Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 30.01.1973 - III F 315/69

Aktenzeichen III F 315/69 Entscheidung Urteil Datum 30.01.1973
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Führung der sogenannten Massegrundstücke im tabellarischen Teil des Flurbereinigungsplans unter dem Namen der Teilnehmergemeinschaft begründet für diese nicht die Eigenschaft als Teilnehmerin im Sinne von § 10 FlurbG.
2. Die Teilnehmergemeinschaft kann die Aufhebung eines Beschwerdebescheides der Spruchstelle nicht verlangen, wenn die Spruchstelle die Abfindung eines Teilnehmers durch Zuteilen von Masseland geändert hat.
3. Die Ausweisung von Massegrundstücken im Flurbereinigungsplan auf den Namen der Teilnehmergemeinschaft gibt dieser keine Verfügungsberechtigung über diese Grundstücke. Die Flurbereinigungsbehörde bestimmt über die Verwendung der Grundstücke. Eine Mitwirkungsmöglichkeit und ein Mitwirkungsrecht entsteht für die Teilnehmergemeinschaft nur insoweit, als die Flurbereinigungsbehörde für einzelne Reststücke keine Notwendigkeit oder keine Möglichkeit zu einer Verwendung im Sinne von § 54 Abs. 2 FlurbG sieht.

Aus den Gründen

Die Klage gegen den Beschwerdebescheid vom 6.10.1969 ist nach § 142 Abs. 2 FlurbG zulässig. Die Klägerin ist in ihrer Eigenschaft als Teilnehmergemeinschaft mit der Verwaltung und Bewirtschaftung von Massegrundstücken befaßt und wird insoweit durch den auf die Beschwerde des Beigeladenen zu 1) ergangenen Bescheid der Spruchstelle und die darin enthaltene Verfügung über ein Massegrundstück betroffen.

In der Sache erweist sich die Klage jedoch als unbegründet. In einem eigenen Recht als Teilnehmer ist die Klägerin nicht betroffen. Der Umstand, daß die sogenannten Massegrundstücke im tabellarischen Teil des Flurbereinigungsplans unter der ONr. 5 und dem Namen der Klägerin geführt werden, begründet nicht die Eigenschaft der Klägerin als Teilnehmer im Sinne von § 10 FlurbG. Die Aufzeichnung der Massegrundstücke unter einer Ordnungsnummer und unter der Bezeichnung der Teilnehmergemeinschaft dient lediglich der Übersichtlichkeit und Klarheit des Tabellenwerks.

Für die Abfindung der Teilnehmer nicht benötigtes Land, das der Teilnehmergemeinschaft überwiesen wird, soll diese nicht wie ein Eigentümer besitzen. Sie soll auch nicht verfügungsberechtigt sein, sondern das Land lediglich zu treuen Händen erhalten, bis die Flurbereinigungsbehörde über die Verwendung bestimmt. In diesem Sinne hat der Senat bereits zu § 50 Abs. 2 RUO entschieden (Urteil vom 8.2.1955 - F III 41/54 veröffentl. in ESVGH 5,222 (224); bestätigt durch BVerwG, Beschluß vom 13.2.1956 - BVerwG I B 57.55 - in RdL 56, 158). Dasselbe ist bei der nach § 54 Abs. 2 FlurbG insoweit unveränderten Rechtslage auch hier anzunehmen. Die Klägerin hat hier auch weder gemeinsame Rechte aller Teilnehmer, noch Rechte einzelner Teilnehmer, die von dem angefochtenen Bescheid betroffen sein könnten, wahrzunehmen.

