Zuletzt bearbeitet vor 3 Jahren
von Anonymer Benutzer

RzF - 2 - zu § 138 Abs. 2 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 18.01.1973 - VII 245/72

Aktenzeichen VII 245/72 Entscheidung Urteil Datum 18.01.1973
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur entsprechenden Anwendung der §§ 239 ff. ZPO (Unterbrechung durch Tod und Aufnahme des Verfahrens durch den Rechtsnachfolger) bei förmlichen Verwaltungsverfahren.
2. Zur sog. Rechtskrafterstreckung bei Klagen des allein das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft Verwaltenden gegen einen Flurbereinigungsplan.

Aus den Gründen

Soweit die Kläger gegen die Schlußfeststellung mit Einwänden angehen, die sie gegen den Flurbereinigungsplan hätten vortragen können und auch bereits wenn auch zum größten Teil erfolglos vorgebracht hatten, sind sie von der weiteren Geltendmachung dieser gegen die Gleichwertigkeit der Abfindung gerichteten Einwände von rechtswegen ausgeschlossen, nachdem der Flurbereinigungsplan nach Abweisung der von den Klägern gegen ihn erhobenen Klage durch das Urteil des erkennenden Senats vom 30.6.1966 und nach Zurückweisung der Revisionsnichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 26.7.1967 (Az. BVerwG IV B 98.67) unanfechtbar geworden ist.

