Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.10.1963 - I B 66.63
Aktenzeichen | I B 66.63 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 09.10.1963 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zur Beschwerde als Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage. |
Aus den Gründen
Das Flurbereinigungsgericht durfte nach § 144 FlurbG den Flurbereinigungsplan nur ändern und hierbei in die Abfindung der Beigeladenen eingreifen, wenn die Klage zulässig ist. In dieser Richtung rügen die Beigeladenen schlüssig einen Verfahrensmangel. Nach § 141 FlurbG konnten die Kläger das Flurbereinigungsgericht nur anrufen, wenn sie vorher erfolglos Beschwerde eingelegt hatten. Das ist nicht der Fall. Die mit Schriftsatz vom 10. Juni 1961 erhobene Klage ist gegen den Flurbereinigungsplan gerichtet, dessen Festsetzungen für die Kläger unanfechtbar geworden sind, weil sie die nach § 59 Abs. 2 FlurbG erforderliche Beschwerde nicht eingelegt haben. Das Flurbereinigungsgericht geht nun davon aus, daß die Klage nachträglich zulässig geworden sei, da die zunächst fehlende Sachurteilsvoraussetzung des Vorverfahrens durch den Bescheid vom 2. April 1962 nachgeholt worden sei. Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
Es ist zwar anerkannt, daß eine Klage nicht als unzulässig abgewiesen werden darf, wenn der Beschwerdebescheid erst nach ihrer Erhebung ergeht (BVerwGE 4, 203). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Rechtslage im Hinblick auf die Ausschlußfrist des § 142 Abs. 3 FlurbG nicht nur dann gelten kann, wenn die Beschwerde gegen den Flurbereinigungsplan rechtzeitig erhoben worden und die Abfindung somit für den Teilnehmer noch nicht unanfechtbar geworden ist, sondern auch dann, wenn - wie hier - bei der Verhandlung über die Klage überhaupt keine fristgerecht eingelegte Beschwerde vorliegt. Selbst wenn man der Auffassung des Flurbereinigungsgerichtes folgt, ist die durch Schriftsatz vom 10. Juni 1961 erhobene Klage durch den Bescheid vom 2. April 1962 nicht nachträglich zulässig geworden.
Dieser Bescheid enthält in verfahrensrechtlicher Hinsicht eine doppelte Entscheidung:
a) Die Zulassung der Beschwerde gegen den Flurbereinigungsplan nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG wegen der nachträglichen Veränderung der Böschung am Grundstück in Gewanne 13 b. Diese Entscheidung entbehrt, wie die Beigeladenen in ihrer Beschwerdebegründung mit Recht vortragen, der rechtlichen Grundlage. Nach den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil ist die Böschung des Grundstücks in der Gewanne 13 b nach der Bekanntgabe des Flurbereinigungsplanes verändert worden. Es handelt sich somit um einen Sachverhalt, der die Festsetzungen des Flurbereinigungsplanes nicht betrifft. Da sich die Beschwerde nach § 59 Abs. 2 FlurbG aber nur gegen die im Flurbereinigungsplan enthaltenen Anordnungen und Maßnahmen richten kann, kam eine Beschwerde gegen den Flurbereinigungsplan nicht mehr in Betracht.
Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen darüber, ob die Veränderung der Böschung durch die Teilnehmergemeinschaft, das Flurbereinigungsamt oder die Beigeladenen durchgeführt worden ist. Der Entscheidung ist lediglich zu entnehmen, daß die Beigeladenen "für das Abgraben der Böschung mitverantwortlich" seien. Ist die Arbeit durch die Teilnehmergemeinschaft oder die Behörde nicht veranlaßt, sondern von den Beigeladenen in eigener Verantwortung ausgeführt worden, so liegt ein rein zivilrechtlicher Sachverhalt vor, der zwischen den Klägern und den Beigeladenen auszutragen wäre. In diesem Falle würde der Bescheid vom 2. April 1962 schlechthin der Berechtigung entbehren. Handelt es sich bei der Veränderung der Böschung um eine Flurbereinigungsmaßnahme, so kann es sich nur um einen Vorgang handeln, der die tatsächliche Ausführung des Flurbereinigungsplanes betrifft (§ 62 Abs. 2, § 65 FlurbG). In den Beanstandungen der Kläger ist dann eine sogenannte "Ausbaubeschwerde" zu sehen. Der Bescheid des Spruchausschusses vom 2. April 1962 kann daher bei richtiger Betrachtung keine - nachträglich zugelassene - Beschwerdeentscheidung über Einwendungen gegen den Flurbereinigungsplan sein; er konnte daher auch nicht die unzulässige Klage nachträglich zulässig machen.
Ob der Spruchausschuß zur Entscheidung zuständig war und im Hinblick auf die gesetzlichen Fristen eine sachliche Entscheidung treffen durfte, bedarf im Rahmen dieser Entscheidung keiner Erörterung.
b) Der Bescheid vom 2. April 1962 enthält weiter die Versagung der nachträglichen Zulassung der Beschwerde gegen den Flurbereinigungsplan, soweit die Kläger ihre Abfindung in anderen Punkten beanstandet haben. Er enthält somit lediglich eine Entscheidung nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG, nicht aber eine Beschwerdeentscheidung nach § 59 Abs. 2 FlurbG, § 141 FlurbG, der die mit Schriftsatz vom 10. Juni 1961 erhobene Klage nachträglich hätte zulässig machen können. Die Ablehnung der Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG durch den Spruchausschuß steht im übrigen in jeder Richtung mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang (vgl. BVerwGE 15, 271 (276, 277)),
Liegt somit eine rechtswirksame Nachholung des Beschwerdeverfahrens nicht vor, so fehlt es an einer gesetzlichen Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage zum Flurbereinigungsgericht (§ 141 Abs. 1 Satz 1 FlurbG).