Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 19.12.2006 - 7 S 965/05 (Lieferung 2008)
Aktenzeichen | 7 S 965/05 | Entscheidung | Urteil | Datum | 19.12.2006 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Mannheim | Veröffentlichungen | Lieferung | 2008 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Niederschrift einer Widerspruchsverhandlung ist eine öffentliche Urkunde i.S.v. § 415 ZPO. |
2. | Die Rücknahme eines Widerspruchs ist grundsätzlich bedingungsfeindlich, unwiderruflich und unanfechtbar. |
Aus den Gründen
Die Kläger wenden sich der Sache nach gegen die zugeteilte Landabfindung.
...
Ausweislich der bei den Behördenakten befindlichen und im Verhandlungstermin in beglaubigter Form vorgelegten Vollmacht vom 07.01.2003 war Herr Rechtsanwalt K. von beiden Klägern mit der Vertretung im Flurbereinigungsverfahren einschließlich des Widerspruchsverfahrens beauftragt worden.
An der Widerspruchsverhandlung des Landesamts am 15.12.2004 nahmen der Kläger 1 sowie der Verfahrensbevollmächtigte beider Kläger Herr Rechtsanwalt K. teil. Ausweislich des Protokolls vom 15.12.2004 kam es zu einer gütlichen Einigung, woraufhin der Kläger 1 und der bevollmächtigte Rechtsanwalt erklärten, dass die Widersprüche zurückgenommen werden. Die Originalsitzungsniederschrift vom 15.12.2004 wurde vom Beklagtenvertreter im Verhandlungstermin zur Einsicht vorgelegt.
Mit Schreiben der Kläger vom 20.03.2005 (beim Regierungspräsidium T. eingegangen am 22.03.2005) erklärten die Kläger, die Einigung sei nur durch die Erklärung des Rechtsanwalts zustande gekommen. Der beim Termin anwesende Kläger 1 sei gegen die Einigung gewesen. Deshalb hätten sie ihre Erklärung am 17.12.2004 telefonisch gegenüber dem Flurbereinigungsamt R. zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 29.03.2005 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass die Rücknahme eines Widerspruchs nicht widerrufen werden könne. Im Übrigen seien die im Widerspruchstermin abgegebenen Erklärungen vorgelesen und auch vom Kläger 1 selbst ausdrücklich genehmigt worden.
Die Kläger haben am 28.04.2005 Klage zum Flurbereinigungsgericht erhoben, mit der sie eine andere Landabfindung verlangen.
...
Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Widerspruchsverhandlung vom 15.12.2004 haben dort sowohl der Kläger 1 als auch Herr Rechtsanwalt K. namens beider Kläger ausdrücklich erklärt, dass sie den Vorschlag der Flurbereinigungsverwaltung annehmen wollten und dass sie die anhängigen Widersprüche zurücknehmen. Diese Erklärungen wurden in die Sitzungsniederschrift aufgenommen, den Erschienenen vorgelesen und von diesen genehmigt. Sodann wurde die Sitzungsniederschrift von den Mitgliedern der Widerspruchsstelle unterschrieben. Damit ist den formellen Erfordernissen der §§ 129, § 130 FlurbG genügt und die Sitzungsniederschrift als öffentliche Urkunde ordnungsgemäß errichtet worden.
Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen worden sind, begründen als öffentliche Urkunden vollen Beweis für die vor der Behörde abgegebenen Erklärungen (§ 415 Abs. 1 ZPO). Die Echtheit der Niederschrift wird von Klägerseite nicht bestritten; für diese streitet auch die Vermutung des § 437 Abs. 1 ZPO. Den Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet worden sei, hat die Klägerseite nicht geführt (§ 415 Abs. 2 ZPO). Die Möglichkeit einer solchen Beweisführung ist auch fernliegend.
Damit steht fest, dass der Kläger 1 im Widerspruchstermin die Widersprüche zurückgenommen hat. Ob er dabei zugleich für die nicht anwesende Klägerin 2 handeln wollte, kann dahin stehen. Denn der ebenfalls anwesende Rechtsanwalt war ausweislich der bei den Behördenakten befindlichen von beiden Klägern unterschriebenen Vollmacht vom 07.01.2003 für beide Kläger vertretungsbefugt. Diese Vollmacht erstreckte sich auf das Verwaltungsverfahren einschließlich des Widerspruchsverfahrens sowie das Klageverfahren vor dem Flurbereinigungsgericht. Die erteilte Vollmacht war auch nicht inhaltlich begrenzt, sondern berechtigte den Verfahrensbevollmächtigten ausweislich der dort aufgeführten Befugnisse (dortige Nr. 2) ausdrücklich auch zur Rücknahme von Rechtsmitteln.
Damit steht fest, dass die Kläger die eingelegten Widersprüche am 15.12.2004 wirksam zurückgenommen haben. Die zugrunde liegenden Verwaltungsakte wurden damit bestandskräftig. Für eine Aufhebung dieser Verwaltungsakte im gerichtlichen Verfahren gibt es keinen Raum mehr, weshalb das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage fehlt.