Flurbereinigungsgericht Mannheim, Beschluss vom 17.05.2010 - 7 S 403/10 (Lieferung 2011)

Aktenzeichen 7 S 403/10 Entscheidung Beschluss Datum 17.05.2010
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung 2011

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Erteilung von Ausfertigungen, Auszügen, Ausdrucken und Abschriften nach § 100 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung setzt voraus, dass der Beteiligte die Akten durchsieht und sodann konkret bezeichnet, welche Bestandteile er benötigt. Eine vollständige bzw. teilweise Kopie der Akten ohne eine solche Bezeichnung gleichsam "ins Blaue hinein" ist vom Akteneinsichtsanspruch nicht umfasst.

Aus den Gründen

Die nach § 152a VwGO statthafte und im Übrigen zulässige Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller beantragte am 10.08.2009, ihm gegen die vom Landratsamt Xxxxx verfügte vorläufige Anordnung vom 11.06.2008, mit der ihm - als nunmehrigem Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens Xxxxx - Xxxxx - ab dem 01.09.2008 Besitz und Nutzung bestimmter Grundstücksflächen entzogen wurde, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren. Im Antragsschriftsatz beantragte er zugleich Akteneinsicht und stellte in Aussicht, seinen Antrag nach erfolgter Akteneinsicht (weiter) zu begründen. Daraufhin veranlasste der Senat am 28.08.2009 die Übersendung der einschlägigen Behördenakten an das Amtsgericht Xxxxx und teilte dem Antragsteller mit, dass er die übersandten Akten dort einsehen könne. Der Antragsteller tat dies jedoch nicht, sondern verlangte vom Amtsgericht die vollständige Kopie der Akten. Das Amtsgericht kam diesem Wunsch nicht nach, lehnte im Weiteren auch eine auszugsweise Kopie der Akten ab und bat den Antragsteller um Mitteilung bis 10.09.2009, ob er noch Akteneinsicht wünsche. Da eine solche Mitteilung unterblieb, sandte das Amtsgericht die Akten mit Schreiben vom 11.09.2009 an den Verwaltungsgerichtshof zurück. Mit Schreiben vom 14.09.2009 wies der Senat den Antragsteller darauf hin, dass er die Verfahrens- und Gerichtsakte in den Räumen der Geschäftsstelle des Senats - nach vorheriger Rücksprache mit dem Geschäftsstellenbeamten - einsehen und dort ggf. auf seine Kosten Kopien von konkret bezeichneten Aktenbestandteilen anfertigen lassen könne. Diesem Angebot kam der Antragsteller ebenfalls nicht nach.
Mit Beschluss vom 28.01.2010 lehnte der Senat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab.


Aufgrund des geschilderten Verfahrensablaufs ist nicht ersichtlich, dass das Gericht den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt hätte (vgl. § 152 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet die Gerichte (vgl. § 108 Abs. 2 VwGO) unter anderem, den Beteiligten vor Entscheidung über ihr Rechtsschutzbegehren Gelegenheit zu geben, alles vorzutragen, was sie für wesentlich halten sowie dazu, ihre Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Diesen Anforderungen genügt der Beschluss des Senats vom 28.01.2010. Dem Antragsteller wurde zweimal Gelegenheit gegeben, Einsicht in die Verfahrens- und Behördenakten zu nehmen, um seinen Antrag weiter begründen zu können. Beide Gelegenheiten ließ er ungenutzt verstreichen, wohl in der Annahme, dass er einen Anspruch darauf habe, dass die genannten Akten unbesehen vollständig bzw. auszugsweise kopiert und ihm zur Verfügung gestellt werden. Zwar sehen § 100 Abs. 1 und 2 VwGO - die über § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG im vorliegenden Verfahren anwendbar sind - vor, dass die Beteiligten die einschlägigen Akten einsehen und auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge, Ausdrucke und Abschriften erhalten können. Die Erteilung von Ausfertigungen, Auszügen, Ausdrucken und Abschriften setzt aber voraus, dass der Beteiligte die Akten durchsieht und sodann konkret bezeichnet, welche Bestandteile er benötigt. Eine vollständige bzw. teilweise Kopie der Akten ohne eine solche Bezeichnung gleichsam "ins Blaue hinein" ist vom Akteneinsichtsanspruch nicht umfasst (OVG Hamburg, Beschl, v. 25.09.1995 - Bf IV 8/94 -, NVwZ-RR 1996, 304). Dies wurde dem Antragsteller mit Schreiben des Senats vom 14.09.2009 auch so mitgeteilt. Er hatte mithin sowohl beim Amtsgericht Xxxxx als auch - in der Zeit von September 2009 bis Januar 2010 -beim Verwaltungsgerichtshof ausreichend Gelegenheit, sich die von ihm für die weitere Begründung seines Antrags für notwendig gehaltenen Informationen zu verschaffen.
Mit Blick auf das Schreiben des Senats vom 14.09.2009 konnte der Antragsteller nicht davon ausgehen, dass der Senat eine Entscheidung erst nach tatsächlich erfolgter Akteneinsicht und nach Zugang einer weiteren Begründung treffen würde. Diesem Schreiben lassen sich nach seinem objektiven Erklärungsinhalt keine Anhaltspunkte für eine solche Aussage entnehmen. Auch aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, musste der Antragsteller mit einer zeitnahen Entscheidung - notfalls ohne Berücksichtigung einer weiteren Antragsbegründung - rechnen.