Dieses nach Zurückweisung der Revisionsnichtzulassungsbeschwerde unanfechtbar gewordene Urteil ist - entgegen der Ansicht der Kläger - allen Klägern gegenüber wirksam. Zwar ist es richtig, daß es im Rubrum und in seinem Inhalt nur die Klägerin Ziff. 1 als Klägerin bezeichnet. Gleichwohl müssen es auch die Kläger Ziff. 2 bis 5 gegen sich gelten lassen, denn die Klägerin Ziff. 1 hatte das Rechtsmittelverfahren gegen den Flurbereinigungsplan nach dem Tode ihres Ehemannes mit Wirkung für alle Teilhaber der fortgesetzten Gütergemeinschaft und damit auch für die Kläger Ziff. 2 bis 5 durchgeführt. Dies gilt unabhängig davon, ob das Verfahren damals durch den Tod des Ehemannes der Klägerin Ziff. 1 unterbrochen worden war oder nicht. Mit dem Tod des Ehemannes der Klägerin Ziff. 1 und Vaters der Kläger Ziff. 2 bis 5 trat die fortgesetzte Gütergemeinschaft mit der Folge ein, daß das bisherige eheliche Gesamtgut in die Gemeinschaft der überlebenden Ehefrau (Klägerin Ziff. 1) und der anteilsberechtigten Abkömmlinge (Kläger Ziff. 2 bis 5) überging. Dabei blieb die Identität der Gesamthand erhalten, lediglich in der Person der Gesamthänder trat ein Wechsel ein (Gaul in Soergel-Siebert, BGB, Familienrecht, 10. Aufl., 1971, § 1483 Randnr. 2 mit weiteren Nachweisen). Darin liegt eine Rechtsnachfolge im Sinne des Verwaltungsprozeß- und Zivilprozeßrechts (§§ 173 VwGO, 239 ZPO) und des Verwaltungsverfahrensrechts zwar nicht für jeden Rechtsstreit, da es sich anders als bei der Erbfolge nicht um einen Übergang des ganzen Vermögens handelt, wohl aber - wie hier - für einen solchen, der mit Wirkung für und gegen das Gesamtgut geführt wird (Reichsgericht, Urteil vom 27.6.1935 - RGZ 148, 243 (245 f.); Gaul in Soergel-Siebert, a.a.O., § 1487 Randnr. 4). Die bei Beginn der fortgesetzten Gütergemeinschaft anhängigen Rechtsstreitigkeiten führt der überlebende Ehegatte weiter, der nach § 1487 Abs. 1 BGB die rechtliche Stellung des Ehegatten hat, der das Gesamtgut allein verwaltet. Kraft seines Verwaltungsrechts ist er zur Verwaltung und zur Übernahme von Rechtsgeschäften im eigenen Namen befugt und führt insbesondere - § 1487 Abs. 1 BGB i.V. mit § 1422 Satz 1 BGB - auch Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das Gesamtgut beziehen, in eigenem Namen. Hierbei handelt es sich um einen Fall der sogenannten Prozeßstandschaft. Partei ist zwar nur der Verwalter des Gesamtgutes, doch wirkt die Entscheidung, soweit sie das Gesamtgut betrifft, auch für und gegen die anderen am Gesamtgut Beteiligten (sog. Rechtskrafterstreckung, vgl. Gaul in Soergel-Siebert, a.a.O., § 1422 Randnr. 10 mit zahlreichen Nachweisen aus Literatur und Rechtsprechung; Bartholomeyczik in Erman, BGB, 5. Aufl., 1972, § 1422 Randnr. 5). Etwas anderes ergibt sich auch nicht dann, wenn man in entsprechender Anwendung des § 239 ZPO (wegen der vergleichbaren Interessenlage vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 5. Aufl., 1971, § 239 Erl. 1) auf das Verfahren bei Erlaß des Flurbereinigungsplans als eines "förmlichen Verwaltungsverfahrens" (zum Begriff vgl. Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, 2. Aufl., Begründung 8.1, S. 76 f.) davon ausgeht, daß im Beschwerdeverfahren gegen den Flurbereinigungsplan durch den Tod des Ehemannes der Klägerin Ziff. 1 eine Unterbrechung eingetreten war. Denn das Rechtsmittelverfahren über die Rechtmäßigkeit des Flurbereinigungsplans ist für die fortgesetzte Gütergemeinschaft durch die gemäß den §§ 1487 und 1422 BGB als alleinige Verwalterin dazu berechtigte Klägerin Ziff. 1 durch die im Verfahren vor dem erkennenden Senat Az. VI 364/65 vorgenommenen Prozeßhandlungen aufgenommen worden. Die Aufnahme des Verfahrens kann nämlich auch stillschweigend erklärt werden, insbesondere in Verbindung mit Prozeßhandlungen wie z.B. auch Klage-, Berufungs- oder Revisionsschriftsätzen (ständige Rechtsprechung, vgl. Thomas-Putzo, a.a.O., § 250 Erl. 1 b mit weiteren Nachweisen; Wieczorek, ZPO, Handausgabe, 2. Aufl., 1966 § 250 Erl. B I; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 28. Aufl., 1965 § 250 Erl. 1 und 2). Eine stillschweigende Aufnahme des Verfahrens in diesem Sinne stellte somit bereits die mit Schriftsatz vom 28.5.1965 am 2.6.1965 erfolgte Klageerhebung im Verfahren Az. VI 364/65 dar. Selbst wenn man dies wegen der zu diesem Zeitpunkt noch ungeklärten Rechtslage nicht als Wiederaufnahme des Verfahrens ansähe, läge eine stillschweigende Aufnahme des Verfahrens i.S. von § 250 ZPO zumindest dann vor, als die Klägerin Ziff. 1 in Kenntnis der Tatsache, daß sie nicht Alleinerbin, sondern "nur" Teilhaberin an der fortgesetzten Gütergemeinschaft und alleinige Verwalterin des Gesamtguts ist (vgl. den ihr zugestellten Beschluß des Nachlaßgerichts vom 2.8.1965 und den von ihr als Verwalterin des Gesamtguts abgeschlossenen Tauschvertrag vom 2.12.1965) den Rechtsstreit fortgesetzt hat, indem sie in der mündlichen Verhandlung am 30.6.1966 Anträge stellte und schließlich auch wegen der Nichtzulassung der Revision Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht einlegte.

Nach alledem kann kein Zweifel bestehen, daß selbst bei Annahme einer Unterbrechung des Verfahrens das dann durch den Tod des Ehemannes der Klägerin Ziff. 1 und Vaters der Kläger Ziff. 2 bis 5 unterbrochene Verfahren von der Klägerin Ziff. 1 mit Wirkung für alle Teilhaber der fortgesetzten Gütergemeinschaft wieder aufgenommen worden ist und daß das in jenem Verfahren ergangene Urteil vom 30.6.1966 in jedem Fall gegen alle an der fortgesetzten Gütergemeinschaft Beteiligten, also gegen alle Kläger des vorliegenden Verfahrens, wirkt.