Flurbereinigungsgericht Kassel, Beschluss vom 13.11.1975 - III F 201/75 = RdL 1976 S. 191
Aktenzeichen | III F 201/75 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 13.11.1975 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Kassel | Veröffentlichungen | = RdL 1976 S. 191 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | In Hessen genießen die Kirchen vor den Verwaltungsgerichten sachliche Gebührenfreiheit. |
Aus den Gründen
Von der Erhebung eines Auslagenpauschsatzes sieht der Senat ab, weil die Augenscheinseinnahme unter Mitwirkung der Beteiligten einem über den Rahmen dieser Entscheidung hinausgehenden öffentlichen Interesse Rechnung trug, insbesondere auch für die noch in der Hauptsache zu treffende Entscheidung über die Abfindungsklage der Antragstellerin von Bedeutung war. Die Antragstellerin genießt aus folgenden Erwägungen überdies Gerichtsgebührenfreiheit.
§ 2 Abs. 3 GKG (neue Fassung 1975) hat lediglich die bisher in § 163 Abs. 1 VwGO enthaltene Bestimmung über persönliche Kostenfreiheit übernommen und neugefaßt; Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit sind unberührt gelassen. Dazu gehört auch die - bisher in § 163 VwGO - mitgenannte (sachliche) Kostenfreiheit der Kirchen usw. Die Regelung des § 163 Abs. 2 VwGO, wonach eine den Kirchen und anderen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts durch Art. 140 GG gewährleistete Kostenfreiheit unberührt bleibt, ist mit Absicht nicht in das GKG hineingenommen worden. Eine solche Bestimmung wurde als entbehrlich angesehen, da eine verfassungsrechtlich gewährleistete Kostenfreiheit auch ohne einen besonderen in das GKG aufgenommenen Vorbehalt aufrechterhalten bleibt (so die im Gesetzgebungsverfahren gebilligte Begründung der Regierungsvorlage, BT-Drucksache 7/2016 S. 67).
Geht man davon aus, daß die hier einschlägigen Art. 140 GG und Art. 138 WRV den Kirchen ihren beim Inkrafttreten des GG gegebenen Rechtsstand gewährleisten, dann genießen gegenwärtig die Kirchen usw. im Land Hessen jedenfalls vor den Verwaltungsgerichten sachliche Gebührenfreiheit aus folgenden Gründen:
Bereits die Hessische Verwaltungsgerichtskostenordnung vom 31.3.1948. (GVBl. S. 67) - HVGKO 1948 - hatte in ihrem § 15 Abs. 1 Nr. 1 allgemein bestimmt, daß Gebühren u.a. nicht erhoben werden von Personen, Körperschaften und Anstalten, denen nach gesetzlicher Vorschrift Gebührenfreiheit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zusteht. § 15 HVGKO 1948 hatte insoweit das in der Verwaltungsgerichtsbarkeit bis dahin geltende - gleichlautende - materielle Kostenrecht aus dem preußischen Rechtskreis (§ 101 Nr. 5 LVG i. V. m. § 8 Nr. 4 PrGKG) und aus dem hessischen Rechtskreis (Art. 119 Nr. 4 des Gesetzes, die Verwaltungsrechtspflege betreffend, vom 8.7.1911 i. V. m. Art. 100 Nr. 5 des Gesetzes, die Gerichtskosten betreffend, vom 30.12.1904) übernommen.
Die Hessische Verwaltungsgerichtskostenordnung vom 7.11.1955 (GVBl. S. 57) - HVGKO - und das Hessische Justizkostengesetz vom 15.5.1958 (GVBl. S. 60) haben an der Gebührenfreiheit der Kirchen usw. inhaltlich nichts geändert; sie haben die beim Inkrafttreten des GG (23.5.1949) geltenden Bestimmungen über Gebührenfreiheit der Kirchen usw. im gerichtlichen Verfahren lediglich neu gefaßt. Sie entsprechen insoweit auch den einschlägigen Vertragsklauseln der ratifizierten und in Kraft gesetzten Staatsverträge des Landes Hessen mit den Kirchen.
Nach Inkrafttreten des bundesrechtlichen § 163 Abs. 2 VwGO am 1.4.1961 war eine erneute Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift über die sachliche Gebührenfreiheit der Kirchen in die 1966 abermals novellierte HVGKO ebenso entbehrlich wie jetzt beim GKG (vgl. für den Rechtszustand vor der Novellierung des Kostenrechts HessVGH, Beschl. vom 30.9.1968 - OS V 69/66 - und vom 30.4.1970 - V OE 37/69 -, beide nicht veröffentlicht).
Hiernach genießen die Kirchen im Lande Hessen vor den Verwaltungsgerichten auch weiterhin sachliche Gebührenfreiheit.