Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.07.1968 - IV B 94.68

Aktenzeichen IV B 94.68 Entscheidung Beschluss Datum 01.07.1968
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 60 Abs. 1 VwGO.

Aus den Gründen

Der Wiedereinsetzungsantrag und die Beschwerde haben keinen Erfolg.

Nach § 60 Abs. 1 VwGO darf die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur gewährt werden, wenn jemand ohne Verschulden gehindert ist, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Die Beschwerdefrist wird durch die Zustellung des angefochtenen Urteils in Lauf gesetzt (§ 132 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Die Zustellung erfolgt von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes vom 3. Juli 1952 (BGBl. I S. 379) - VwZG -. Nach § 5 Abs. 2 dieses Gesetzes kann an Rechtsanwälte in vereinfachter Form zugestellt werden. Hierzu genügt es, daß das zuzustellende Schriftstück dem Empfänger in irgendeiner Form übermittelt wird. Das wird in der Regel durch eine Übersendung des Schriftstücks mit der Post geschehen. Jedoch kann die Übermittlung auch in der Weise erfolgen, daß der Rechtsanwalt das Schriftstück in der Geschäftsstelle des Gerichts selbst abholt oder durch einen Bevollmächtigten abholen läßt. Als Zustellungsnachweis gilt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis (§ 5 Abs. 2 Halbsatz 2 VwZG).

Mit der Aushändigung des Urteils an den zur Entgegennahme des Schriftstückes Beauftragten am 19. Febr. 1968 begann daher der Lauf der Beschwerdefrist. Die Beschwerde ist beim Oberverwaltungsgericht am 26.3.1968, also verspätet (§ 132 Abs. 3 Satz 1 VwGO), eingegangen.

Die Fristversäumung des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin ist nicht entschuldbar. Sie beruht auf seiner unrichtigen Vorstellung, daß durch die Aushändigung des Urteils an seinen Bevollmächtigten eine wirksame Zustellung nicht erfolgt sei. Dieser Irrtum war bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage ohne weiteres vermeidbar. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hatte davon Kenntnis, daß der von ihm Beauftragte die Entgegennahme des Urteils hat bestätigen, also ein Empfangsbekenntnis hat abgeben müssen. Schon hieraus hätte er den Schluß ziehen müssen, daß mit der Übergabe des Urteils an den Bevollmächtigten die Zustellung bewirkt war. Zumindest hätte er bei pflichtgemäßer Sorgfalt mit der Möglichkeit einer solchen Rechtsfolge rechnen und vorsorglich die Beschwerde rechtzeitig einlegen müssen. Auf keinen Fall durfte er darauf vertrauen, daß eine Zustellung an ihn selbst noch nachfolgen würde. Wenn er dies dennoch tat und darüber hinaus irrig annahm, daß die Zustellung des Urteils in der Streitsache der Gemeinde Haardt gegen das Land Rheinland-Pfalz die vorliegende Streitsache betreffen würde, dann hat er nicht mit der Sorgfalt gehandelt, die von einem Rechtsanwalt bei der Berechnung einer Rechtsmittelfrist verlangt wird.

Hat also der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die in § 132 Abs. 3 Satz 1 VwGO für die Einlegung einer Beschwerde bestimmte Frist von einem Monat schuldhaft versäumt, so ist dieses Verschulden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. unter anderem Beschluß vom 16.11.1961 - BVerwG IV ER 403.61 - BVerwGE 13, 181) der Klägerin zuzurechnen.

Die Klägerin war also nicht ohne Verschulden gehindert, die Frist für die Einhaltung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Daher war ihr Wiedereinsetzungsantrag abzulehnen und ihre Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu verwerfen.