Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.10.2019 - VI R 25/17 = DStRE 2020, 198 (Lieferung 2021)

Aktenzeichen VI R 25/17 Entscheidung Urteil Datum 23.10.2019
Gericht Bundesfinanzhof Veröffentlichungen = DStRE 2020, 198  Lieferung 2021

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Für den freiwilligen Landtausch gelten einkommensteuerrechtlich dieselben Folgen wie beim Regelflurbereinigungs- und beim Baulandumlegungsverfahren. Der Austausch von Grundstücken im Rahmen eines freiwilligen Landtauschs ist daher nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen des § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG zu beurteilen, sondern -soweit Wertgleichheit besteht- einkommensteuerrechtlich neutral. (Amtlicher Leitsatz) (Rn19 und Rn 22)

Aus den Gründen

19    cc) Da der freiwillige Landtausch --wie unter II.1.b ausgeführt-- gleichfalls vom Surrogationsprinzip beherrscht wird und als behördlich geleitetes Verfahren auch ansonsten eher mit dem Regelflurbereinigungs- und dem Baulandumlegungsverfahren vergleichbar ist als mit dem privatrechtlichen Tausch, bei dem insbesondere der hereingetauschte Vermögensgegenstand nicht rechtlich an die Stelle des weggetauschten Vermögensgegenstands tritt, gelten einkommensteuerrechtlich dieselben Folgen wie beim Regelflurbereinigungs- und beim Baulandumlegungsverfahren (ebenso z.B. Schmidt/Kulosa, EStG, 38. Aufl., § 6 Rz 734; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 1326; Gossert in Korn, § 13 EStG Rz 118; Heß, Betriebs-Berater 2017, 1522). Dem entspricht es im Übrigen, dass § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a des Grunderwerbsteuergesetzes sowohl den Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land im Flurbereinigungsverfahren als auch durch den entsprechenden Rechtsvorgang im freiwilligen Landtauschverfahren von den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgängen ausnimmt.


20    Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Wertgleichheit sei beim freiwilligen Landtausch nicht gesichert. Zwar gelten die Grundsätze über die wertgleiche Abfindung beim freiwilligen Landtausch anders als beim Regelflurbereinigungsverfahren nicht (§ 103b Abs. 2 FlurbG). Es liegt indes in der Natur der Sache, dass die Beteiligten des freiwilligen Landtauschs auf einen wertgleichen Tausch achten und andernfalls bestehende Wertunterschiede in Geld ausgleichen. Ein etwaiger Geldausgleich für eine Mehrausweisung führt auch beim freiwilligen Landtausch nur dazu, dass dieser um ein Element des Kaufs bzw. Hinzuerwerbs erweitert wird.


21    Auch der Umstand, dass der freiwillige Landtausch --insoweit anders als das Regelflurbereinigungsverfahren, das auf Anordnung der Flurbereinigungsbehörde initiiert wird-- von den Beteiligten eigeninitiativ beantragt wird, vermag an dem Ergebnis nichts zu ändern. Denn die Flurbereinigungsbehörde ist gleichwohl "Herrin des Verfahrens". So stellt § 103a FlurbG die Einleitung des Verfahrens ausdrücklich in das Ermessen der Behörde. Der freiwillige Landtausch ist dabei nur unter den engen Voraussetzungen des § 103a FlurbG möglich, die von der Behörde zu prüfen sind. Die Flurbereinigungsbehörde fasst weiter die von den Tauschpartnern gefundenen Vereinbarungen über die zu tauschenden Grundstücke und über geldliche Leistungen, sonstige zwischen den Tauschpartnern getroffene Regelungen und alle Rechte, insbesondere die dinglichen Rechte, in dem Tauschplan nur zusammen, wenn sie keine Bedenken gegen die Durchführung des freiwilligen Landtauschs hat (§ 103f Abs. 1 Satz 3 FlurbG). Kommt eine Einigung über den Tauschplan in einem von der Flurbereinigungsbehörde geleiteten Anhörungstermin nicht zu Stande, stellt die Behörde das Verfahren ein (§ 103f Abs. 2 FlurbG). Andernfalls ordnet sie nach Unanfechtbarkeit des Tauschplans dessen Ausführung an (§ 103f Abs. 3 FlurbG), wodurch der im Tauschplan vorgesehene neue Rechtszustand kraft Gesetzes eintritt (§§ 103b Abs. 1, 61 FlurbG).


22    2. a) Bei Heranziehung dieser Grundsätze ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass der freiwillige Landtausch --ebenso wie andere gesetzlich geregelte Grundstücksaustauschverfahren-- nicht nach den für den (freiwilligen) Tausch von Wirtschaftsgütern maßgeblichen Grundsätzen zu beurteilen ist, sondern infolge der eintretenden Surrogation --soweit Wertgleichheit besteht-- keine Gewinnrealisierung eintritt.


23    Zutreffend hat das FG daher eine Gewinnrealisation im Streitfall verneint, soweit die Tauschgrundstücke wertgleich waren.


24    b) Ebenfalls zutreffend hat es im Ergebnis eine Gewinnrealisation in Höhe der Ausgleichszahlung von 3.600 EUR verneint.


25    Soweit der Kläger die Ausgleichszahlung in Höhe von 2.785 EUR für das stehende Holz geleistet hat, gehen die Beteiligten zu Recht davon aus, dass es sich um Anschaffungskosten des stehenden Holzes handelt und schon deshalb keine Gewinnrealisierung eingetreten ist. Der Senat sieht daher insoweit von weiteren Ausführungen ab.


26    Soweit der Kläger den Ausgleich in Höhe von 815 EUR für Mehrausweisungen eines landwirtschaftlichen Grundstücks von 3 742 qm gleistet hat, sind die Beteiligten zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ausgleichszahlung als Veräußerungskosten im Rahmen des Tauschgeschäfts zu berücksichtigen seien. Vielmehr handelt es sich um Anschaffungskosten der zusätzlichen Grundstücksflächen, da insoweit neben das dem freiwilligen Landtausch innewohnende Tauschelement --wie oben dargelegt-- ein Erwerbsgeschäft getreten ist. Die Anschaffungskosten sind zu aktivieren und führen daher ebenfalls nicht zu einer Gewinnrealisation in dem Streitjahr. Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Ausgleichszahlung, wie das FG meint, ihre Rechtsgrundlage in der analogen Anwendung des § 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG hat.

Anmerkung


vorgehend FG Münster v. 7.4.2017 - 4 K 2406/16 F, DStRE 2018, 852