Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 13.01.1965 - F III 4/64 = IK 1965 S. 337
Aktenzeichen | F III 4/64 | Entscheidung | Urteil | Datum | 13.01.1965 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Kassel | Veröffentlichungen | = IK 1965 S. 337 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die wirksame Zurücknahme der Beschwerde hat deren Beseitigung mit Wirkung ex tunc zur Folge. |
2. | Die Zurücknahme einer Beschwerde kann entsprechend den Grundsätzen, der §§ 119 ff. BGB angefochten werden. |
Aus den Gründen
Der Kläger kann die Rücknahmeerklärung, wie er sie in der Verhandlung vor der Spruchstelle ... abgegeben hat, auch nicht anfechten. Nach den Ausführungen in der Klageschrift will der Kläger dies offenbar tun, denn nach seinem Vortrag will er durch eine Täuschung seitens der Flurbereinigungsbehörde zu der Rücknahmeerklärung veranlaßt worden sein. Es könnte nun naheliegen anzunehmen, daß auf das Verfahren vor der Spruchstelle die Grundsätze über die Unanfechtbarkeit von Prozeßhandlungen anzuwenden seien. Eine derartige Ansicht erscheint jedoch sehr bedenklich. Wenn auch die Spruchstelle, wie ihr Name besagt, eine Spruchtätigkeit ausübt, und wenn sie auch bei der Spruchtätigkeit weitgehende Unabhängigkeit genießt, so bleibt sie doch Verwaltungsbehörde. Deshalb ist es notwendig, daß das Gericht nachprüfen kann, ob eine Erklärung eines Rechtssuchenden in einem Verfahren vor dieser Behörde auf freiem Entschluß oder möglicherweise auf einer Täuschung beruht. Da im übrigen im öffentlichen Recht Willenserklärungen wegen Irrtums oder Täuschung entsprechend den Grundsätzen der §§ 119 ff. BGB angefochten werden können und die Rücknahme einer Beschwerde vor der Spruchstelle eine einer Verwaltungsbehörde gegenüber abgegebene Willenserklärung darstellt, ist die Anfechtung einer solchen Erklärung rechtlich möglich (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 25.1.1957 - ZMR 57/177).
Anmerkung
So anscheinend auch Flurbereinigungsgericht Mannheim; vgl. Urteile vom 27.6.1963 - V 717/61 -, 10.12.1963 - V 662/62 -, 1.4.1968 - VII 762/65 - und 26.3.1969 - VII 116/68 -.
A.A. BverwG, Beschluß vom 21.3.1979 - 6 C 17/78: Die Rücknahme eines Widerspruchs kann nicht wegen Willensmängeln angefochten werden (= NJW 1980 S. 135); Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 4.12.1959 - 82 VII 58 -, das eine Anfechtung wegen Willensmängel für unzulässig hält und eine wirksame Zurücknahme der Beschwerde nur bei einem Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben annimmt. Vgl. dazu auch Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 23.10.1959 - 45 VII 58 -; 16.3.1962 - 90 VII 61 -; 26.3.1963 - 1 VII 61 -; 12.12.1963 - 100 VII 63 -; 21.1.1965 - 118 VII 63 -; 12.11.1965 - 50 VII 65 -.