Auch für die Verwendung des sogenannten Masselandes sieht das Flurbereinigungsgesetz keine Mitwirkung der Teilnehmergemeinschaft vor, denn die gesetzliche Regelung des § 54 Abs. 2 FlurbG ergibt mit hinreichender Deutlichkeit, daß die Disposition über die Verwertung des Massegeländes in einer dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Weise oder für Siedlungszwecke ausschließlich Sache der Flurbereinigungsbehörde ist. Es gelten hier bezüglich einer Mitwirkung der Teilnehmergemeinschaft die gleichen Grundsätze, wie sie für die Gestaltung der Einzelabfindung beschrieben sind. Eine Mitwirkungsmöglichkeit und ein Mitwirkungsrecht entsteht für die Teilnehmergemeinschaft in diesem Zusammenhang nur insoweit, als die Flurbereinigungsbehörde für einzelne Reststücke keine Notwendigkeit oder keine Möglichkeit zu einer Verwendung im Sinne von § 54 Abs. 2 FlurbG sieht. Nur in einem solchen Fall ist der Vorstand über die weitere Verwendung zu hören (§ 25 Abs. 2 FlurbG) und im Rahmen dieser weiteren Verwendung mit einzuschalten (§ 18 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Es ist auch nicht Aufgabe der Teilnehmergemeinschaft, die Wertgleichheit der einzelnen Abfindungen mitsichern zu helfen, weil es jeder einzelne Planempfänger in der Hand hat, seine Abfindung im Rechtsmittelverfahren auf ihre Wertgleichheit kontrollieren zu lassen.

Im übrigen hat die mündliche Verhandlung ergeben, daß die Spruchstelle die Abfindung des Beigeladenen zu 1) mit Recht geändert hat, denn sie durfte die auf eine betriebswirtschaftliche Verbesserung gerichtete Beschwerde des Beigeladenen zu 1) für begründet halten. Dieser hatte einen Anspruch darauf, daß seine betriebswirtschaftlichen Interessen soweit berücksichtigt werden, wie das möglich ist, ohne den Abfindungsanspruch anderer Teilnehmer zu beeinträchtigen. Die Spruchstelle durfte daher auf bisher zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigtes Land zurückgreifen. Die Abfindungsgrundsätze des § 44 FlurbG sind damit nicht verletzt. Wie der Senat früher bereits entschieden hat (Urteil vom 27.2.1960 - III F 9/58), kann der Austausch von Grundstücken mit Ausmärkern im Zuge der Flurbereinigung durch betriebswirtschaftliche Verbesserungen die landwirtschaftliche Erzeugung fördern, den Arbeitsaufwand vermindern und die Bewirtschaftung erleichtern (§ 1, 37 Abs. 1 FlurbG). Ein solcher Austausch setzt voraus, daß ein Ausmärker für ungünstig zu seiner Hofstelle gelegene Grundstücke andere erhalten kann, die an der Verfahrensgrenze in der Richtung auf seinen Hof gelegen sind; wesentlich für einen solchen Austausch ist jedoch - wie der Senat a.a.O. ausgeführt hat - daß der Ausmärker wie jeder andere Teilnehmer auch dann wertgleich abgefunden wird, wenn seine Abfindung an die Grenze des Flurbereinigungsgebietes gelegt wird.

Die im angefochtenen Bescheid angeordnete Änderung der Abfindung des Beigeladenen zu 1) bedingt keine Vermögenseinbuße der Klägerin. Der Erlös aus dem Verkauf der in den Flurbereinigungsverfahren E. und W. nicht benötigten Masselandes würde niemals der Klägerin zufließen und damit die Gesamtheit der Teilnehmer von aufzubringenden Kosten entlasten. Die Verhandlung hat vielmehr bestätigt, daß die Beigeladene zu 3) das für das neue Wegenetz zusätzlich erforderliche Land eingebracht hat und die Ausführungskosten (§ 105 FlurbG) dieses Verfahrens nach § 86 FlurbG allein trägt. Die Beigeladene zu 3) ist durch die Schätzung des Massegrundstücks E. Flur 18 Nr. 9 als landwirtschaftliches Grundstück nicht geschädigt, wie unten noch ausgeführt wird. Sie hat die Schätzung nicht selbst angefochten. In deren Namen kann die Klägerin eine solche Anfechtung nicht nachholen.

Anmerkung

Vgl. auch Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 1.4.1970 - 3 C 75/69 = AS 11,371 = IK 1971 S. 143