Flurbereinigungsgericht Koblenz, Beschluss vom 09.09.2009 - 9 C 11212/08.OVG (Lieferung 2010)

Aktenzeichen 9 C 11212/08.OVG Entscheidung Beschluss Datum 09.09.2009
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen Lieferung 2010

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Nach § 162 Ab. 2 Satz 2 VwGO sind Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes, soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt. Diese Vorschrift gilt auch zu Gunsten eines Beigeladenen, und zwar auch dann, wenn ihm die Widerspruchsbehörde nur aus Gründen des rechtlichen Gehörs ohne förmliche Beiladung Gelegenheit zur Stellungnahme gibt.
2. Die Zuziehung eines Rechtsanwaltes durch einen Drittbetroffenen im Vorverfahren ist in der Regel nicht notwendig, wenn die Widerspruchsbehörde (Spruchstelle für Flurbereinigung) ihn zur Vorbereitung ihrer Entscheidung zu einem Ortstermin geladen hat und keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass von dem Drittbetroffenen Äußerungen zu Fragen außerhalb seines Erfahrungsbereiches erwartet werden. Das gilt insbesondere, wenn der Drittbetroffene sich nicht in einer Abwehrposition gegenüber einer rechtskundigen Behörde befindet sondern an der Seite der Flurbereinigungsbehörde, die ihre Entscheidung gegenüber dem Widerspruch zu verteidigen hatte.

Aus den Gründen

Nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO sind Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes, soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt. Diese Vorschrift gilt auch zu Gunsten eines Beigeladenen, und zwar auch dann, wenn ihm die Widerspruchsbehörde nur aus Gründen des rechtlichen Gehörs ohne förmliche Beiladung Gelegenheit zur Stellungnahme gibt (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. Februar 2002 – 1 E 10012/02.OVG -).


Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war hier jedoch nicht notwendig. Sie ist nur notwendig, wenn sie aus Sicht eines verständigen, nicht rechtskundigen Beteiligten zum Zeitpunkt der Bestellung des Bevollmächtigten für erforderlich gehalten werden durfte und es diesem nach seiner Vorbildung, Erfahrung und sonstigen persönlichen Verhältnissen nicht zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen. Das ist in der Regel aus Gründen der Waffengleichheit der Fall, wenn der Beteiligte seine Rechte gegenüber einer rechtskundigen Behörde vertreten muss. Hier befand sich die Beigeladene jedoch nicht in einer Abwehrposition gegenüber einer rechtskundigen Behörde, sondern vielmehr an der Seite der Flurbereinigungsbehörde, die ihre Entscheidung gegen den Widerspruch der Kläger zu verteidigen hatte. Die von der Beigeladenen 2) gebilligte Entscheidung der Flurbereinigungsbehörde über ihre Landabfindung war von den damals nicht durch einen Bevollmächtigten vertretenen Klägern mit Widerspruch angefochten worden. Die Widerspruchsbehörde lud die Beigeladene zu 2) mit Schreiben vom 27. Juni 2008 zu einem Ortstermin, der der Vorbereitung der Widerspruchsentscheidung diente, um sie anzuhören. In dieser Lage bestand keine Veranlassung, einen Bevollmächtigten zu beauftragen. Bei der Abfindungsgestaltung in der Flurbereinigung geht es um die Abwägung der betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander und um die Berücksichtigung aller Umstände, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben (§ 44 Abs. 2 FlurbG). Im Rahmen dieser Abwägung kommt es darauf an, die Interessen der Beteiligten an einer bestimmten Abfindungsgestaltung zu ermitteln. Darum ging es auch hier. Außerdem wurde ein Vergleichsvorschlag erörtert. Anhaltspunkte dafür, dass von der Beigeladenen zu 2) Äußerungen zu Fragen außerhalb ihres Erfahrungsbereiches erwartet wurden, gab es nicht. Bei Zweifeln, welche Anforderungen in dem Termin an sie gestellt würden, hätte sie sich bei der Flurbereinigungsbehörde erkundigen können. Die Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes ist unter diesen Umständen nicht erforderlich und auch ungewöhnlich. Möglicherweise ist sie hier dadurch zu erklären, dass der hinzugezogene Rechtsanwalt der Sohn der Beigeladenen zu 2) ist.