Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.05.1965 - IV C 9.65 = Buchholz BVerwG 424.01 § 16 FlurbG Nr. 1, § 141 FlurbG Nr. 1= NJW 1965 S. 1731= RdL 1965 S. 242
Aktenzeichen | IV C 9.65 | Entscheidung | Urteil | Datum | 07.05.1965 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = Buchholz BVerwG 424.01 § 16 FlurbG Nr. 1, § 141 FlurbG Nr. 1 = NJW 1965 S. 1731 = RdL 1965 S. 242 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Beschwerde nach § 141 FlurbG ist dem gerichtlichen Verfahren auch dann vorgeschaltet, wenn der Kläger mit der Leistungsklage vorgeht. Ihr Fehlen steht einer Sachentscheidung dann nicht entgegen, wenn die Beschwerdebehörde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unmißverständlich zum Ausdruck bringt, daß der Beschwerde nicht abgeholfen werden soll (Festhalten an BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1959 - BVerwG VII C 95.57 = NJW 1960 S. 883). |
2. | Die Spruchstelle bei der oberen Flurbereinigungsbehörde (§ 141 FlurbG) kann mit Forderungen der Teilnehmergemeinschaft (§ 16 FlurbG) nicht aufrechnen. |
Aus den Gründen
Die Klage ist auch nicht deshalb unzulässig, weil das nach § 141 Abs. 1 FlurbG erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden ist. Nach § 141 Abs. 1 FlurbG st die Klage zum Flurbereinigungsgericht nur dann zulässig, wenn vorher Beschwerde gegen den Verwaltungsakt bei der oberen Flurbereinigungsbehörde eingelegt worden ist. Es handelt sich beim Gegenstand dieses Verfahrens allerdings nicht um die Anfechtung eines Verwaltungsaktes, sondern um einen mit der Leistungsklage zu verfolgenden Zahlungsanspruch der Kläger. Diesen Fall regelt das Flurbereinigungsgesetz nicht ausdrücklich. Es entspricht aber der Systematik des Gesetzes, daß auch der Teilnehmer, der eine solche Forderung geltend macht, § 141 Abs. 1 FlurbG zu beachten hat. Das fehlende Vorverfahren steht einer Sachentscheidung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch dann nicht entgegen, wenn das Verhalten der Verwaltungsbehörde vor und während des gerichtlichen Verfahrens mit Sicherheit erwarten läßt, daß die Beschwerde keinen Erfolg haben wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1959 - BVerwG VII C 95.57 = NJW 1960 S. 883). Dies ist hier der Fall. Mit ihrem Antrag auf Abweisung der Klage hat die Beklagte zugleich erklärt, daß der Beschwerde nicht abgeholfen wird.
In der Sache hat das Revisionsgericht, wie bereits unter 2) ausgeführt, allein noch über die Wirksamkeit der von der Beklagten erklärten Aufrechnung zu befinden. Es wäre daher nicht zulässig, die Klage in Höhe des vom Flurbereinigungsgericht zuerkannten Anspruchs deswegen als unbegründet abzuweisen, weil sachlich-rechtlicher Gegner dieses Anspruchs nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Teilnehmergemeinschaft und nicht die hier beklagte Spruchstelle ist (vgl. BVerwG I C 95.58 = RdL 1960 S. 78 und BVerwG I B 99.60 = RdL 1961 S. 26). Vielmehr ist von dem den Klägern rechtskräftig zuerkannten Ausgleichsanspruch in Höhe von 660,25 DM auszugehen.
Die Aufrechnungseinrede der Beklagten greift entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht durch. Zwar sind nicht die von den Klägern in der Revisionsbegründung erhobenen Einwendungen gerechtfertigt. Die Aufrechnung scheitert aber daran, daß die Beklagte nicht Gläubigerin der Forderung war, mit der sie aufrechnen wollte. Gläubiger des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung gegen die Kläger ist nach der bereits erwähnten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Teilnehmergemeinschaft. Daher hätte deren Vorstand die Aufrechnung erklären müssen (§ 26 Abs. 3 FlurbG). Die Beklagte hätte zwar eine vom Vorstand der Teilnehmergemeinschaft erklärte Aufrechnung geltend machen können; ihr steht aber die Erklärung der Aufrechnung selbst nicht zu. Ihre Auffassung, daß sie in Prozeßstandschaft für die Teilnehmergemeinschaft handele, ist unzutreffend. Die Teilnehmergemeinschaft hat nach der gesetzlichen Regelung als Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 16 FlurbG) ihre Belange selbst wahrzunehmen. Sie kann klagen und verklagt werden und wird durch den Vorsitzenden des Vorstandes gerichtlich und außergerichtlich vertreten (§ 26 Abs. 3 FlurbG). Es trifft daher nicht zu, daß sie durch die Spruchstelle bei der oberen Flurbereinigungsbehörde im Prozeß vertreten werde oder daß diese anstelle der Teilnehmergemeinschaft zur Abgabe prozeßerheblicher Erklärungen befugt sei. Die Spruchstelle ist auch nicht Beschwerdebehörde und daher auch nicht vertretungsbefugt, wenn eine Angelegenheit der Teilnehmergemeinschaft im Streite ist (§ 18 Abs. 3, § 141 Abs. 1 Satz 2 FlurbG).
Da die Beklagte somit nicht befugt war, mit der der Teilnehmergemeinschaft zustehenden Gegenforderung aufzurechnen, ist die Aufrechnung unwirksam. Es ist auch durchaus denkbar, daß die Teilnehmergemeinschaft gar nicht aufrechnen will. Die Unwirksamkeit der Aufrechnung hat zur Folge, daß die rechtskräftig festgestellte Forderung der Kläger nicht erloschen ist. Dementsprechend war sie den Klägern nebst Prozeßzinsen (vgl. BVerwGE 7, 95; 14, 1) zuzuerkennen.