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von Anonymer Benutzer

RzF - 84 - zu § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 27.06.1978 - 3 U 206/76

Aktenzeichen 3 U 206/76 Entscheidung Urteil Datum 27.06.1978
Gericht Oberlandesgericht Koblenz Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Voraussetzungen für die Löschung einer im Flurbereinigungsverfahren begründeten Dienstbarkeit.
2. Auslegung des Inhalts und Umfangs einer Dienstbarkeit.

Aus den Gründen

Ein Löschungsanspruch ist nicht schon deshalb gegeben, weil die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften erfolgt sein könnte. Nach § 37 Absatz 2 FlurbG vom 14. Juli 1953 obliegt der Flurbereinigungsbehörde auch die Ordnung der rechtlichen Verhältnisse. Darunter fällt unstreitig auch die Begründung neuer Rechte, z. B. von Grunddienstbarkeiten. Allerdings sind derartige Maßnahmen nur im Rahmen der den Flurbereinigungsbehörden gestellten Neugestaltungsaufgaben im Sinne des § 37 Absatz 1 FlurbG zulässig. Eine Neuordnung rechtlicher Verhältnisse setzt also voraus, daß durch sie die Grundlagen der Landwirtschaftsbetriebe oder die Bewirtschaftung verbessert werden. Daraus folgt, daß die Begründung von Rechten nur zulässig ist, soweit es sich um die Förderung des landwirtschaftlichen Betriebes handelt (Bundesverwaltungsgericht NJW 1959 Seite 643 Nummer 24). Eine solche Beschränkung enthält der Wortlaut der Eintragung nicht. Die Klägerin meint allerdings, die Eintragung sei so auszulegen, daß im Hinblick auf die Befugnisse des Kulturamtes als Flurbereinigungsbehörde seinerzeit nur eine Grunddienstbarkeit begründet worden sei, die dem jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks das Recht gibt das benachbarte Grundstück nur so weit zu betreten oder zu befahren, als dies der landwirtschaftliche Betrieb erfordert. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Für die Auslegung, was Inhalt und Umfang der Grunddienstbarkeit anlangt, ist hierfür in erster Linie die Eintragung im Grundbuch maßgebend sowie die Eintragungsbewilligung, soweit in der Eintragung in zulässiger Weise darauf Bezug genommen wird (§ 874 BGB). Jedoch auch das die Bewilligung ersetzende Eintragungsersuchen enthält eine solche ausdrückliche Beschränkung nicht. Allerdings können zur Ermittlung des Inhalts des die Begründung der Grunddienstbarkeit enthaltenden Rechtsgeschäfts auch außerhalb des Grundbucheintrags liegende Auslegungsbehelfe herangezogen werden. Dazu gehören auch die besonderen Verhältnisse, unter denen die Dienstbarkeit entstanden ist (Meisner - Stern - Hodes, Nachbarrecht im Bundesgebiet und in Westberlin, 5. Auflage 1970, Seite 693). Die Tatsache jedoch, daß das Kulturamt als Flurbereinigungsbehörde das Eintragungsersuchen gestellt hat, rechtfertigt noch nicht eine solche einschränkende Auslegung. Das wäre mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und Klarheit im Grundbuchrecht nicht zu vereinbaren. Daß das Kulturamt bei dem Eintragungsersuchen seine vom Gesetz ihm eingeräumte Befugnis überschritten hat, führt nicht zur Nichtigkeit der Eintragung und damit zu einem Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung, das heißt zur Löschung. Eine Nichtigkeit ergibt sich daraus nämlich nicht. Nichtig kann eine Grundbucheintragung nur dann sein, wenn so grobe schwerwiegende Fehler in der Eintragung selbst enthalten sind, daß die Nichtigkeit sich aufdrängen muß. Davon kann hier aber nicht die Rede sein. Die weitgefaßte, nicht ausdrücklich auf landwirtschaftliche Benutzung beschränkte Grunddienstbarkeit ist wirksam entstanden und nicht von vornherein als nichtig anzusehen.

Ein Anspruch auf Löschung der Grunddienstbarkeit ist auch nicht aus § 242 BGB wegen der nachträglichen Änderung der Verhältnisse gegeben. Nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen könnte ein solcher Anspruch wegen Veränderung der Verhältnisse zu bejahen sein (RGZ 169, 180; BHG LM § 242 D Nr. 58 m. Nachw.; RGRK 12. Auflage, § 1018 Rnd. 37 m. Nachw.).

Wenn durch eine bei Begründung der Grunddienstbarkeit nicht voraussehbare Entwicklung das Recht - vom Standpunkt vernünftiger Wirtschaftsführung aus gesehen - keine Vorteile mehr für das herrschende Grundstück bietet, gleichwohl die Ausübung der Grunddienstbarkeit an sich noch möglich und zulässig wäre, und sich die Nachteile für das dienende Grundstück so stark vermehrt haben, daß nunmehr der Nutzen außer Verhältnis zu dem Schaden steht, so muß bei voraussehbarer Nachhaltigkeit der Veränderung und wenn ihr nicht durch die bloße Einschränkung in der Ausübung Rechnung getragen werden kann, dem Belasteten in aller Regel entsprechend § 1020 Satz 1 BGB und in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens, welcher der für die Hypothek aufgestellten Vorschrift des § 1169 BGB zugrundeliegt, die Befugnis zugebilligt werden, der Ausübung des alten Rechts zu widersprechen und von dem Berechtigten den Verzicht, d. h. die Löschung, zu verlangen. Das ist dann ein besonderer Fall des sich auf § 242 BGB gründenden Einwands der unzulässigen Rechtsausübung. Allerdings ist ein solcher Anspruch auf Aufhebung und Löschung einer Grunddienstbarkeit nicht schon dann gegeben, wenn der Inhaber davon einen Gebrauch macht, der über den Umfang der eingeräumten Benutzungsbefugnis hinausgeht. Das würde nämlich nur einen Anspruch auf § 1004 BGB begründen (dazu Meisner - Stern - Hodes a.a.O. Seite 609).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.