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von Anonymer Benutzer

RzF - 5 - zu § 112 Abs. 1 FlurbG

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 01.10.1970 - VIII C 137.69 = NJW 1971 S. 446

Aktenzeichen VIII C 137.69 Entscheidung Urteil Datum 01.10.1970
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen NJW 1971 S. 446  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Frage der förmlichen Zustellung von Bescheiden durch eingeschriebenen Brief.

Aus den Gründen

Nach Maßgabe von § 4 VwZG sollte der Ablehnungsbescheid dem Kläger durch eingeschriebenen Brief zugestellt werden. Bei der Zustellung durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes gilt dieser mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, daß das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 4 Abs. 1 Halbsatz 1 VwZG). Ob man bei dieser Regelung von einer widerlegbaren Vermutung oder von einer an eine Bedingung geknüpften Fiktion spricht, ist letztlich bedeutungslos; der Umstand, daß nach der Lebenserfahrung selten drei Tage erforderlich sind für die Übersendung eines eingeschriebenen Briefes, spricht eher dafür, von einer unter eine Bedingung gestellten Fiktion zu sprechen; steht es fest, daß der Brief dem Empfänger nicht zugegangen ist (auf die Beweislastregelung von § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 VwZG kommt es hier ebensowenig an wie auf den Fall eines Zugangs nach Ablauf des dritten Tages), so "gilt" das Schriftstück nicht als zugestellt; in einem solchen Fall fehlt es an einem Zustellungsakt. Danach hängt die Entscheidung der Frage, ob der Ablehnungsbescheid unanfechtbar geworden ist, davon ab, ob er dem Kläger i.S. von § 4 Abs. 1 VwZG "zugegangen" ist. Diese Frage ist zu verneinen.

Dazu steht in tatsächlicher Hinsicht folgendes fest: Dem Kläger ist der eingeschriebene Brief, in dem sich der Ablehnungsbescheid befand, nicht übergeben worden. Der eingeschriebene Brief ist an den Absender zurückgeschickt worden, weil die Mutter des Klägers, bei der er wohnte, den Brief nicht angenommen und der Kläger den Brief bei dem Postamt nicht abgeholt hat.

Das VG hält § 11 VwZG für anwendbar, weil der Postbedienstete "eine Benachrichtigung in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise hinterlassen und den Bescheid beim Postamt des Heimatortes des Klägers hinterlegt" hatte. § 11 VwZG ist aber unanwendbar. Die Vorschrift gehört zu den "Besonderen Vorschriften für die Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis" und ist in den Fällen einer Zustellung nach § 4 VwZG weder unmittelbar noch auch entsprechend anwendbar; die in dem zweiten Absatz der Vorschrift vorgesehene Möglichkeit, die Übergabe des Schriftstückes durch die Niederlegung bei der Gemeinde oder Polizeibehörde des Zustellungsortes zu ersetzen, ist nicht vergleichbar mit der Hinterlegung eines eingeschriebenen Briefes bei dem Postamt.

Es fehlt auch an sonstigen Vorschriften, welche die Annahme rechtfertigen könnten, ein bei dem Postamt hinterlegter und später an den Absender zurückgeschickter eingeschriebener Brief sei dann wie ein dem Empfänger übergebener Brief zu behandeln, wenn der Empfänger von der Hinterlegung benachrichtigt war und den Brief nicht abgeholt hat. Die PostO regelt die Benutzungsbedingungen der Post unter anderem für alle Briefsendungen (§ 1 Abs. 1), zeichnet die "eingeschriebenen Briefe" nur dadurch aus, daß die Einlieferung bescheinigt wird und die Auslieferung gegen Empfangsbestätigung erfolgt (§ 29 Abs. 3), und setzt mit der Vorschrift, daß "unzustellbare Sendungen" grundsätzlich dem Absender zurückgesandt werden ((§ 60 Abs. 1), voraus, daß in solchen Fällen eine "Auslieferung" an den Empfänger nicht stattgefunden hat. Im Sinne von §§ 50, 51 PostO ist eine "Zustellung" des eingeschriebenen Briefes nicht erfolgt; da der Brief nicht vom Empfänger abgeholt worden ist (§ 52 PostO), fehlt es auch an einer Zustellung des Bescheides i. S. von § 4 VwZG.

Nach den vorliegenden tatsächlichen Feststellungen ist des weiteren die Möglichkeit auszuschließen, daß der Kläger den Ablehnungsbescheid anderweitig erhalten hat (§ 9 Abs. 1 VwZG). Dieser Bescheid ist deshalb als nicht unanfechtbar geworden zu behandeln.