Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 28.10.1981 - 9 C 8/80
Aktenzeichen | 9 C 8/80 | Entscheidung | Urteil | Datum | 28.10.1981 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die für die Gerichte geltenden Grundsätze für die Besetzung der Richterbank sind auch auf die Besetzung der Spruchstelle anwendbar. |
Aus den Gründen
Entgegen der Auffassung des Klägers weist das Widerspruchsverfahren keine Verfahrensfehler auf, die zur Aufhebung des Widerspruchsbescheides führen müßten. Dies gilt sowohl für den Einwand des Klägers, ein ehrenamtlicher Beisitzer habe während der mündlichen Verhandlung vor der Spruchstelle für Flurbereinigung möglicherweise geschlafen wie auch für sein Vorbringen, daß die an dem Widerspruchsverfahren beteiligten Mitglieder der Spruchstelle voreingenommen gewesen seien.
Nach den Bestimmungen des § 42 Abs. 1 und 2 ZPO in Verbindung mit § 54 VwGO, die nach § 11 des Landesgesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes - AGFlurbG - vom 18. Mai 1978 (GVBl. S. 271) entsprechend für das Verfahren vor der Spruchstelle für Flurbereinigung gelten, kann der Widerspruchsführer zwar ein Mitglied der Spruchstelle wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es braucht hier nicht der Frage nachgegangen zu werden, ob solche Gründe überhaupt vorgelegen haben, da der Kläger dazu keinerlei nähere Einzelheiten vorgetragen hat. Jedenfalls ist er in dem hier anhängigen Gerichtsverfahren nicht mehr berechtigt, nachträglich Gründe wegen Besorgnis der Befangenheit vorzubringen, da dies durch die Vorschrift des § 43 ZPO ausdrücklich ausgeschlossen ist. Danach kann der Prozeßbeteiligte ein Mitglied des Spruchkörpers wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn er sich in eine Verhandlung eingelassen hat, ohne den Ablehnungsgrund geltend zu machen. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle erfüllt. Unstreitig hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Spruchstelle am 23. Januar 1980 kein Mitglied des Spruchkörpers wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt; er hat vielmehr in der Sache verhandelt, ohne den nach seiner Auffassung bestehenden Ablehnungsgrund in irgendeiner Weise vorzubringen.
Mit dem Einwand, ein ehrenamtlicher Beisitzer der Spruchstelle habe "tatsächlich oder möglicherweise" während der mündlichen Verhandlung der Spruchstelle geschlafen, will der Kläger offensichtlich geltend machen, daß die Spruchstelle für Flurbereinigung während dieser Zeit nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. Für diesen behaupteten Verfahrensmangel hat er jedoch keine näheren Umstände dargelegt, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten. Die Spruchstelle für Flurbereinigung ist zwar nach den §§ 8 Abs. 2 und 13 AGFlurbG nur vorschriftsmäßig besetzt, wenn an der mündlichen Verhandlung sowie der sich daraus ergebenden Sachentscheidung der Vorsitzende, ein beamteter sowie zwei ehrenamtliche Beisitzer beteiligt sind. § 141 Abs. 2 Satz 2 FlurbG bestimmt weiterhin, daß die Spruchstelle für Flurbereinigung über Widersprüche gegen den Flurbereinigungsplan nach ihrer freien, aus den gesamten Verhandlungen und Ermittlungen gewonnenen Überzeugung entscheidet. Das bedeutet, daß jedes Mitglied des Spruchkörpers das Ergebnis der gesamten Verhandlungen durch eigene Wahrnehmung erfaßt haben muß, da es nur dann imstande ist, sich ein Urteil über alle maßgeblichen Umstände des Rechtsstreites zu bilden. Nach den in der Rechtsprechung zur Frage der vorschriftsmäßigen Besetzung der Richterbank entwickelten Grundsätze, die unbedenklich auf die Frage der vorschriftsmäßigen Besetzung der Spruchstelle für Flurbereinigung übertragen werden können, ist dies nicht der Fall, wenn ein Mitglied der Spruchstelle an der Verhandlung und Entscheidung mitwirkt, das dazu nicht in der Lage ist, sei es, daß es in seiner Wahrnehmungsfähigkeit durch körperliche Gebrechen erheblich behindert ist oder sei es, daß seine Aufnahmefähigkeit vorübergehend durch Schwäche oder andere Ursachen beeinträchtigt ist (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1980 - 3 C 118/79 - in NJW 1981, 413). Der Kläger hat Behinderungen der genannten Art nicht in schlüssiger Weise aufzuzeigen vermocht, auch nicht, nachdem von dem Beklagten eingeräumt worden ist, daß ein ehrenamtlicher Beisitzer der Spruchstelle während "eines kurzen Momentes" die Augen geschlossen habe, aber dennoch der mündlichen Verhandlung gefolgt sei. Für die Annahme, daß ein Mitglied des Spruchkörpers an der Wahrnehmung des Verfahrensablaufes verhindert war, genügt nicht schon, daß es während kürzerer Zeiten die Augen schließt oder etwa kurzfristig und vorübergehend abgelenkt wird oder in gleicher Weise beschränkte Ermüdungserscheinungen zeigt (BVerwG, Beschluß vom 2. Sept. 1960 - V C 102.60 - V B 85.60 - in DVBl 1960, 935).