Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 25.11.1975 - 3 C 63/74
Aktenzeichen | 3 C 63/74 | Entscheidung | Urteil | Datum | 25.11.1975 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Zur Fortsetzung des Rechtsstreits nach fiktiver Klagerücknahme. |
2. | Zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei nicht rechtzeitiger Nachholung der versäumten Rechtshandlung. |
Aus den Gründen
1. Ein Antrag auf Fortsetzung des Rechtsstreits nach Erlaß des Beschlusses gemäß § 92 Abs. 2 VwGO ist statthaft, sofern er auf die Überprüfung der Rechtswirksamkeit der Klagerücknahme, die Voraussetzung der Verfahrenseinstellung ist, abzielt (OVG Rh.-Pf., Beschluß vom 20.2.1970 - 1 B 52/69 - in AS 11, 293 ff.). Bei einer solchen Überprüfung, ob die Klagerücknahme rechtswirksam sei, ist das Gericht nicht mehr an den Beschluß nach § 92 Abs. 2 VwGO gebunden und entscheidet durch Endurteil (Redeker - von Oertzen, VwGO, 4. Aufl., Anm. 14 zu § 92). Diese Grundsätze sind nicht nur bei der durch prozessuale Willenserklärung zurückgenommenen Klage, sondern auch in dem Falle anwendbar, in dem die Klage aufgrund der gesetzlichen Fiktion nach § 27 Abs. 2 Satz 3 VGKG Rh.-Pf. als zurückgenommen gilt. Da die rechtzeitige Einzahlung des Prozeßkostenvorschusses unzweifelhaft versäumt wurde, gilt die Klage mit Ablauf des 15.1.1975 gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 VGKG Rh.-Pf. als zurückgenommen. Die Klagerücknahme hat die Beendigung des Prozesses mit unmittelbarer Rechtswirkung zur Folge, so daß der späteren Einstellung des Verfahrens durch Beschluß nach § 92 Abs. 2 VwGO nur deklaratorische Bedeutung zukommt (OVG Rh.-Pf. Beschluß vom 20.2.1970 - 1 B 52/69 - a.a.O.). Weder hat der Kläger Tatsachen vorgetragen, noch sind dem Gericht Umstände erkennnbar geworden, aus denen auf die Unwirksamkeit der - gesetzlich eingetretenen - Klagerücknahme geschlossen werden könnte. Gilt das Verfahren somit durch die rechtswirksame Klagerücknahme nicht als rechtshängig geworden, so ist für die von dem Kläger begehrte Sachentscheidung kein Raum. Der Klagehauptantrag auf Änderung der zugeteilten Landabfindung ebenso wie der dazu gestellte Hilfsantrag, die Sache zur erneuten Verhandlung und Bescheidung an die Spruchstelle für Flurbereinigung zurückzuverweisen, müssen daher als unzulässig abgewiesen werden.
2. Der - hilfsweise - gestellte Antrag des Klägers, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, kann ebenfalls nicht zu einer Überprüfung seines Abfindungsanspruches nach § 44 FlurbG führen. Die Anwendbarkeit des § 60 VwGO scheitert zwar nicht schon daran, daß es sich bei der Auflage im Beschluß des Senats vom 10.12.1974 nicht um eine "gesetzliche", sondern um eine "richterliche" Frist handelt. Denn das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt daß in den Fällen der versäumten Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses - insbesondere wegen der schwerwiegenden Rechtsfolge aus § 27 Abs. 2 Satz 3 VGKG Rh.-Pf. eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in analoger Anwendung des § 60 VwGO zulässig ist (OVG Rh.-Pf. Beschluß vom 18.4.1955 - 1 A 48/54 - in AS 3, 173 ff.; so auch Schunck - De Clerck, VwGO, Komm., 2. Aufl., Erl. 2 b zu § 189). Davon abzuweichen hat der Senat keine Veranlassung.
Das Begehren des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muß aber aus verfahrensrechtlichen Gründen erfolglos bleiben.
Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Dies ist im vorliegenden Falle nicht geschehen.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, daß der Kläger die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses selbst noch innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist nachgeholt hat. In einem solchen Fall kann zwar gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag von Amts wegen gewährt werden. Dies setzt jedoch voraus, daß die Wiedereinsetzungsgründe, soweit sie nicht offenkundig oder zumindest gerichtsbekannt sind, dem Gericht innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses mitgeteilt werden. Durch die Nachholung der versäumten Rechtshandlung, im vorliegenden Fall die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses, wird nämlich nur der an sich nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Wiedereinsetzungsantrag ersetzt, weil darin die Bekundung des Prozeßbeteiligten liegt, daß das Verfahren fortgesetzt und ein etwaiges prozessuales Hindernis nach Möglichkeit beseitigt werden soll. Eine weitergehende Bedeutung kommt dem § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO dagegen nicht zu. Ebenso wie bei dem Antrag auf Wiedereinsetzung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind dem Gericht daher auch im Falle der Nachholung der versäumten Rechtshandlung die Gründe innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses mitzuteilen, die für die Wiedereinsetzung maßgebend sein sollen. Eine andere Auslegung des § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO ist nicht haltbar, denn es wäre widersinnig, den förmlichen Antrag und seine Begründung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO an seine Frist zu binden, wenn der Prozeßbeteiligte, der nur die versäumte Handlung nachholt, von der alsbaldigen Mitteilung der Gründe für die Fristversäumnis absehen dürfte (OVG Rh.-Pf., Beschluß vom 24.8.1972 - 2 B 119/72 - in AS 12, 406 = NJW 1972, 2326). Da der Kläger bzw. dessen Prozeßbevollmächtigte Wiedereinsetzungsgründe rechtzeitig nicht vorgetragen haben, obwohl sie durch Schreiben des Gerichts vom 22.1.1975 auf die verspätete Einzahlung des Prozeßkostenvorschusses ausdrücklich hingewiesen worden sind, muß die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch nach § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO außer Betracht bleiben.