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von Anonymer Benutzer

RzF - 6 - zu § 142 Abs. 1 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 02.11.1983 - 9 C 62/81

Aktenzeichen 9 C 62/81 Entscheidung Urteil Datum 02.11.1983
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die zweiwöchige Klagefrist beginnt mit dem Tag der Ersatzzustellung.
2. Rechtsunkenntnis entschuldigt in der Regel eine Fristversäumnis nicht und kann nicht zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führen.

Aus den Gründen

Der Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigung ist den Klägern am 17.11.1981 durch die Post mit Postzustellungsurkunde in der Form der Ersatzzustellung durch Niederlegung bei der örtlichen Postanstalt zugestellt worden (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 56 Abs. 2 VwGO, § 3 VwZG in Verbindung mit § 182 ZPO). Die Ersatzzustellung durch Niederlegung des zuzustellenden Widerspruchsbescheides war zulässig, da die Postsendung weder an den Bevollmächtigten der Kläger - den Kläger zu 1. - selbst noch an dessen Familienangehörige oder Hausbewohner an Ort und Stelle ausgehändigt werden konnte. Es ist auch nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, was auf eine fehlerhafte Ersatzzustellung hindeuten könnte. Ist somit die Zustellung des Widerspruchbescheides am 17.11.1981 rechtswirksam bewirkt worden, so hat die zweiwöchige Klagefrist an diesem Tag begonnen (§ 57 Abs. 1 VwGO). Sie endet infolgedessen zwei Wochen danach, vom Tage der Zustellung an gerechnet, am 01.12.1981 (§§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 57 VwGO).

Den Klägern kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift muß aber grundsätzlich angenommen werden, wenn ein Beteiligter die Sorgfalt außer acht läßt, die für einen gewissenhaft und sachgemäß Prozeßführenden geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen zugemutet werden kann. Der Kläger zu 1. - der zugleich Bevollmächtigter der Klägerinnen zu 2. und 3. ist - hat es an dieser Sorgfaltspflicht, die ihm als Prozeßbeteiligtem obliegt, fehlen lassen, da er sich trotz der Benachrichtigung der Post über die versuchte Übergabe des Schriftstückes an Ort und Stelle und seine Niederlegung bei der örtlichen Postanstalt keine Klarheit über den maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns der Rechtsmittelfrist verschafft hat. Es ist zwar anzunehmen, daß seine Vorstellung, bei der Ersatzzustellung des Widerspruchbescheides durch Niederlegung bei der Postanstalt sei nicht der Zeitpunkt der Niederlegung, sondern der der Entgegennahme durch den Zustellungsempfänger maßgebend, auf Rechtsunkenntnis beruhte. Dieser Umstand vermag jedoch in der Regel eine Fristversäumung nicht zu entschuldigen. Wenn nämlich ein Rechtsunkundiger den Ablauf einer Rechtsmittelfrist selbst berechnet, so läuft er Gefahr, die Rechtsmittelfrist zu versäumen; er muß infolgedessen die Folgen einer unrichtigen Berechnung der Frist auf sich nehmen. Nichts anderes gilt für die Frage, wann die Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt. Denn dem Kläger zu 1. hätten sich im vorliegenden Falle Zweifel aufdrängen müssen, ob der Beginn dieser Frist von der Abholung der Postsendung abhängig und damit allein in das Belieben des Zustellungsempfängers gestellt ist. Diese Zweifel hätten unschwer durch Einholung einer Auskunft bei einem Rechtskundigen oder durch eine Anfrage bei der Flurbereinigungsbehörde von ihm selbst ausgeräumt werden können (vgl. BVerwG, Beschluß vom 09.01.1970 - IV B 71/69 - in NJW 1970, 773). Ein gewissenhafter, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmender Prozeßbeteiligter kann daher nicht ohne weiteres darauf vertrauen, daß der von der Post auf der Postsendung vermerkte Zustellungstag für den Fristablauf des Rechtsmittels bedeutungslos ist. Nur wenn zusätzliche, ein solches Vertrauen bestärkende Umstände vorliegen - etwa ein entsprechendes behördliches Verhalten -, kann die Fehlbeurteilung eines Prozeßbeteiligten möglicherweise als entschuldbar angesehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.03.1983 - 1 C 34.80 - in BayVBl 1983, 476). Solche Umstände sind indessen hier nicht ersichtlich.