Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.10.1967 - IV B 29.67
Aktenzeichen | IV B 29.67 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 30.10.1967 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Mangelnde Rechtskenntnis entschuldigt in der Regel eine Fristversäumnis nicht. |
2. | Zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Klagefrist. |
Aus den Gründen
Die auf einen Verfahrensmangel gestützte Beschwerde der Kläger konnte keinen Erfolg haben.
Die Kläger tragen vor, ihnen sei zu Unrecht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumnis der Klagefrist gewährt und demgemäß ohne ausreichenden Grund über ihren Anspruch nicht durch Sachurteil, sondern durch Prozeßurteil entschieden worden. Sie hätten die Klagefrist versäumt, weil sie die Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Beschwerdebescheid der Beklagten mißverstanden hätten. Ihre unverschuldete Rechtsunkenntnis habe dazu geführt, daß sie als Zustellung den Zeitpunkt des Zuganges der ihnen von ihrem früheren Prozeßbevollmächtigten unter Einschreiben übermittelten Abschrift des Beschwerdebescheides angesehen hätten.
Dieses Vorbringen enthält zwar, wie die Kläger unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 1961 - BVerwG III B 148.60/C 138.60 - (NJW 1962, 882) meinen, eine schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels. Diese Verfahrensrüge ist indessen unbegründet.
Ohne Rechtsirrtum ist das Flurbereinigungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Kläger durch eigenes Verschulden die Klagefrist nicht eingehalten haben und daß ihnen demgemäß gegen die Versäumung der Klagefrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war. Nach ihrer eidesstattlichen Versicherung haben die Kläger "die Bedeutung der Rechtsmittelbelehrung" mit ihrem Schwager "eingehend" besprochen, von dem sie, wie sie weiter schriftsätzlich vorgetragen haben, angenommen haben, daß er in Rechtsangelegenheiten erfahren sei. Das läßt erkennen, daß die Kläger gerade nicht, wie sie behaupten, ohne jeden Zweifel überzeugt waren, der Lauf der Klagefrist beginne erst mit dem Zugang der ihnen von ihrem Anwalt übermittelten Einschreibesendung. Vielmehr beweist ihr Verhalten, wie das Flurbereinigungsgericht zutreffend festgestellt hat, daß ihnen immerhin Zweifel darüber aufgekommen waren, ob nicht doch die Aushändigung des Bescheides an ihren früheren Prozeßbevollmächtigten bereits als Zustellung anzusehen sei. Das hätte die Kläger aber veranlassen müssen, vorsorglich das Datum der Zustellung an ihren früheren Prozeßbevollmächtigten als Beginn der Klagefrist zu betrachten oder aber über Beginn und Ablauf der Rechtsmittelfrist sich rechtskundig beraten zu lassen. Ihr Verhalten entspricht nicht den Erwartungen, die an jeden rechtsunkundigen Rechtsuchenden zu stellen sind (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Dezember 1961, a.a.O.).
Im übrigen hätte ihnen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumnis der Klagefrist auch dann versagt werden müssen, wenn den Klägern, wie sie vortragen, "keinerlei Zweifel an der von ihnen angenommenen Bedeutung der Rechtsmittelbelehrung" aufgekommen sein sollten. Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach entschieden, daß mangelnde Rechtskenntnis eine Fristversäumnis in der Regel nicht entschuldigt (Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 15. Juli 1960 - BVerwG VII CB 108.58 -, vom 18. Dezember 1956 - BVerwG IV C 251.56 - und vom 2. April 1954 - BVerwG II C 59.53 - (DÖV 1954, 412). Wenn die Kläger als Rechtsunkundige es unternehmen, den Ablauf einer Rechtsmittelfrist ohne sachkundige Rechtsberatung selbst zu berechnen, dann laufen sie Gefahr, die Rechtsmittelfrist zu versäumen und müssen die Folgen einer unrichtigen Berechnung der Rechtsmittelfrist auf sich nehmen.