Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 13.03.1975 - 65 XIII 73

Aktenzeichen 65 XIII 73 Entscheidung Urteil Datum 13.03.1975
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren.

Aus den Gründen

Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger, die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Kläger für das Beschwerdeverfahren für notwendig zu erklären (§ 88 VwGO), ist Art. 16 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 AGVwGO (vgl. Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 3.4.1974, BayVBl. 1975, 56).

§ 147 Abs. 5 FlurbG und Art. 30 AGFlurbG treffen keine Regelung über die Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen eines Beteiligten im Beschwerdeverfahren. Es ist daher insoweit auf die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung und der hierzu ergangenen landesrechtlichen Regelungen zurückzugreifen. Nachdem § 162 VwGO nicht zur Anwendung kommt, weil wegen der Erledigung der Beschwerde während des Vorverfahrens in der Hauptsache kein Klageverfahren nachfolgte, hat das Gericht zu prüfen, ob die Flurbereinigungsdirektion B. als Beschwerdebehörde bei ihrer Kostenentscheidung im Bescheid vom 31.10.1973 gemäß Art. 16 Abs. 3 Satz 2 AGVwGO zu Recht davon ausgegangen ist, daß eine Notwendigkeit für die Zuziehung eines Rechtsanwaltes nicht bestanden habe.

Für die von der Behörde nach Art. 16 AGVwGO zu treffende Entscheidung gelten die Grundsätze, welche von den Verwaltungsgerichten zu der gleichlautenden Vorschrift des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO entwickelt worden sind. Hiernach ist darauf abzustellen, ob dem Widersprechenden nach seinen persönlichen Verhältnissen zugemutet werden konnte, das Vorverfahren allein zu betreiben; die Frage ist zu beurteilen vom Standpunkt einer verständigen Partei aus und nicht aus der Sicht einer rechtskundigen Person (vgl. Eyermann-Fröhler, Rd. Nr. 12 zu § 162 VwGO).

Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß die Kläger seit September 1969 von der beklagten Teilnehmergemeinschaft Ausgleichszahlungen für von ihnen u.a. auf den Grundstücken 1462 und 1231 geleistete Arbeiten verlangen. Diese Forderungen waren bereits Gegenstand des Klageverfahrens Nr. 6 XIII 70, in welchem die Kläger von ihren bevollmächtigten Rechtsanwälten vertreten worden waren. Der angefochtene Beschluß vom 18.8.1972 wurde nach Rücknahme der Klage Nr. 6 XIII 70 gefaßt, nachdem offensichtlich bei den Verhandlungen vor Gericht festgestellt worden war, daß der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft entgegen dem Beschluß vom 28.10.1969 über die Anerkennung von Ausgleichsansprüchen für bestimmte dort angeführte Eigenleistungen der Kläger noch nicht befunden hatte. Schließlich wurde der Beschluß vom 18.8.1972 nicht den Klägern, sondern deren Bevollmächtigten zugestellt.

Bei diesem nicht einfach gelagerten Sachverhalt und der beharrlichen Weigerung der Beklagten, die Forderungen der Kläger anzuerkennen, war diesen nicht zuzumuten, das Vorverfahren, in welches ihre Bevollmächtigten durch die Zustellung des Beschlusses vom 18.8.1972 an sie bereits eingeschaltet waren, allein zu betreiben. Hinzu kommt noch, daß es in diesem Verfahren auch im wesentlichen nicht darum ging, ob die Kläger die von ihnen in Rechnung gestellten Arbeiten tatsächlich erbracht hatten, sondern daß Streit darüber bestand, ob die Teilnehmergemeinschaft verpflichtet war, für die Arbeiten einen Ausgleich zu gewähren.

Die gewiß vorhandene Verpflichtung von Verfahrensbeteiligten, der Körperschaft des öffentlichen Rechts, der sie selbst angehören, keine unnötigen Kosten zu verursachen, steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Wenn die Teilnehmergemeinschaft sich beharrlich weigert, den Anträgen eines Teilnehmers stattzugeben, muß dieser das Recht haben, jedenfalls bei nicht ganz einfach gelagerten Fällen die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen. Es trifft zwar nicht zu, daß dies der Grundsatz der Waffengleichheit erfordert, nachdem auch die Teilnehmergemeinschaft keine "mit Juristen besetzte Institution" ist; immerhin tritt dem einzelnen Teilnehmer aber eine durch einen mit Behördenbefugnissen ausgestatteten Vorstand vertretene Körperschaft gegenüber, so daß im Einzelfall der Beteiligte durchaus zu der Ansicht gelangen kann, er könne ohne anwaltschaftliche Hilfe seine Ansprüche nicht durchsetzen.