C 1.08 - RdL 2009, 94; BayVGH, U.v. 12.3.2009 - 13 A 08.2738 - RdL 2009, 322) und lassen ein Abweichen von der dadurch vorgegebenen Verfahrensweise nur noch in besonderen atypischen Ausnahmefällen zu. Den dortigen Anforderungen entsprechend hat der Vorstand der beklagten TG in seiner Sitzung vom 19. Mai 2010 die endgültige Abrechnung des Verfahrens beschlossen. Dazu wurden die Forderungen und Verbindlichkeiten der Teilnehmergemeinschaft gegenübergestellt und so das endgültige "Soll" festgestellt. Hieraus wurde der Beitragsmaßstab für die Teilnehmer festgesetzt. Mit dem Verwendungsnachweis legt die TG nach Durchführung des Verfahrens die Verwendung der insgesamt gewährten Zuwendungen dar (siehe Nr. 6.7.4 AVLE 6). Auch wenn zur Information der Beteiligten eine Bekanntgabe erfolgt, handelt es sich allein um einen zahlenmäßigen Nachweis und einen Sachbericht der TG gegenüber dem ALE. Hierzu stellt der Vorstand der TG vorab fest, dass die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt und alle Forderungen beglichen sind. Nach der Prüfung durch das ALE und die sonstigen Prüf- und Kontrollorgane (Nr. 7.3 ff. AVLE 6) wird der Schlussbescheid auf der Grundlage der Schlussabrechnung und des anerkannten Verwendungsnachweises vom ALE erlassen. Hierdurch bestätigt das ALE der TG die Richtigkeit des Berichts und stellt fest, dass die Finanzierung eines Verfahrens ordnungsgemäß abgeschlossen wurde (siehe Nr. 8.3 AVLE 6).


18    Damit entfalten sowohl der Verwendungsnachweis als auch der Schlussbescheid, der gegenüber der TG ergeht, keine hoheitlichen Funktionen gegenüber den Teilnehmern. Die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts nach Art. 35 BayVwVfG, eine hoheitliche Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen, liegen nicht vor, so dass es keine Widerspruchs- und Anfechtungsmöglichkeit gibt. Da eine Rechtswirkung gegenüber dem Kläger nicht erzeugt wird, scheidet auch eine Leistungsklage aus.


19    Soweit sich die Klage gegen die von der TG vor Abschluss des Verfahrens durchgeführte Schlussabrechnung richtet, ist sie zwar zulässig, aber nicht begründet. Das betrifft die Einwendungen des Klägers gegen die Verrohrung eines Wassergrabens und die Trassenführung von fünf im Einzelnen genannten Wegen. Mit seinem Vortrag bringt er zum Ausdruck, dass er bestimmte Maßnahmen der Beklagten für möglicherweise unwirtschaftlich und die sich hieraus ergebenden Kostenbeiträge sowie den von der TG vor der Schlussfeststellung erstellten Rechnungsabschluss (Schlussabrechnung) für fehlerhaft hält.


20    Im Gegensatz zum Schlussbescheid ist die vom Vorstand der beklagten TG am 19. Mai 2010 beschlossene Schlussabrechnung ein anfechtbarer Verwaltungsakt. Gemäß Nr. 8.1 AVLE 6 werden die endgültigen Kostenbeiträge der Beteiligten nach Erledigung der Prüfungserinnerungen und auf der Grundlage des vom Amt anerkannten Verwendungsnachweises berechnet. Den Beteiligten wird zur Information über ihre endgültigen Kostenbeiträge, ihre sonstigen noch bestehenden Zahlungsverpflichtungen und ihre bisher erbrachten Leistungen ein Kontoauszug übersandt. Dies ist vorliegend geschehen, nachdem der Vorstand der beklagten TG die Schlussabrechnung beschlossen hatte. Im Amts- und Mitteilungsblatt des Markts Bechhofen vom 10. Juni 2010 wurde auf die Auslegung der Schlussabrechnung vom 14. bis 29. Juni 2010 hingewiesen. Wenn - wie hier - lediglich der Kontoauszug versandt wird und kein gesonderter Bescheid ergeht, ist die Schlussabrechnung der entscheidende Verwaltungsakt im Sinn von Art. 35 BayVwVfG, gegen den die Teilnehmer mit Widerspruch und Klage vorgehen können (BayVGH, U.v.14.2.2002 - 13 A 99.3405 - juris; U.v. 28.1.1993 - 13 A 91.182 - BayVBl 1993, 629). Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zum Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Februar 1976 (109 XIII 74 - = RzF - 62 - zu § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG). Zwar ist dort ausgeführt, dass die "Schlussabrechnung" kein Verwaltungsakt sei. Damit wird aber nicht die hier in Streit stehende Schlussabrechnung, sondern der "Verwendungsnachweis" bezeichnet. Das ergibt sich aus den Ausführungen (UA S. 2) "stellte der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft am 20.10.1973 die Schlussabrechnung fest (Verwendungsnachweis über Einnahmen und Ausgaben des Gesamtverfahrens)." Dieser werde einem überörtlichen Prüfungsverfahren unterzogen, nach Behebung von Prüfungserinnerungen von der Flurbereinigungsdirektion (jetzt ALE) anerkannt und bilde die Grundlage für den Schlussbescheid.