Flurbereinigungsgericht München, Beschluss vom 02.03.2004 - 13 A 01.2055 = BayVBl 2004 S. 571
Aktenzeichen | 13 A 01.2055 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 02.03.2004 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | = BayVBl 2004 S. 571 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Ein anwaltliches Mahnschreiben ist erst erforderlich, wenn der Gläubiger dem Schuldner eine angemessene Zahlungsfrist eingeräumt hat, deren Erforderlichkeit sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet. |
2. | Die bei Behörden angemessene Zahlungsfrist für die Begleichung von Rechtsanwaltskosten beträgt in der Regel ein Monat. |
3. | Wenn ein gerichtlicher Kostenfestsetzungsbeschluss einen bestimmten Zinssatz festsetzt, hat nicht der Gläubiger, sondern der Schuldner den konkreten Betrag zu errechnen und ihn ohne weitere Aufforderung zu zahlen. |
Aus den Gründen
Das Flurbereinigungsgericht hat mit Urteil vom 27. Februar 2003 der Klage stattgegeben und dem Beklagten die Kosten auferlegt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat mit Kostenfeststellungsbeschluss vom 28. Juni 2003 die notwendigen Aufwendungen des Klägers auf 1282,85 Euro festgesetzt und bestimmt, dass der zu erstattende Betrag mit 5% über dem Basissatz zu verzinsen ist (gestaffelt ab 4.3. und 13.3.2003). Dieser Beschluss wurde dem Beklagten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Mit Schreiben vom 23. Juli 2003 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er per 18. Juli 2003 von der Staatsoberkasse eine Überweisung in Höhe von 1282,85 Euro, nicht jedoch die angefallenen Zinsen erhalten habe; gleichzeitig forderte der Kläger den Beklagten auf, die "Restforderungsberechnung, wonach Zinsen in Höhe von 32,59 Euro, zuzüglich der Gebühren für dieses Schreiben von 13,34 Euro zu zahlen sind", bis zum 22. August 2003 zu begleichen. Mit weiterem Schreiben vom 4. August 2003 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er per 4. August 2003 von der Staatsoberkasse eine Überweisung in Höhe von 32,59 Euro, nicht jedoch die darauf entfallenden Rechtsanwaltsgebühren erhalten habe; gleichzeitig forderte der Kläger den Beklagten auf, die Gebühren in Höhe von 13,34 Euro bis zum 14. August 2003 zu begleichen. Andernfalls würde er analog § 788 ZPO gesondert Kostenfestsetzungsantrag bei Gericht stellen.
Auf den Kostenfestsetzungsantrag vom 24. August 2003 setzte der Urkundsbeamte die vom Beklagten an den Kläger im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu erstattenden weiteren notwendigen Auslagen unter Hinweis auf § 57 BRAGO mit Beschluss vom 24. November 2003 auf 13,34 Euro fest.
Gegen den am 26. November 2003 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Beklagte am 4. Dezember 2003 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Das anwaltliche Mahnschreiben an den Beklagten als Schuldner, die titulierte und auch - einschließlich der Zinsen - fällige Leistung zu erbringen, war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nach § 788 Abs. 1 i.V.m. § 91 ZPO notwendig (vgl. hierzu BverfGE 84, 6). Dass der Kläger als Gläubiger nicht verpflichtet war eine Zinsberechnung vorzunehmen, ergibt sich aus der Rechtsnatur des Kostenfestsetzungsbeschlusses als Vollstreckungstitel. Der Gläubiger hat nach § 795 i.V.m. § 750 Abs. 1 ZPO lediglich die Zustellung zu bewirken, die im Verwaltungsprozess allerdings von Amts wegen erfolgt (§ 56 Abs. 1 VwGO). Da die zuständige Behörde zwar die Überweisung der Hauptforderung, aber nicht diejenige der Zinsen angeordnet hatte, bestand Anlass zu einem Mahnschreiben zur Begleichung der Restforderung. Die Mahnung war auch nicht verfrüht. Die Erforderlichkeit der auf die Beitreibung gerichteten anwaltlichen Tätigkeit setzt voraus, dass der Gläubiger dem Schuldner eine angemessene Frist zur freiwilligen Leistung eingeräumt hat, deren Länge sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet (BVerfG vom 10.12.1998 NJW 1999, 778). Die Fristdauer ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht geregelt. Die für Kostenfestsetzungsbeschlüsse geltende Wartefrist von zwei Wochen nach § 173 VwGO i.V.m. § 798 ZPO ist hier eingehalten. § 882 a ZPO, wonach zur Zwangsvollstreckung gegen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts eine Mahnfrist von vier Wochen einzuhalten ist, findet im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit keine Anwendung (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2003, RdNr. 15 zu § 882 a ZPO). In analoger Anwendung von § 882 a ZPO oder § 170 Abs. 2 VwGO (vgl. hierzu BVerfG vom 10.12.1998 a.a.O.) dürfte die bei Behörden angemessene Zahlungsfrist für die Begleichung von Rechtsanwaltskosten i.d.R. einen Monat betragen. Falls die Überweisung an den Gläubiger aber die Bereitstellung außerplanmäßiger Haushaltsmittel erfordert, kann die Frist u.U. auch sechs Wochen ausmachen. Im vorliegenden Fall stellt sich dieses Fristenproblem allerdings nicht. Dadurch, dass die Staatsoberkasse die Hauptforderung innerhalb von ca. drei Wochen beglichen hat, zeigte sich, dass die Auszahlung hier nicht von zeitraubenden haushaltsrechtlichen oder kassenorganisatorischen Vorgängen abhing. Der Kläger war deshalb nicht gehalten, weitere rechtliche Schritte bis zum Ablauf von vier oder sechs Wochen zurückzustellen. Da die zuständige Behörde der Auffassung war, ohne eine Zinsberechnung von seiten des Klägers bzw. seines Bevollmächtigten nicht zur Zinszahlung verpflichtet zu sein, ist nicht anzunehmen, dass die Behörde die angefallenen Zinsen auch ohne das Mahnschreiben innerhalb der genannten Frist überwiesen hätte.