Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.10.1978 - 5 CB 50.74
Aktenzeichen | 5 CB 50.74 | Entscheidung | Urteil | Datum | 26.10.1978 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zur Ausschließung eines Richters wegen Teilnahme beim vorausgegangenen Verwaltungsverfahren (§ 54 Abs. 2 VwGO). |
Aus den Gründen
Die Revision ist zulässig und begründet.
Zulässig ist die Revision nach § 133 Nummer 2 in Verbindung mit § 54 Abs. 2 VwGO. Aus dem Vorbringen des Klägers ist mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen, daß er geltend machen will, der beisitzende Richter Sp. sei von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen gewesen, weil er bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt habe. Es wird damit ein Verfahrensmangel vorgetragen, der mit der zulassungsfreien Revision zu rügen ist.
Die Revision ist auch begründet. Der beisitzende Richter Sp. hätte an der gerichtlichen Entscheidung nicht mitwirken dürfen. Er war wegen seiner Mitwirkung am vorausgegangenen Verwaltungsverfahren von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen (§ 138 Absatz 1 FlurbG in Verbindung mit §§ 54 Absatz 2 und 138 Nummer 2 VwGO). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der in § 54 Absatz 2 VwGO verwendete Begriff des vorausgegangenen Verfahrens weit auszulegen. Sofern eine Anfechtungsklage erhoben ist, gehört dazu das gesamte behördliche Verfahren einschließlich des Vorverfahrens, das den Erlaß des angefochtenen Verwaltungsakts zum Gegenstand hatte (BVerwGE 52, 47 (48) mit weiteren Nachweisen). Für das Flurbereinigungsverfahren ist dabei allerdings einschränkend zu berücksichtigen, daß es in voneinander getrennten Verfahrensabschnitten durchgeführt wird, die jeweils mit dem Erlaß selbständig anfechtbarer Verwaltungsakte abgeschlossen werden. Ein Ausschließungsgrund nach § 54 Absatz 2 VwGO kann deshalb nur dann bestehen, wenn die Mitwirkung in einen Verfahrensabschnitt fällt, der in einem Zusammenhang mit der im Rechtsstreit angefochtenen behördlichen Entscheidung steht (Beschluß vom 20.7.1977 - BVerwG 5 CB 72.74 -). Aber auch wenn man diese Einschränkung berücksichtigt, sind für den beisitzenden Richter Sp. hier die Voraussetzungen des § 54 Absatz 2 VwGO erfüllt.
So steht nach dem in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen Vermerk vom 3.2.1967 folgendes fest: Am 31.1.1967 hat zwischen der Flurbereinigungsbehörde und dem Kläger auf dessen Gut H. eine Besprechung stattgefunden, die bestimmte, im Wege- und Gewässerplan zu regelnde sowie den Klägern betreffende Wegeverbindungen zum Gegenstand hatte. Verhandlungsleiter dieser Besprechung war Oberregierungsvermessungsrat Sp.. Er ist, wie die Beklagte in der von ihr eingeholten Auskunft vom 7.8.1978 bestätigt hat, mit dem beisitzenden Richter Sp. identisch.
Dieser Richter hat damit eine Tätigkeit ausgeübt, die dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren im Sinne des § 54 Absatz 2 VwGO zuzurechnen ist. Die Wegegestaltung im Flurbereinigungsgebiet, die Gegenstand der Besprechung war, betrifft den Wege- und Gewässerplan (§ 41 FlurbG), der nach § 58 Absatz 1 Satz 2 FlurbG in den Flurbereinigungsplan aufzunehmen ist. Der Flurbereinigungsplan ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
In dem Tätigwerden des beisitzenden Richters Sp. liegt ferner ein Mitwirken bei dem behördlichen Verfahren. Wie der Verfahrensbegriff ist auch der Begriff der Mitwirkung weit gefaßt. Er setzt nicht voraus, daß der Richter innerhalb des Verwaltungsverfahrens eine rechtsverbindliche Entscheidung getroffen hat (BVerwGE 52, 47 (50)). Ohne Bedeutung ist deshalb, ob der beisitzende Richter die konkrete Gestaltung des Wege- und Gewässerplans und damit auch des Flurbereinigungsplans beeinflußt oder sogar festgelegt hat. Die Teilnahme als Verhandlungsleiter, also in amtlicher Eigenschaft, an Erörterungen, die sich auf den Inhalt des Flurbereinigungsplans bezogen haben, reicht für eine Mitwirkung im Sinne des § 54 Absatz 2 VwGO aus.