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von Anonymer Benutzer

RzF - 29 - zu § 134 Abs. 2 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 28.05.1980 - 9 C 28/79

Aktenzeichen 9 C 28/79 Entscheidung Urteil Datum 28.05.1980
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Schriftform der Klageerhebung erfordert grundsätzlich die handschriftliche Unterzeichnung durch den Absender.
2. Bei schuldhafter Versäumung der Klagefrist kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
3. Wegen Versäumung der Klagefrist kann nicht in entsprechender Anwendung des § 134 Abs. 2 FlurbG Nachsicht gewährt werden.

Aus den Gründen

Nach § 142 Abs. 1 FlurbG muß die Klage innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Da der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Bescheid vom 11. April 1979 am 12. April 1979 als Einschreiben zur Post gegeben worden ist und somit gemäß § 4 Abs. 1 Verwaltungszustellungsgesetz mit dem 15. April 1979 als zugestellt gilt, lief diese Frist am Montag, dem 30. April 1979 ab (§ 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2, 193 BGB). Der Kläger hat jedoch erst nach Ablauf dieser Frist Klage erhoben.

Zwar ist die "Klageschrift" vom 23. April 1979 am 25. April 1979, somit also innerhalb der Klagefrist, bei Gericht eingegangen. Diese "Klageschrift" war aber zu diesem Zeitpunkt nicht unterschrieben und genügte daher nicht den zwingenden Formvorschriften des § 81 Abs. 1 VwGO, wonach die Klage schriftlich zu erheben ist. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 25. April 1975 - VI C 21.74 -, Buchholz BVerwG 310 § 81 Nr. 5 mit weiteren Nachweisen), der sich auch der erkennende Senat anschließt, erfordert die Schriftform grundsätzlich die handschriftliche Unterzeichnung durch den Absender; denn die eigenhändige Unterschrift ist das im Rechtsverkehr typische Merkmal, um den Urheber eines Schriftstückes festzustellen und seinen Willen, die schriftlich niedergelegte Erklärung in den Verkehr zu bringen, zu ermitteln. Eine Ausnahme hiervon gilt, - soweit es hier in Betracht kommt - nur dort, wo aus dem Schriftstück allein oder in Verbindung mit beigefügten Anlagen ohne Rückfragen oder Beweiserhebung die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, mit einer der Unterschrift unter das Schreiben gleichwertigen Sicherheit zu entnehmen sind (BVerwG aaO S. 2). Das trifft hier jedoch nicht zu.

Aus der mit Schreibmaschine geschriebenen und zunächst nicht unterzeichneten "Klageschrift" vom 23. April 1979 war nicht zu entnehmen, daß ihr Inhalt vom Kläger als von ihm dem Gericht gegenüber abzugebende Erklärung gebilligt war und von ihm in den Verkehr gegeben worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers läßt sich dies auch nicht ohne Rückfragen oder Beweiserhebung den Angaben auf dem Briefumschlag entnehmen, mit dem die "Klageschrift" vom 23. April 1979 dem Gericht übermittelt worden ist. Dieser Briefumschlag ist einschließlich der Angabe des Absenders mit Druckbuchstaben versehen. Insbesondere fehlt bei der Angabe des Absenders ein eigenhändiger Namenszug des Klägers, der ohne weiteres den Rückschluß darauf zugelassen hätte, daß es sich bei der "Klageschrift" nicht etwa nur um einen Entwurf, sondern um eine von ihm verbindlich gemeinte und als solche in den Rechtsverkehr gegebene Erklärung mit entsprechenden Rechtswirkungen handeln sollte. Insoweit unterscheidet sich diese Fallgestaltung in rechtserheblicher Weise von dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 1963 (II C 112.65 = BVerwGE 30, 274) zugrunde gelegen hat; in jenem Falle trug der Briefumschlag als Absendervermerk den eigenhändigen Namenszug des betreffenden Widerspruchsführers (vgl. aaO S. 277).

Genügt somit die zunächst ohne Unterschrift versehene "Klageschrift" vom 23. April 1979 nicht den gesetzlichen Anforderungen, so liegt - da eine rückwirkende Heilung des Formfehlers nicht möglich ist (z. B. Redeker-von Oertzen, VwGO, 6. Aufl., Rdnr. 1 zu § 81) - allein in dem erneuten Eingang dieses vom Kläger nunmehr unterzeichneten Schriftstückes am 3. Mai 1979 eine rechtswirksame Erhebung der Klage. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch - wie dargelegt die Klagefrist bereits abgelaufen.

Dem Kläger kann wegen dieser Versäumung der Klagefrist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähr-t werden. Eine solche Wiedereinsetzung setzt nach § 60 Abs. 1 VwGO voraus, daß er ohne Verschulden gehindert war, innerhalb der gesetzlichen Frist formgerecht Klage zu erheben. Dem steht aber schon der Umstand entgegen, daß der Kläger - wie er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt hat - innerhalb der Klagefrist die "Klageschrift" vom 23. April 1979 selbst verfaßt und an das Gericht abgesendet hat. Anhaltspunkte dafür, daß er außerstande gewesen sein sollte, vor Ablauf der Klagefrist diese seine "Klageschrift" auch eigenhändig zu unterzeichnen, sind nicht ersichtlich. Ist daher davon auszugehen, daß der Kläger infolge eines Versehens und damit schuldhaft im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO die "Klageschrift" vom 23. April 1979 nicht unterzeichnet hat, so steht schon dies allein einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegen, ohne daß es noch weiter von Bedeutung ist, ob der Kläger, nachdem er durch das Gericht auf das Fehlen der Unterschrift hingewiesen worden war, unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, versucht hat, den Mangel zu beheben.

Schließlich kann dem Kläger wegen der Versäumung der Klagefrist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 134 Abs. 2 FlurbG Nachsicht gewährt werden. Diese Vorschrift kommt bei der Versäumung der Klagefrist nicht in Betracht, vielmehr bestimmt sich in einem solchen Falle die Zulässigkeit der Klage insoweit ausschließlich nach Maßgabe des § 60 VwGO.