Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 27.08.2002 - 15 K 1842/99 = = RdL 2002 S. 320 (Lieferung 2004)
Aktenzeichen | 15 K 1842/99 | Entscheidung | Urteil | Datum | 27.08.2002 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Lüneburg | Veröffentlichungen | = = RdL 2002 S. 320 | Lieferung | 2004 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Das Flurbereinigungsgericht ist auch nach Unanfechtbarkeit der Schlussfeststellung für die Anfechtung von Verwaltungsakten zuständig, die im Vollzug des FlurbG ergehen. |
2. | Nach Rechtskraft der Schlussfeststellung beschränken sich die Aufgaben der Flurbereinigungsbehörde auf die ihr noch zustehenden Aufsichtsbefugnisse und die Auflösung der Teilnehmergemeinschaft nach § 153 Abs. 1 FlurbG. |
3. | Ist die Beitragsregelung durch Satzung der Teilnehmergemeinschaft festgeschrieben, so ist deren Änderung nur durch Satzungsänderung möglich. |
Aus den Gründen
Der Kläger hat am 20. April 1999 Klage erhoben und beantragt,
Der Beklagte beantragt,
Die nach § 138 Abs. 1, § 140 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) zulässige Klage ist begründet.
Der Zuständigkeit des erkennenden Gerichts als Flurbereinigungsgericht steht nicht entgegen, dass der Beklagte den angefochtenen Bescheid erst nach der Rechtskraft der Schlussfeststellung am 15. Dezember 1993 erlassen hat. Nach § 140 FlurbG entscheidet das Flurbereinigungsgericht über die Anfechtung von Verwaltungsakten, die im Vollzug dieses Gesetzes ergehen, über die Verurteilung zum Erlass des abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes und über alle Streitigkeiten, die durch ein Flurbereinigungsverfahren hervorgerufen werden und vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Schlussfeststellung anhängig geworden sind, soweit hierfür der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Die zeitliche Grenze der sachlichen Zuständigkeit des Flurbereinigungsgerichts auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Schlussfeststellung gilt mithin nach dem Wortlaut und dem Sinngehalt der Vorschrift nicht für die Anfechtung von Verwaltungsakten, die in Vollzug des Flurbereinigungsgesetzes ergehen oder für die Verurteilung der Flurbereinigungsbehörde zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes, sondern nur für sonstige Rechtsstreitigkeiten nach der Schlussfeststellung (vgl. auch VGH München, Urt. v. 27.10.1975 - RzF § 140 S. 33 [[[FlurbG:§ 140/2|RzF - 2 - zu § 140 FlurbG ]]], OVG Koblenz, Urt. v. 16.10.1958 - RdL 1959, 80). Um eine solche sonstige Rechtsstreitigkeit handelt es sich hier nicht.
Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung sein Begehren klargestellt und dieses auf eine Anfechtung der streitigen Bescheide beschränkt. Mit diesem Klageziel ist die Klage begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 7. August 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Weser-Ems vom 18. März 1999 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte war zum Erlass des angefochtenen Bescheids nicht zuständig.
Nach § 149 Abs. 1 Satz 1 FlurbG schließt die Flurbereinigungsbehörde das Flurbereinigungsverfahren durch die Schlussfeststellung ab, und mit der Zustellung der Schlussfeststellung an die Teilnehmergemeinschaft ist das Verfahren beendet (§ 149 Abs. 3 FlurbG). Nach § 149 Abs. 4 FlurbG erlischt die Teilnehmergemeinschaft, wenn ihre Aufgaben in der Schlussfeststellung durch die Flurbereinigungsbehörde für abgeschlossen erklärt worden sind. Mit der bestandskräftigen Beendigung des Flurbereinigungsverfahrens durch die Rechtskraft der Schlussfeststellung hören damit auch die der Flurbereinigungsbehörde nach dem Flurbereinigungsgesetz obliegenden originären Aufgaben, zu denen u.a. die Befreiung einzelner Teilnehmer von den Flurbereinigungsbeiträgen nach § 19 Abs. 3 FlurbG gehört, auf. Die Rechtsstellung der Flurbereinigungsbehörde kann keine andere sein, wenn die Teilnehmergemeinschaft nach § 151 FlurbG bestehen bleibt und die Vertretung der Teilnehmergemeinschaft und Verwaltung ihrer Angelegenheiten auf die Gemeindebehörde übertragen wird oder wenn - wie hier - die Vertretung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten beim Vorstand der Teilnehmergemeinschaft verbleiben. Das wird insbesondere daran deutlich, dass im Falle der Übertragung der Verwaltung auf die Gemeindebehörde die Aufsichtsbefugnisse auf die Gemeindeaufsichtsbehörde übergehen und die Teilnehmergemeinschaft gemäß § 153 Abs. 1 FlurbG durch die Gemeindeaufsichtsbehörde aufzulösen ist, wenn ihre Aufgaben erfüllt sind. Neben den Entscheidungen der Gemeindebehörde zur Vertretung der Teilnehmergemeinschaft und der Gemeindeaufsichtsbehörde als Aufsichtsbehörde ist danach für Entscheidungen der Flurbereinigungsbehörde kein Raum mehr. Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier - die Vertretung der Teilnehmergemeinschaft und die Verwaltung ihrer Aufgaben einem besonderen Vorstand obliegen. In einem solchem Fall gehen zwar nicht, wie das Bundesverwaltungsgericht zu § 151 FlurbG in der ursprünglichen Fassung meint (vgl. Urt. v. 17.05.1973 - V C 24.72 - AgrarR 1974, 78) die Aufsichtsbefugnisse ebenfalls auf die Gemeindeaufsichtsbehörde über. § 151 FlurbG ist durch das Gesetz zur Änderung des Flurbereinigungsgesetzes vom 15. März 1976 (BGBl. I S. 546) in der Weise geändert worden, dass der Punkt zwischen Satz 2 und Satz 3 durch ein Semikolon ersetzt worden ist. Nach dieser klarstellenden Regelung gehen die Aufsichtsbefugnisse nur dann auf die Gemeindeaufsichtsbehörde über, wenn zuvor die Vertretung und Verwaltung der Teilnehmergemeinschaft ebenfalls auf die Gemeinde übertragen worden ist. Das ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung und folgt ebenso aus § 153 Abs. 1 FlurbG. In der Begründung zur Änderung des § 151 FlurbG (BT-Drs. 7/3020 S. 45) heißt es:
Nach § 153 Abs. 1 FlurbG hat die Flurbereinigungsbehörde die Teilnehmergemeinschaft aufzulösen, wenn ihre Aufgaben erfüllt sind; das gilt sinngemäß für die Gemeindeaufsichtsbehörde, soweit auf sie die Aufsichtsbefugnisse der Flurbereinigungsbehörde übergegangen sind (§ 151 Satz 2 Halbsatz 2 FlurbG). Nach der Rechtskraft der Schlussfeststellung beschränken sich mithin die Aufgaben der Flurbereinigungsbehörde auf die ihr noch zustehenden Aufsichtsbefugnisse und die Auflösung der Teilnehmergemeinschaft nach § 153 Abs. 1 FlurbG. Dazu gehört die von dem Beklagten getroffene Entscheidung über die von dem Kläger begehrte Befreiung von den Mitgliedsbeiträgen zu der beigeladenen Teilnehmergemeinschaft, die sie ausschließlich nur noch für die von ihr zu unterhaltenden Gewässer III. Ordnung erhebt, nicht.
Diese Rechtslage stimmt auch mit der autonomen Rechtsstellung und dem Satzungsrecht der beigeladenen Teilnehmergemeinschaft überein. Bei der nach der Schlussfeststellung fortbestehenden Teilnehmergemeinschaft handelt es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ihrer Rechte zwischen ihren Mitgliedern und sich sowie nach außen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen selbst bestimmt. Die beigeladene Teilnehmergemeinschaft hat sich im Rahmen ihrer Befugnisse in der Teilnehmerversammlung am 23. November 1995 eine Satzung gegeben, die der Beklagte auf Grund seiner Zuständigkeit nach der Schlussfeststellung als Aufsichtsbehörde am 24. November 1995 genehmigt hat. Nach § 16 Abs. 2 der Satzung ruht die Beitragspflicht als öffentliche Last auf den in § 3 der Satzung aufgeführten Grundstücke. Von der Beitragspflicht sind die in der Anlage 4 zur Satzung aufgelisteten beitragsfreien Flurstücke befreit. Die Anlage 4 ist Bestandteil der Satzung. Die Herausnahme bzw. Zunahme beitragsfreier Grundstücke aus der Anlage 4 zur Satzung stellt sich damit als eine Satzungsänderung dar, für die ausschließlich die Teilnehmerversammlung nach § 15 Abs. 1 Buchst. b) der Satzung und nicht der Beklagte zuständig ist.