Flurbereinigungsgericht Magdeburg, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 R 14/11 (Lieferung 2013)
Aktenzeichen | 8 R 14/11 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 05.01.2012 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Magdeburg | Veröffentlichungen | Lieferung | 2013 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | §§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 83 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 5 GVG sind als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch auf die instanzielle Zuständigkeit entsprechend anwendbar. |
2. | Zu den nach § 44 a VwGO nicht selbständig anfechtbaren Verfahrenshandlungen gehört auch die behördliche Entscheidung über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht. |
3. | Nach § 29 Abs. 3 Satz 1 VwVfG erfolgt die Akteneinsicht grundsätzlich bei der Behörde, die die Akten führt. Die Gestattung einer Ausnahme nach § 29 Abs. 3 Satz 2 VwVfG, wozu auch die Entscheidung über die Übersendung der Akten in die Kanzlei eines bevollmächtigten Rechtsanwalts gehört, steht im Ermessen der Behörde. Dabei sind neben den Interessen der Beteiligten die Verfügbarkeit und das Risiko eines eventuellen Verlustes der Akten zu berücksichtigten. Überwiegt nach Abwägung aller Belange das besondere Interesse der Behörde an der jederzeitigen Verfügbarkeit der Akten das gegenläufige Interesse des Verfahrensbeteiligten an der Aktenübersendung, ist eine Ablehnung der Aktenversendung nicht ermessensfehlerhaft |
Aus den Gründen
Indes ist für das Flurbereinigungsgericht als "Beschwerdegericht" die Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit bindend, als darin (stillschweigend) die erstinstanzliche Zuständigkeit bejaht worden ist. Dies folgt aus den §§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, 83 Satz 1 VwGO, der als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch auf die instanzielle Zuständigkeit entsprechend anwendbar ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 83 Rdnr. 4, m.w.N.), in Verbindung mit § 17a Abs. 5 GVG, wonach das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.01.2004 - BVerwG 4 B 113.03 -, zit. nach JURIS; Kissel, GVG, § 17 Rdnr. 46).
2. Die Beschwerde ist aber unbegründet, weil der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 VwGO bereits unzulässig ist; denn nach § 44 a Satz 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrensverhandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Durch diese Regelung, die eine eigenständige (negative) Zulässigkeitsvoraussetzung für verwaltungsgerichtliche Rechtsbehelfe darstellt, soll im Interesse der Verfahrensökonomie verhindert werden, dass der Abschluss von noch bei den Behörden anhängigen Verwaltungsverfahren durch Rechtsbehelfe verzögert und erschwert wird und die Gerichte mit Streitfällen befasst werden, obwohl das Verfahren noch gar nicht abgeschlossen und zudem noch offen ist, ob die Betroffenen überhaupt durch das Ergebnis des Verfahrens in der Sache beschwert bzw. in ihren Rechten betroffen werden (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 30.07.2007 - 2 M 189/07 -, zit. nach JURIS; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 44a Rdnr. 1).
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben; insbesondere zählt zu den nach § 44 a VwGO nicht selbständig anfechtbaren Verfahrenshandlungen auch die - im vorliegenden Fall streitige - behördliche Entscheidung über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht (BVerwG, Urt. v. 27.05.1981 - BVerwG 8 C 13.80 -; VG Gießen, Urt. v. 18.01.2011 - 8 K 1836/10 -, beide zit. nach JURIS). Zudem steht in den Bodenordnungsverfahren P. - Verfahrensnummer KO4074 - und A-Stadt - Verfahrensnummer AB4059 -, in denen der Antragsgegner die beantragte Akteneinsicht durch Übersendung der Verwaltungsvorgänge in die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bzw. an das Landratsamt Erzgebirge verweigert hatte, die abschließende behördliche Sachentscheidung noch aus. Schließlich ist als Rechtsbehelf im Sinne des § 44a VwGO auch der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verstehen, weil der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung nicht etwas gewährt werden könnte, was sie im Klageweg nicht erreichen kann (vgl. BayVGH, Beschl. v. 18.05.1995 - 7 CE 95.1069 -, BayVBl. 1995, 631; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rdnr. 122).
Hat die Beschwerde der Antragstellerin mithin bereits wegen § 44a Satz 1 VwGO keinen Erfolg, kommt es auf die Frage, ob ihr darüber hinaus der geltend gemachte Anspruch auf Übersendung der Akten in die Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten bzw. an das Landratsamt Erzgebirge zustand, nicht mehr an.
3. Der Senat weist aber darauf hin, dass die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg gehabt hätte, weil der Antragsgegner ermessensfehlerfrei auf der Grundlage des auch im flurbereinigungsrechtlichen Verwaltungsverfahren geltenden § 29 Abs. 3 VwVfG (Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl., § 33 Rdnr. 5) eine Akteneinsicht nur in den Räumen der Flurbereinigungsbehörde gestattet hat. Danach erfolgt die Akteneinsicht grundsätzlich bei der Behörde, die die Akten führt. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann die Behörde aber Ausnahmen hiervon gestatten. Dazu gehört auch die Entscheidung über die Übersendung der Akten in die Kanzlei eines bevollmächtigten Rechtsanwalts. Diese Entscheidung steht im Ermessen der Behörde. Dabei sind neben den Interessen der Beteiligten die Verfügbarkeit und das Risiko eines eventuellen Verlustes der Akten zu berücksichtigten. Überwiegt nach Abwägung aller Belange das besondere Interesse der Behörde an der jederzeitigen Verfügbarkeit der Akten das gegenläufige Interesse des Verfahrensbeteiligten an der Aktenübersendung, ist eine Ablehnung der Aktenversendung nicht ermessensfehlerhaft (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 29 Rdnr. 42).
Vorliegend hat der Antragsgegner dem Prozessbevollmächtigten eine Einsichtnahme in die Verfahrensakten - mit Ausnahme der persönlichen Daten der anderen Teilnehmern - nicht verwehrt, diese aber ausschließlich in den Räumen der Flurbereinigungsbehörde angeboten, weil die Verfahrensakten sämtliche ergangenen Verwaltungsakte mit ihren öffentlichen Bekanntmachungen bzw. die bisher geschlossenen Landverzichte und Tauschvereinbarungen einschließlich der Erklärungen über den Erhalt der Geldabfindungen bzw. die Ergebnisse der Liegenschaftsvermessungen bzw. den Einsatz von Vergabe- und Fördermitteln enthielten. Ein Verlust dieser Akten, der durch die Versendung jedenfalls nicht gänzlich auszuschließen sei, würde die Verfahren nachhaltig beeinträchtigen. Zudem seien für die Verfahrensbearbeitung Landesmittel eingesetzt worden, die der jederzeitigen Kontrolle durch das Landesverwaltungsamt unterlägen, so dass die Akten jederzeit in der Behörde bereit gehalten werden müssten.