Finanzgericht München, Beschluss vom 24.04.1980 - IV 76/80 = Aus
Aktenzeichen | IV 76/80 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 24.04.1980 |
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Gericht | Finanzgericht München | Veröffentlichungen | = Aus | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Der Erwerb eines landwirtschaftlichen Anwesens durch einen Flurbereinigungsverband ist in Anbetracht der Weiterveräußerung der Hofstelle an ein gewerbliches Unternehmen grunderwerbsteuerpflichtig, weil er insoweit nicht unmittelbar der Flurbereinigung dient. |
Aus den Gründen
Im beim Senat anhängigen Hauptsacheverfahren ist streitig, inwieweit der Erwerb eines landwirtschaftlichen Anwesens durch einen Flurbereinigungsverband in Anbetracht der Weiterveräußerung der Hofstelle an ein gewerbliches Unternehmen grunderwerbsteuerpflichtig ist.
Die Antragstellerin (Astin), eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, erwarb durch Meistgebot in Höhe von 8.004.000,-- DM mit Zuschlagsbeschluß vom 29. September 1978 ein ca. 82 ha großes landwirtschaftliches Anwesen.
Die Antragsgegnerin (Finanzamt = FA) setzte zunächst mit Bescheid vom 3. September 1979 gegen die Astin 560.280,-- DM Grunderwerbsteuer (GrESt) fest.
Im Einspruchsverfahren begehrte die Astin, den Erwerb im vollen Umfang nach Art. 18 des Gesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes vom 25. März 1977, GVBl. Seite 104 (AGFlurbG) von der GrESt freizustellen. Der Einspruch hatte nur teilweise Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 20. Februar 1980, auf deren Wortlaut im übrigen Bezug genommen wird, setzte das FA die GrESt auf 104.844,95 DM herab. Es wies darauf hin, daß die Astin mit Vertrag vom 19. Juni 1979 eine Teilfläche von 37.084 qm zum Kaufpreis von 1.497.785,-- DM weiterverkauft habe. Es vertrat die Auffassung, daß der Grundstückserwerb insoweit nicht der Durchführung der Flurbereinigung im Sinne von Artikel 18 AGFlurbG unmittelbar gedient habe, weil der Erwerber der weiterveräußerten Teilfläche die Fläche gewerblich nutze und nicht am Flurbereinigungsverfahren beteiligt sei.
Mit ihrer Klage begehrt die Astin sinngemäß die ersatzlose Aufhebung des GrESt-Bescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung unter Freistellung von der GrESt. Außerdem beantragt sie, die Vollziehung der angefochtenen GrESt-Festsetzung auszusetzen.
Zur Begründung verweist sie darauf, daß sie, bedingt durch das Zwangsversteigerungsverfahren, das ganze Anwesen einschließlich der Gebäude habe erwerben müssen, obwohl es ihr nur um den Erwerb der landwirtschaftlich genutzten Flächen gegangen sei. Es habe von Anfang an festgestanden, daß die schon bisher teilweise gewerblich genutzten Gebäude nur schwer zu verwerten sein würden, und daß es unmöglich sein würde, hierfür einen kaufwilligen Landwirt zu finden. Dennoch habe sie den Erwerb der Gebäude mit Umgriff in Kauf nehmen müssen, um auf diese Weise die für die Flurbereinigung dringend benötigte Fläche erhalten zu können. Im übrigen hätten die Betriebsgebäude mit Umgriff nur mit erheblichen Verlusten weiterverkauft werden können.
Die Astin ist der Auffassung, daß der Gesamterwerb als einheitlicher Vorgang unmittelbar der Flurbereinigung gedient habe.
Das FA widersetzt sich einer Vollziehungsaussetzung unter Hinweis auf die Einspruchsentscheidung und das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Dezember 1977 II R 113/72, BStBl 1978 II 203.
Der Antrag ist nicht begründet.
Der Senat verneint bei der in diesem Verfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Überprüfung der Streitsache, bei der er zudem auf präsente Beweismittel beschränkt ist, das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen GrESt-Festsetzung in Gestalt der Einspruchsentscheidung.
Nach Artikel 18 Satz 1 AGFlurbG sind Geschäfte, die der Durchführung der Flurbereinigung dienen, frei von Steuern, die auf landesrechtlichen Vorschriften beruhen.
Diese Voraussetzung ist in der Streitsache nur hinsichtlich der Flächen erfüllt, die im Flurbereinigungsverfahren an beteiligte Landwirte überlassen werden sollen (vergleiche BFH vom 14. Dezember 1977 a.a.O.), nicht jedoch bezüglich der Teilfläche, die an ein nicht am Verfahren beteiligtes gewerbliches Unternehmen weiterveräußert worden ist. Der Erwerb durch die Astin diente insoweit nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar der Flurbereinigung.
Wird Grundbesitz erworben, um ihn zum - wenn auch größten - Teil zur Flurbereinigung zu verwenden und zum anderen Teil an Dritte, nicht am Flurbereinigungsverfahren Beteiligte zu veräußern, so ist er nicht im vollen Umfang zur Durchführung der Flurbereinigung erworben worden. Da es für die GrESt-Befreiung nur auf den objektiven Verwendungszweck ankommt, ist es unerheblich, aus welchen Gründen die nicht unmittelbar zum begünstigten Zweck verwendete Teilfläche miterworben werden mußte. Zur Ergänzung verweist der Senat auf das Urteil des BFH vom 14. Juli 1970 II R 93/66 BStBl 1970 II Seite 873, dem er sich vollinhaltlich anschließt. Dieses Urteil ist zwar zu § 4 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) ergangen, jedoch sind die Erwägungen zur Unmittelbarkeit der Zweckverwirklichung und der Unbeachtlichkeit der Gründe für den Erwerb der nicht begünstigten Fläche im vollem Umfang auf die Streitsache übertragbar.
Soweit demgegenüber das BFH-Urteil vom 14. Dezember 1977 dahingehend zu verstehen sein sollte, daß die Gründe, die für den Erwerb der Grundstücksteilflächen mit den Gebäuden maßgeblich waren, zwar in dem vom BFH entschiedenen Fall unbeachtlich waren, weil die Steuerbefreiung ohnehin zu gewähren war, in sonstigen Fällen aber entscheidungserheblich sein könnten, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.
Bedenken bestehen jedoch gegen die vom FA gewährte Art der Steuerberechnung. Anteilige Gegenleistung ist nicht der beim Weiterverkauf von der Astin erzielte Kaufpreis. Steuerpflichtig ist vielmehr der Anteil der von der Astin im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahren zu erbringenden Gegenleistung, der auf die nicht begünstigten Flächen entfällt.